Luiz Inácio Lula da Silva hatte es sich ganz anders vorgestellt. Die Fußball-Weltmeisterschaft, die der damalige Präsident vor sieben Jahren nach Brasilien holte, sollte den Eintritt des Schwellenlandes in die Erste Welt markieren – den Höhepunkt des Wirtschaftsbooms seiner achtjährigen Amtszeit, der erfolgreichen Sozialpolitik und der Modernisierung des Landes. Und nun soll eine glorreiche WM im Juni die Wiederwahl seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff garantieren und die Hegemonie der Arbeiterpartei PT festigen.
Heute jedoch ist diese schöne Vision Vergangenheit, die WM längst nicht mehr Vorbote von Glanz und Ruhm. Stattdessen treten die Widersprüche im Land deutlicher zutage als je zuvor. In den Wochen vor dem Sportspektakel gibt das größte Land Lateinamerikas ein desolates Bild ab. Auf den Straßen von Rio de Janeiro und São Paulo brennen Busse und Barrikaden, entzündet von aufgebrachten Bewohnern der Armenviertel, die sich der notorischen Polizeigewalt erwehren.
Doch unzufrieden sind derzeit nicht nur die Armen, sondern fast alle. Die Preise steigen unaufhaltsam. Die Einkommenszuwächse schmelzen dahin, insbesondere in den Großstädten werden Mieten und Nahrungsmittel immer teurer.