Ausgabe April 2012

Estland: Zündstoff Gedenkpolitik

Der „Bronzene Soldat“ ist der erinnerungspolitische Zankapfel Estlands. Seit das sowjetische Kriegsdenkmal aus dem Zentrum der estnischen Hauptstadt Tallin auf einen nahe gelegenen Militärfriedhof verbannt wurde, sorgt es in dem nordeuropäischen Land regelmäßig für erhitzte Gemüter – und für unterkühlte Beziehungen zu seinem Nachbarn Russland.

Der Streit um die Verlegung des Denkmals führte am 26. und 27. April 2007 mitten in der Hauptstadt des EU-Mitgliedslandes zu blutigen Zusammenstößen zwischen überwiegend russischstämmigen Unruhestiftern und der estnischen Polizei. Während der beiden gewaltvollen Nächte randalierten und plünderten Hunderte in der Innenstadt, fast 1200 Menschen wurden festgenommen, über 150 Verletzte sowie ein Toter waren zu beklagen.[1] Nun jährt sich die Verlegung des „Bronzenen Soldaten“ zum fünften Mal, doch noch immer sind die erinnerungspolitischen Konflikte nicht beigelegt.

Seit der Unabhängigkeit des baltischen Staates von der Sowjetunion 1991 hat die Anwesenheit des „Bronzenen Soldaten“ in der Innenstadt Tallinns Politik und Öffentlichkeit in Estland beschäftigt und polarisiert. Die etwa zwei Meter hohe Statue zeigt einen Soldaten in der Uniform der Roten Armee, der zum Gedenken an seine gefallenen Kameraden demütig den Kopf senkt.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Putins dritte Front

von Marion Kraske

Für den bosnischen Serben war es zwar nicht das erste Treffen mit Wladimir Putin, aber ein besonderes: Als Milorad Dodik, Präsident des serbisch dominierten Landesteils von Bosnien und Herzegowina, im Februar mit dem russischen Präsidenten in Kazan zusammentraf, gab es zu dem öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzten Händedruck auch eine hohe Auszeichnung für den Gast.

Im Nebel des Wahlkampfs: Friedenskanzler Schröder-Scholz?

von Albrecht von Lucke

Nur noch zwei Monate bis zur Europawahl und gerade einmal fünf bis zu den so wichtigen drei Landtagswahlen in Ostdeutschland: Der Wahlkampf nähert sich seiner heißen Phase. Insofern kann es nicht wirklich verwundern, dass jetzt auch das für Europa wichtigste Thema dieses Schicksalsjahres zur Wahlkampfmunition geworden ist, nämlich der Krieg in der Ukraine.