Der Niko hat es im Mittelfinger

Österreich Die Affäre um ­einen Chefposten beim Staatsfernsehen ORF zeigt, wie das ­„Burliwesen“ heutzutage auftrumpfen kann, weil der Lobbyismus nicht unterzukriegen ist

Niko Pelinka, um den es hier geht, ist zweifelsfrei ein junger Mann mit Ambitionen. Das hat er auch unter Beweis gestellt, als er in trickreicher Manier die Schwarzen in den Gremien des österreichischen Fernsehens (ORF) ausmanövrierte und die Wiederwahl des sozialdemokratischen Generaldirektors Alexander Wrabetz ermöglichte. Bis vor kurzem war der 25-jährige Pelinka Chef des „roten Freundeskreises“ im ORF-Stiftungsrat und wurde dort, was Taktik betrifft, von seinen Gegnern fahrlässig unterschätzt. Plötzlich sollte er Wrabetz‘ Chefsekretär werden.

Der junge Pelinka ist nichts weniger als Ausdruck einer Generation, die davon ausgeht, dass eigentlich eh nichts mehr geht, inhaltliche Ziele einen mehr behindern als befördern. Sie macht das Richtige, indem sie nichts macht, außer aus sich etwas zu machen. „Diese Buben und Mädel bekommen genau das Schicksal, das sie sich wünschen. So wird das jetzt gemacht. So werden die gemacht. Das sind gemachte Leute, bevor es sie überhaupt gibt“, schrieb Elfriede Jelinek in ihrer Neujahrsbotschaft. Warum soll man keine Karriere machen, wenn man schon sonst nichts kann?

Österreichs „Burliwesen“ – kreiert vom seligen Jörg Haider – ist endgültig in der Sozialdemokratie angekommen, der Weg führt nicht mehr von links unten nach rechts oben, sondern beginnt gleich dort. Die Anstrengungen des Dagegenseins erspart man sich. Sollte Niko tatsächlich gar nichts können, kennen tut er alle. Seine Leistung besteht gerade in Campaigning und Maintaining, Networking und Disturbing. Da ist er Master der Intervention oder Bachelor der Intrige oder so was.

Worum geht’s eigentlich? Nun, es handelte sich um ein schlichtes, aber nicht schlechtes Pfründe-Spiel innerhalb bestimmter, sich überschneidender, meist bekriegender und zuweilen verbündeter Seilschaften aus Politik und Medien. Es war ein derber Wettbewerb beim ORF, wo ganz profan lukrative Posten und Ämter verteilt werden sollten. Da tobte tatsächlich eine Staatskomödie mit offenem Ausgang, eine Reality-Show, wie sie in Österreich öfters inszeniert wird. Wie ein riesiger Intriganten-Stadel wurde das Stück als Niko und die Pelinkas aufgezogen. Auf der Bühne erschienen: Burli Pelinka, Papa Pelinka, Onkel Pelinka, die Nobelpreisträgerin, Meinungs- und Jugendforscher, Kinderfreunde und Altrecken, die Chefredakteure sämtlicher Blätter und die ORF-Belegschaft – Arrangierte, Ausrangierte, Derangierte.

Wieso grinst der so?

Peter Pelinka, der Vater, gilt als einer der führenden Journalisten Österreichs. Er war letzter Chefredakteur der sozialdemokratischen Arbeiter Zeitung, die 1991 aus ökonomischen Gründen ihr Erscheinen einstellen musste. Inzwischen leitet er das Wochenmagazin News, schreibt Kolumnen in Revolverzeitungen und moderiert eine Talkshow im ORF. Dort will er sich vom Sohn aber nix dreinreden lassen. Wenn der interveniert, haut er ihm eine Watschen runter, ließ Pelinka senior im Magazin Falter wissen. Der Onkel, der bekannte Politikwissenschafter Anton Pelinka, dozierte in der Zeit, die ORF-Führung habe das dilettantisch angegangen – gegen den Neffen selbst sei nichts zu sagen.

Als Elfriede Jelinek auf den Plan trat, um mit Niko das Ende der Sozialdemokratie zu markieren, wusste man endgültig: Klein-Pelinka ist ein bedeutender Mann. Der Bub hat Excalibur, der zerschlägt SPÖ und ORF mit einem Hieb. Jelinek schreibt: „Er grinst, haben Sie das gesehen? Wieso grinst der so? Lacht der uns aus? Natürlich.“ – Was sollte er sonst tun in „diesem rotblonden grinsenden Kinderkönig-Dasein“? Außer lachen hat er nichts gelernt und wenn die anderen so lächerlich sind, wird ihm das Lachen auch kaum vergehen. Er hat also allen Grund dazu. „Bin ich wirklich so wichtig?“, fragt Niko laut Falter.

Zu guter Letzt hat der Designierte resigniert. Niederlagen sehen trotzdem anders aus. „Dieser Schritt erfolgt nicht, weil ich die falsche Person auf dem Posten bin“, sagt Niko Pelinka. Egal, die letzten Wochen zündeten für ihn einen Karriereturbo sondergleichen. Denn angestellt hat er ja nichts, und kennen tut ihn jetzt wirklich jeder – den „SP-Jung-Star“, so der verordnete Staatskonsens. Aus dem Bub – dreht er nicht durch – wird noch was. Vom Staatssekretär aufwärts ist alles möglich. Niemand sage, er habe nicht das Format. Das hat er im Mittelfinger.

Franz Schandl schreibt seit 1994 für den Freitag

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