Ausgabe Februar 2012

Die Hungermacher

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist gewiss nicht als Anwalt aller Mühseligen und Beladenen bekannt. Und dennoch war er der erste Staatsmann von Weltgeltung, der die schädlichen Auswirkungen der Finanzspekulationen auf den Nahrungsmittelmärkten zur Sprache brachte. Im Januar 2011 erklärte er deren Bekämpfung zu einem der drei Schwerpunkte des Programms für die Gruppe der 20 führenden Staaten der Welt (G 20). „Wie will man den Menschen erklären, dass wir zwar die Geldmärkte regulieren, aber die für Rohstoffe nicht?“, fragte Sarkozy. „Wenn wir nichts tun, dann riskieren wir Hungerrevolten in den armen Ländern und schlimme Folgen für die Weltwirtschaft.“ Nötig seien Regeln, die den Einfluss der spekulativen Anleger zurückdrängen, etwa indem die Investoren höhere Sicherheiten einzahlen müssten oder indem die Höhe ihrer Positionen begrenzt werde. Zudem sei auch die seit langem geforderte Transaktionssteuer für die Finanzmärkte dringend geboten. Das, so Sarkozy, „ist auch eine moralische Frage“.[1]

Damit hob Frankreichs Präsident das Thema erstmals auf die höchste Ebene der Weltpolitik. Bis dahin hatten nur Aktivisten und Ökonomen sowie der US-Kongress den Streit um die fragwürdigen Preiswetten an den Rohstoffbörsen geführt.

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