Kaum hatten die Nachrichtenticker vermeldet, dass Amazon-Milliardär Jeff Bezos die legendäre „Washington Post“ für lächerliche 255 Mio. US-Dollar gekauft hatte, begann auch schon das große Wehklagen: Was würde Bezos mit der wohl renommiertesten Tageszeitung der USA anstellen? Ausgerechnet jener skrupellose Internet-Tycoon, der sein Vermögen bisher ausschließlich auf Kosten der alten „Holzmedien“ macht und damit Buchhändler und Verleger schier zur Verzweiflung bringt.
Auch die hiesige Verlagswelt zeigte sich tief erschüttert: „Dies ist ein Verlust. Die Figur des Verlegers, der keine anderen wirtschaftlichen Interessen hat als seine eigenen Medien, ist durch nichts zu ersetzen“, jammerte Christoph Keese, der Chef-Lobbyist des Springer-Konzerns.
Welch Krokodilstränen! Dabei hatte Keeses Vorgesetzter, Springer-Chef Mathias Döpfner, nur wenige Tage zuvor eine Handvoll Traditionstitel auf den Markt geworfen, von der gut 100 Jahre alten „Berliner Morgenpost“, einst Flaggschiff des im Dritten Reich enteigneten Ullstein-Imperiums, bis zum „Hamburger Abendblatt“, gegründet 1948 und erstes Baby Axel Caesars.
Es gehe darum, für die Zeitungen „eine langfristige Perspektive zu schaffen“.