Ja, es gibt sie noch, die wohltuend undogmatische, weder ins Opportunistische noch ins Gegenteilige gewendete, so kritisch wie selbstkritisch gebliebene, an Realität geschulte und von Utopie beflügelte Linke. Für sie steht der Name Ekkehart Krippendorff.
Der deutsche Professor, der lebenslang seinen Wurzeln im Halberstädtischen Nachkriegsdeutschland nachspürt, blieb für viele immer ein Außenseiter: Für die Politischen ist er der 68er, für die Rechten der Linke, für die Konservativen der Antiamerikanist. Nun ist Ekkehart Krippendorff in einer Autobiographie seinem Leben selbst nachgegangen. Er spricht es mit entwaffnender Offenheit aus: „Niemandem ist seine postmortale Existenz wirklich gleichgültig.“ Daher möchte er sich selbst und den Nachgeborenen die Zeit erklären, in der sich alles Glück und Unglück abgespielt hat, „nicht im Sinne prätendierter Wichtigtuerei, sondern im Sinne menschenrechtlich begründeter Würde“. Das ist ihm fulminant gelungen.
Krippendorff reflektiert sein Leben anhand von zehn unterschiedlichen, nebeneinanderliegenden, auch ineinander verschränkten Lebensfäden. Unter den Stichworten Krieg, Theater, Universitäten, Nationalismus, Amerika, Juden, Italien, DDR, Musik, Religion hat er seine Lebensfäden verwoben, sich aber nicht darin verstrickt.