Ausgabe August 2013

»Geld ist ein guter Soldat, mein Herr, und macht sich Bahn«

William Shakespeare und die aktuelle Finanzkrise

Von Joseph von Eichendorff, deutscher Dichter der Romantik und gut zweihundert Jahre nach Shakespeare geboren, stammt ein bekannter Vierzeiler über die verborgene Poesie der Welt. Er ist so schön, dass er auch im „Sommernachtstraum“ stehen könnte: „Schläft ein Lied in allen Dingen / Die da träumen fort und fort / Und die Welt hebt an zu singen / Triffst du nur das Zauberwort.“ Das kleine Gedicht heißt „Wünschelrute“. Das richtige Dichterwort, das Zauberwort – es sucht und findet den Kern der Dinge, es weckt, so glaubt Eichendorff, die Dinge auf; es sprengt die Grenzen, alle Grenzen, es weckt die Welt und öffnet alle Räume, die eben noch verschlossen waren. Das richtige Wort befreit, es entgrenzt, es verzaubert. Es ist die blaue Blume. So haben das die Romantiker gesehen.

Shakespeare, der Sprachzauberer, war kein Romantiker, sondern ein Realist. Seine Wünschelrute war das Geld. Ihm, dem Geld, schreibt er magische Kräfte zu – die Kraft der Verwandlung. Es macht „schwarz weiß, alt jung, feig tapfer, niedrig edel“. Es „führt der abgebrauchten Witwe Freier zu; Ja sie, vor der Spital und Eiterbeulen / Der Ekel packen würd, gewinnt dadurch / Den Maienduft zurück.“ So steht es im „Timon von Athen“, in dem Stück, in dem die unvernünftige Freigebigkeit Timons zum Quell von Unheil wird.

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Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

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