Grüne schlagen Linkspartei

Europawahl Die Grünen liegen in den ersten Prognosen deutlich vor den Linken. Dabei war es bei der Bundestagswahl noch anders herum. Woran liegt der Umschwung?

Im Vergleich zur vergangenen Europawahl hat die Linkspartei gar nicht so schlecht abgeschnitten. Vor fünf Jahren holte sie 7,5 Prozent der Stimmen – was damals allerdings unter den Erwartungen lag. Nun sind es 7,4 Prozent, also hat sich kaum etwas geändert. Was aber auffällt: Die Linkspartei hat deutlich weniger bekommen als die Grünen. Bei der Bundestagswahl hatte die Linke noch die Nase vorne. Weshalb hat sich das nun gedreht?

An der Performance der Linkspartei in den vergangenen Monaten kann es nicht liegen. Sie hat im Bundestag anständige Oppositionsarbeitet geleistet, genauso wie die Grünen auch. Vielleicht war das Ergebnis der Bundestagswahl auch etwas verzerrt: In den Wochen zuvor wurden über die Medien heftige Kampagnen gegen die Grünen gefahren, und zwar stärker als es die Themen eigentlich verdient hätten. Stichworte: Pädophilie, Steuererhöhung, Veggie Day. Aber diese Kampagnen alleine erklären nicht, warum die Grünen nun bei der Europawahl mit 10,7 Prozent deutlich besser abgeschnitten haben – auch wenn sie im Vergleich zu 2009 leichte Verluste zu verzeichnen haben.

Die Grünen sind europafreundlicher. Und ihre Wähler auch. Das kommt der Partei bei der Europawahl zu Gute und das war schon immer so. Man kann es aber auch umdrehen: Die Linke und ihre Wähler hadern offenbar noch etwas mit der Europäischen Union. Ist die EU wirklich eine „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“? So sollte es ursprünglich im Wahlprogramm der Linkspartei stehen. Und die Kritik ist ja auch berechtigt. Die EU-Politik ist wirtschaftsfreundlich, der Vertrag von Lissabon schreibt eine permanente Aufrüstung vor und das Europäische Parlament hat immer noch nicht die gleichen Rechte wie wir es von den nationalen Parlamenten gewohnt sind. Die Grünen dürften diese Aspekte auch kritisieren. Sie würden aber nie einen solchen Satz in ihr Wahlprogramm schreiben.

Prominentere Grüne

Es ist zwar nicht falsch, die EU-Politik mit harschen Worten zu kritisieren. Aber dass die Linke fast nur negativ über Europa spricht – Ausnahme: das Wahlplakat mit der Aufschrift: „Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen“ – ist kein Zufall. Für viele Linke ist Brüssel immer noch weit weg. Die Grünen sind da schon weiter. Das zeigt sich zum Beispiel an der Urwahl der grünen Spitzenkandidatin. Alle Bürger durften mitbestimmen. Die Beteiligung war zwar peinlich gering und die deutschen Grünen konterkarierten das Ergebnis, indem sie später Rebecca Harms zur deutschen Spitzenkandidatin wählten, obwohl Ska Keller bei der europäischen Urwahl das Rennen gemacht hatte. Trotzdem: Die Urwahl zeigt, wie wichtig den Grünen die Europawahl ist.

Die grünen Europapolitiker sind auch deutlich prominenter als die linken Europapolitiker. Sven Giegold, Rebecca Harms, Ska Keller, die Grünen sind halbwegs bekannt. Aber die linke Spitzenkandidatin Gabi Zimmer? Man kann es den Medien vorwerfen, dass sie häufig über die Grünen berichten. Das alleine reicht aber als Erklärung nicht aus. Grüne Spitzenpolitiker wissen, dass in Europa mehr und wichtigere Dinge entschieden werden als viele Leute denken. Sie wollen daher nach Brüssel, nicht nach Berlin. Linke Spitzenpolitiker hingegen machen es sich lieber im Bundestag gemütlich.

Für linke Europapolitiker ist das zwar eine gute Nachricht: Sie haben nicht so viel Konkurrenz bei der Listenaufstellung. Aber der Preis dafür ist hoch: Ihre Europapolitik wird immer noch belächelt, die Wähler bleiben lieber zu Hause oder wählen gar die Grünen. So lange das so bleibt, wird die Linkspartei nie gute Europawahl-Ergebnisse einfahren.

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