Einladung in die Wildnis des Netzes

Internetkongress re:publica versammelt digital Interessierte und eine Menge Prominenz in Berlin

  • Uwe Sievers
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit der Forderung nach Asyl für Snowden begann in Berlin die diesjährige Internetkonferenz re:publica. Gigantomanie bestimmt die diesjährige Veranstaltung, auch an Prominenz fehlt es nicht.

Das Motto der bereits achten re:publica in Berlin lautet: »Into the wild«. Wie durch den ehemaligen CIA-Mitarbeiter Edward Snowden bekannt wurde, begebe man sich im Internet zugleich in eine Wildnis, erläuterte Andreas Gebhard, Geschäftsführer der Internetkonferenz. Doch neben Wildnis ist auch viel Glamour zu beobachten. Bianca Jagger, Ex-Ehefrau des Rolling-Stones-Sängers Mick Jagger, ist ebenso gekommen wie der Schauspieler und Sänger David Hasselhoff. Auch die beiden Medienaktivisten Mike Bonanno und Andy Bichlbaum haben den Flug über den Atlantik auf sich genommen.

Die als Yes Men berühmt gewordenen Aktivisten stellten in ihrem Eröffnungsvortrag Einzelheiten ihrer letzten Aktionen vor, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Bonanno und Bichlbaum verschafften sich Zugang zu einem Homeland-Security-Kongress in Washington, indem sie sich als Vertreter des US-Energieministeriums ausgaben. So konnten sie vor Admirälen, Elitesoldaten der Navy Seals sowie anderen Militärs sprechen, berichtete Bichlbaum. Sie erzählten den staunenden Teilnehmern, unter denen viele Vertragspartner amerikanischer Sicherheitsbehörden waren, von den Problemen des Klimawandels. Danach präsentierten sie einen vermeintlichen Plan des Ministeriums für eine Umstellung auf regenerierbare Energien bis 2030.

Die Republica im Netz

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Es sei gar nicht so schwer, zu derartigen Sicherheitskonferenzen Zutritt zu erhalten. Man habe den Konferenzveranstalter mit dem Angebot kontaktiert, den ehemaligen US-Außenminister Colin Powell als Redner zu vermitteln. Das könne sich kein Veranstalter entgehen lassen. Powell kam natürlich nicht, aber als Ersatz die beiden Yes Men.

Seit über zehn Jahren versuchen die Yes Men mit kreativen Aktionen mediale Herrschaftsräume zu erschüttern. Zu den in zwei Filmen dokumentierten Aktionen gehörte ein vorgetäuschtes Schuldeingeständnis der Firma Union Carbide für den Chemie-Unfall in Bopal, auf das die BBC hereinfiel. Nun arbeiten sie an ihrem dritten Film, »The Yes Men are revolting«, der 2015 erscheinen soll, und haben dazu unter anderem die US-Handelskammer aufs Korn genommen. Diese gebe täglich eine halbe Million US-Dollar aus, um die Meinung der US-Regierung zu beeinflussen. »Es geht uns um soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit« oder ganz simpel um Demokratie, erläutern die beiden im Gespräch mit »nd«.

Bereits im letzten Jahr war die Republica mit 5000 Teilnehmern gut besucht. Dieses Jahr rechnen die Veranstalter mit 7000 Gästen. Dazu beitragen dürfte die erstmals mit der re:publica zusammengelegte Media Convention. Der bisher mit der internationalen Funkausstellung, ifa, unter anderem Namen ausgerichtete Kongress möchte verstärkt junge Leute ansprechen, erklärte Elmar Giglinger vom Medienboard Berlin-Brandenburg. »Es geht darum, verschiedene Medienwelten zusammenzubringen«, sagte er.

Die einst als Blogger-Treffen gestartete dreitägige Konferenz der Netzwelt kümmert sich parallel auf 18 Bühnen um alle Aspekte der digitalen Gesellschaft. Neben politischen Themen stehen unter anderem künstlerische, technische Veranstaltungen. Gesponsert wird die Konferenz unter anderem vom Rüstungskonzern Daimler und dem IT-Monopolisten Microsoft, aber auch der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Entwicklungsministerium. Die Sponsoren führten in den vergangenen Jahren immer wieder zu Kritik.

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