Nach jahrelangen Beratungen verkündete der Internationale Gerichtshof (IGH) am 3. Februar 2012 ein Urteil, welches in seiner Bedeutung weit über den aktuellen Streit zwischen Italien und Deutschland, den es zu entscheiden hatte, hinausgeht. Es behandelt grundsätzliche und weitreichende Fragen der Souveränität der Staaten. Konkret geht es darum, ob ausländische Gerichte einen dritten Staat im Falle von Kriegsverbrechen, aber nicht nur da, zu einer Leistung verurteilen können. Der IGH hat dies verneint und damit der staatlichen Souveränität in Zeiten ihrer Aushöhlung durch wirtschaftliche und militärische Interventionen zu einem folgenschweren Sieg verholfen. Verlierer sind die Menschenrechte und die zivilen Opfer der Kriege – in der Vergangenheit und der Zukunft.[1]
Der Streit hat eine lange Geschichte. 1944 war Italien von der Nazi-Armee Deutschlands besetzt, die furchtbare Verbrechen an der Bevölkerung verübte. Eines davon trägt den Namen der kleinen Ortschaft Civitella in der Toskana, in der deutsche Soldaten am 29. Juni ein Blutbad anrichteten. Für den Tod dreier von Partisanen getöteter Soldaten ermordeten sie wahllos 244 Menschen und steckten die Kirche in Brand. Dies war nur eine von etwa 700 „Strafaktionen“ gegen die Zivilbevölkerung.