Aus Bewegungen und Parteien

Istanbulk_Taksim_Platz_KMueller_495119.11.2012: Auf dem zentralen Taksim-Platz im Herzen Istanbuls fanden traditionell die 1. Mai Demonstrationen mit Hundertausenden von Menschen statt. Hier liegen Schlüssel-Bilder in der Erinnerung sozialistischer Kämpfe in der Geschichte der Türkischen Republik, wie z.B. der „Blutige Sonntag“, dem 1. Mai im Jahre 1977, an welchem mehrere SozialistInnen von paramilitärischen Kräften erschossen wurden. In diesen Tagen beginnen hier die ersten Bauarbeiten und nur noch die Bilder des Fotographen Ali Öz erinnern an das Leben im Stadtteil Tarlabasi (siehe Facebook). Doch jetzt regt sich Widerstand, auch wenn die Initiativen sich nicht einig sind in der Frage, worin das Problem der Umgestaltung liegt.

Der Bürgermeister von Istanbul, Kadir Topbas (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung - AKP), beschreibt dies als Umgestaltung des Platzes zu Gunsten von FußgängerInnen bei gleichzeitiger Verbesserung der Verkehrsregelung. Die Pläne sind also klar. Der Verkehrsknotenpunkt Taksim-Platz soll in Zukunft frei von Autos, Taxis und Bussen sein, die fünf ehemaligen Zufahrtstraßen werden sich im neu angelegten Tunnelsystem treffen. Der Gezi-Park am Rande des Platzes wird einer Neuauflage eines historischen Militärgebäudes aus Zeiten des Osmanischen Reiches weichen müssen und an der Kopfseite des Platzes soll eine neue Moschee entstehen.

Für die FußgängerInnen wird der Taksim-Platz dann nur noch über die Einkaufstraße Istiklal oder über schmale Aufgänge entlang des Straßenverlaufs aus dem Tunnelsystem - welche zum Teil nur einen Meter breit sein werden – erreichbar sein. Angesichts dieser Umstände stellt auch die Kammer Istanbuler Stadtentwickler grundsätzlich infrage, in wieweit das Ziel dieses Projektes wirklich eine Verbesserung der Situation für FußgängerInnen sein soll, da der Zugang zum Platz massive erschwert wird.[1] 

Langsam regt sich nun Widerstand gegen diese Umgestaltung, welche ein persönliches Anliegen des Premierminister Erdogan ist. Bereits Mitte Oktober fand eine erste Protestkundgebung auf dem Platz statt, an welcher ca. 1000 Menschen teilnahmen. Gegründet hat sich die Initiative Taksim Solidarität, welcher verschiedenste Organisationen, Gewerkschaften und Einzelpersonen angehören. Doch in den Fragen, worin das Problem der Umgestaltung liege und welche politische Bedeutung dem Projekt zukommt, scheinen die einzelnen Gruppen uneins.

So kritisiert der Wissenschaftlicher Yasar Adanali von der Stuttgarter Universität im Interview mit der türkischen Zeitung Hürriyet, dass der Platz durch die Transformation seine Funktion für die Menschen verliere. Der Gezi-Park sei einer der wenigen Orte gewesen, an denen sich die Menschen vom Chaos und Stress ihres Tages erholen konnten, ohne zum Konsum genötigt zu werden, wie es in den vielen Kaffees, Bars und Restaurants am Taksim-Platz der Fall ist.[2]

