Sieg im Profifußball

Gender Sie hat einen außergewöhnlichen Job bekommen: Helena Costa trainiert bald eine männliche Profifußballmannschaft
Ausgabe 20/2014
Sieg im Profifußball

Bild: Jean-Marie Hervio / AFP

Ab der kommenden Saison wird sie den Spielern des französischen Zweitligisten Clermont Foot Auvergne 63 sagen, wie der Ball zu laufen hat. Damit schreibt Costa Sportgeschichte. Noch nie zuvor hat ein Erst- oder Zweit-liga-Klub in Europas Topligen eine Frau zur Trainerin gemacht.

Aber werden sich Fußballer von einer Frau führen lassen? Die Stammtische eine Chefin akzeptieren? Auf den ersten Blick haben es Menschen, die weiblich oder homosexuell sind, nirgends so schwer wie im Fußball. Oder ist diese Ansicht das eigentliche Vorurteil? Womöglich ist der Fußball ja gar nicht so frauen- und schwulenfeindlich, wie immer angenommen wird.

Die traditionelle Machodomäne Fußball jedenfalls scheint inzwischen bereit zu sein für einen Wandel. Das zeigt das gestiegene Interesse an Frauenfußball. Das beweisen auch die weitgehend positiven Reaktionen auf die Erklärung des Ex-Nationalspielers Thomas Hitzlsperger, er sei homosexuell. Man zeigte Verständnis und Akzeptanz, lobte seinen Mut zur Offenheit – auch wenn er sich erst nach der aktiven Laufbahn geoutet hatte. Und in Deutschland hat eine Frau im Männerfußball bereits Karriere gemacht: Bibiana Steinhaus leitet als Schiedsrichterin seit 2007 Spiele der zweiten Bundesliga und ist als vierte Offizielle in der ersten Liga unterwegs. Zu Beginn gab es ein großes Medientamtam. „Eine Frau! Kann die denn das?“ Doch nachdem klar war, dass Steinhaus ihren Job beherrscht, wurde sie nur noch als Schiedsrichterin und nicht mehr als Exotin wahrgenommen.

Diese Chance hat nun auch Helena Costa. Ihre Verpflichtung ist mutig, aber nicht widersinnig. Denn selbstverständlich kann es einer Frau genauso gut gelingen wie einem Mann, einer Herrenmannschaft Taktik und Technik beizubringen und sie zu motivieren. Costa hat auch das Zeug dazu. Die 36-jährige Portugiesin trainierte bereits erfolgreich mehrere männliche Jugendmannschaften von Benfica Lissabon und zuletzt die Frauennationalmannschaften von Katar und Iran.

Die Leistung ihrer Mannschaft wird jetzt natürlich besonders genau beobachtet. Vor allem die Anhänger im Stadion wird Costa mit Ergebnissen überzeugen müssen. Die Fankurve ist immer noch der Ort im Profi-fußball, an dem es am lautesten zugeht. Doch die Zeit ist reif für Frauen in den Coachingzonen des Männerfußballs – so wie sie reif ist für homosexuelle Fußballer. Nicht umsonst nannte der Verein Clermont Foot 63 die Verpflichtung von Helena Costa „den Eintritt in eine neue Ära“.

Costa wird allerdings vorerst eine Ausnahme bleiben. Man sollte nicht zu viel von ihr erwarten, ihr werden nicht plötzlich Scharen von Trainerinnen folgen. Beim Deutschen Fußballbund zum Beispiel hat in diesem Jahr nur eine Frau die UEFA-Pro-Lizenz gemacht, die höchste Trainerqualifikation des DFB – neben 23 Männern. Wollen Frauen einfach keine professionellen Trainerinnen werden? Oder trauen sie sich nur nicht? Falls Ängste der Frauen oder Vorurteile der Grund für diese schlechte Quote sind, kann Helena Costa vielleicht helfen, diese abzubauen, und mehr Frauen trauen sich den Schritt in Zukunft zu.

Als Vorbild wird Helena Costa auch nur dann taugen, wenn sie mit ihrem Team gewinnt. Das Trainergeschäft ist gnadenlos, Entlassungen während der Saison sind ganz normal. Da wird es ganz schnell keine Rolle mehr spielen, ob ein Mann oder eine Frau an der Seitenlinie steht. Am Ende zählen eben die Punkte und die Tore und doch nicht das Geschlecht.

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