Wie sieht die Kleidung der Zukunft aus? Und was wird sie können? Diesen Fragen will der 30-minütige Dokumentarfilm The Next Black nachgehen. Vorgestellt wird er an diesem Nachmittag in einer hellen Zwei-Zimmer-Altbauwohnung in der Potsdamer Straße, eine der vielen Pop-up-Locations Berlins. Anwesend sind nicht nur Designer der Hauptstadt, sondern auch britische und amerikanische. Selbstverständlich alle in Schwarz. Doch was wird das neue Schwarz sein, das der Filmtitel verspricht? Kleidung, die zu ihrer Herstellung kein Wasser mehr braucht? Die wächst? Oder die smart ist und uns durch ihre Funktionen und ihre Computerchips den Alltag erleichtert?
Es wird dunkel. Und in Sekundenschnelle beginnen Bilder und Namen von bekannten Designern auf den Zuschauer einzuprasseln.
auer einzuprasseln. Als Kontrast folgen ruhige Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Stoffen, Garn und Nadeln. Eine Stimme aus dem Off erzählt, was für eine neue Bedeutung die Aussage „Fashion passes, style remains“ von Coco Chanel heute habe. Dann geht es los mit Kurzvorstellungen, sogenannten „Snapshots“, der Ideen verschiedener Designer, wie die Zukunft der Kleidung aussehen könnte.SeifenblasenkleiderTechnologie ist ein Ansatz. Vorgestellt wird er von Nancy Tilbury, die das Tech-Modelabel Studio XO in London gegründet hat. Ihr Spezialität ist es, Maschinen in Kleidung zu integrieren. Damit ist sie bei verschiedenen Popstars schon auf Interesse gestoßen. So hat sich beispielsweise Lady Gaga ein Kleid von ihr designen lassen, das Seifenblasen fliegen lassen kann. Wozu das gut sein soll, wird zwar nicht klar – aber Mode war ja noch nie rein funktional. Tilbury ist begeistert von „tragbarer Technologie“, weil sie Science-Fiction-Visionen wahr werden lasse und Kleidung intelligent mache. „Smart Clothes“ heißt auch das nächste Kapitel des Films, in dem ein deutscher Hersteller seine mit Sensoren ausgestatte Kleidung vorstellt.Eine weitere Vision kommt von Suzanne Lee, die mit ihrer Bio-Couture die Herstellung von Stoffen fundamental verändern will. Aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung hat sich die Britin überlegt, dass es alternative Ressourcen zur Kleidungsherstellung geben muss. Ihre Idee: biologische Zellen, Algen oder Bakterien. Letzteres stellt sie im Detail vor: Bakterien gemischt mit grünem Tee, Zucker und einer essigartigen Substanz wachsen zu einem Material heran, das nass und süß riecht. Es müsse anschließend entsprechend geformt werden. Und es befinde sich noch absolut in der Anfangsphase, es müsse noch sehr viel an dieser Methode geforscht werden.Das hält Lee aber nicht davon ab, schon mal ihre Zukunftsvisionen weiterzuspinnen: Kleidung aus solchem Material könne den Körper irgendwann möglicherweise mit Nährstoffen versorgen oder auch mit den Schweißbakterien des Trägers so in Verbindung treten, dass man kein Deo mehr benötige. Je weniger man über das neue Material weiß, desto größer sind aber offenbar die Möglichkeiten, die man sich von ihm verspricht.Nachhaltigkeit und Technologie sind auch die beiden Ansätze der folgenden Beiträge: So plädiert Bergsteiger Rick Ridgeway für nachhaltige Produktion und Recycling. Ähnlich wie die globale Community iFixit, die Leuten dabei hilft, Sachen zu reparieren. Kombiniert werden Technologie und Nachhaltigkeitsaspekt bei der Yeh Group aus den USA, die eine Methode Entwickelt hat, bei der das Färben von Kleidung ohne Wasser auskommt, da der Wasserverbrauch und die Schadstoffbelastung mit die größten Umweltprobleme der Textilindustrie darstellen. Neben diesem Prozess sind natürlich auch die Produktion und der Anbau der Rohfasern eine starke Belastung für die Umwelt, die bei steigenden Textilkonsum stetig wächst.Der Film lässt den Zuschauer staunen über die Ideen, aber er lässt ihn auch mit der Frage zurück: Sind das alles nicht nur Utopien? Über eine Antwort braucht man nicht lang nachzugrübeln, denn bei der anschließenden Panel-Diskussion werden Science-Fiction-Fans und Mode-Visionäre auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Die Maschinen-Kleiderfrau Tilbury ist da, BioCouture-Macherin Lee, eine Frau vom ersten veganen Modelabel Deutschlands, UMASAN, und die Organisatorin des Greenshowrooms der Berliner Fashion Week.Alle sind sich darüber einig, dass das Problem der heutigen Textilbranche ihre Schnelligkeit sei. Es gebe keine Zeit, etwas in Ruhe zu entwickeln, darüber gründlich nachzudenken, geschweige denn bleibende Werte zu schaffen. Und auch wenn alle Anwesenden das gern ändern wollen, wissen sie doch, wie schwer das ist. Auch die Mode der Zukunft entkommt nicht den Zwängen des Kapitalismus mit seiner Beschleunigungslogik.Die Rolle des KonsumentenSo relativieren sich die Zukunftsvisionen des Films schnell. Keiner auf dem Panel will sich festlegen, wie die Kleidungsindustrie in fünf, zehn oder zwanzig Jahren aussehen wird und ob Technologie die Lösung für die branchenspezifischen Probleme sein könnte.Klar ist aber auch: Nicht allein die Textilindustrie trägt Verantwortung, sondern auch die Konsumenten. Nur wie bringt man diese dazu, etwas zu verändern und so die Zukunft der Branche mitzugestalten? Am besten, so ein Vorschlag, ganz konkret mit einer Lektion hier vor Ort. Diese lautet: weniger shoppen. Und beim Kauf auf die Etiketten achten – woher kommt das Produkt, wie wurde es produziert? Weitere konkrete Tipps der Kleidungsexperten: Nach dem Einkauf nicht so oft und nicht so heiß waschen. Und nicht wegwerfen, sondern recyceln.Anscheinend doch dringend notwendige Hinweise. Denn selbst auf einer Veranstaltung wie dieser, wo die Dichte der Träger von bewusst konsumierter Kleidung wohl um einiges höher ist als sonst, gestehen einige im Zwiegespräch, dass ihre Outfits von Mainstream-Labels mit konventioneller Fertigung stammen.