Jeder Möchtegern-Populist gibt heute vor, die „Mittelschicht“ zu verteidigen. Dabei herrscht keinerlei Einvernehmen darüber, was der Begriff überhaupt bedeutet.
Schauen wir nur auf die letzten Jahre: Da wurde die middle class in den Vereinigten Staaten abwechselnd so definiert, als sei buchstäblich jede und jeder gemeint – oder aber „jedermann“ abzüglich der 15 Prozent, die unter der offiziellen Armutsgrenze leben, oder aber umgekehrt abzüglich der allerreichsten Amerikaner. Das Department of Commerce verzichtet inzwischen sogar ganz auf einkommensbezogene Definitionsversuche. 2010 verkündete es in einem Report, middle-class families seien „eher durch ihren Erwartungshorizont als durch ihr Einkommen“ geprägt: „Mittelschichtfamilien erstreben ein Eigenheim, ein Auto, Hochschulausbildung für ihre Kinder, gesicherte Gesundheits- und Altersversorgung sowie gelegentliche Familienurlaube“[1] – eine Definition also, die so gut wie niemanden ausschließt.
Die Denunziation des Klassenbegriffs
Doch nicht nur der Begriff der middle class, schon der Klassenbegriff als solcher wirft Probleme auf – besonders in Amerika, wo jeder Hinweis auf die unterschiedlichen Interessen unterschiedlicher Beschäftigten- und Einkommensgruppen damit rechnen muss, als Klassenkampf oder class warfare denunziert zu werden.