Doch einigen Gruppen in der Initiative Taksim Solidarität reicht diese Kritik nicht aus. So sagt die Studentin Esra Sert, welche Mitglied im Zusammenschluss von Architekt_innen und Ingenieur_innen zum Wohl der Gesellschaft [türk. TMMM]: „Wir verstehen dieses Projekt nicht als ein Infrastrukturprojekt. Es ist ein Projekt zur Realisierung von weiteren Profiten für einige wenige Reiche im Bausektor. Daher sagen wir nein zum Verkauf des Taksim-Platzes ans Kapital”. Zudem befürchtet sie, dass der Taksim-Platz seine politische Bedeutung in der Gesellschaft verliere. So sind die jährlichen Proteste auch gegen das 1977 eingeführte Verbot der 1. Mai Demonstrationen auf dem Platz, zum Sinnbild der linken Bewegung geworden. „Jetzt wird es schwer werden unser wieder erkämpftes Recht auf die 1. Mai Demonstration auf diesem Platz durchzusetzen“, befürchtet Sert. „Durch dieses Projekt wird der Platz nun zu einem Symbol der türkischen Moderne, der autoritären, kapitalistischen und religiösen Politik der AKP-Regierung“.

Dieses historischen Verständnis wird jedoch nicht von allen Gruppen geteilt. Eine Aktivistin der Gruppe Taksimplatform, welche auch Teil der Taksim Solidarität Initiativen sind, eröffnet ihre Rede auf der letzten Kundgebung am 5. November mit den Worten, dass sich die Bewegung nicht als links oder rechts verstehen will. Sie befürchten, dass ihr Protest ansonsten als „links“ stigmatisiert wird und andere gesellschaftliche Gruppen sich nicht anschließen werden.

Doch welche Auswirkungen dieses Verständnis haben kann, wird an der geringen Zahl von TeilnehmerInnen der Kundgebung deutlich. „Durch den Versuch der apolitischen Ausrichtung einiger Gruppen und Personen, wird das Problem und der Protest von anderen linken Kämpfen isoliert und dabei sind sie auch noch Stolz darauf“ kommentiert einer der Aktivsten die Rede. „Solche Sätze, dass unsere Kinder nun nicht mehr im Gezi-Park spielen können, sind nur ein Zeichen dafür, dass sie das Problem loslösen von der generellen politischen Situation. Sie stellen ihren Protest nicht in eine Line mit z.B. der Bewegung gegen die HES-Projekte [türk. Abk. für Wasserkraftwerke], oder sprechen über die gewaltvolle Transformation des Stadtteils Tarlabasi, geschweige denn von den hungerstreikenden politischen Gefangenen“.

Angesichts der sich zuspitzenden Situation in der Türkei [3] scheint es wirklich so, als ob sich hier ein paar Menschen um ihren Vorgarten sorgen. „Es ist nötig noch deutlicher zu machen, dass diese urbane Transformation wieder einmal ganz im Zeichen der Inwertsetzung urbanen Lebens steht, als Teil der generellen neoliberalen Umgestaltung Istanbuls gesehen werden muss und nicht zuletzt als ein Prestigeprojekt der AKP-Regierung unter Erdogan zu bewerten ist“ sagt Sert.

Und doch wird es gegen Ende der Kundgebung noch einmal kämpferisch. So kommen Vorschläge ein Protestzelt zu errichten. „Für das was wir hier machen, nämlich uns gegen die staatlichen Pläne zur Wehr zu setzen, werden wir vom Staat als TerroristInnen kriminalisiert. Daher bin ich Stolz auf alle die Heute hier sind“, ruft der unabhängige Aktivist Cem Tuzun ins Mikrophon. Aber auch das Aufstellen des Zeltes von der Polizei verhindert. Vielleicht klappt es auf der nächsten großen Kundgebung, zu welcher für den nächsten Freitag bereits eingeladen wurde.

Text/Foto: Kris Mueller

[1] http://www.hurriyetdailynews.com/taksims-renewal-project-protested.aspx?pageID=238&nID=32430&NewsCatID=341

[2] http://www.hurriyetdailynews.com/taksim-park-closed-down.aspx?pageID=238&nID=33684&NewsCatID=340

[3] http://kommunisten.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3667:hungerstreikende-kurdinnen-kurz-vor-dem-tod&catid=44:internationales&Itemid=92

Zur Bedeutung des Taksim-Platzes für die Geschichte sozialistischer Kämpfe siehe: http://de.indymedia.org/2010/05/280067.shtml

 

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

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Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
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Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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