Ausgabe Juni 2014

Jogo bonito, das schöne Spiel: Fußball als Utopie

Martin Walser zufolge „gibt es nichts Sinnloseres als Fußball – außer Nachdenken über Fußball“. Aus diesem Satz spricht die Ahnungslosigkeit des Bildungsbürgers von einem gesellschaftlichen Bereich, den er verachtet. Weniger überhebliche Menschen erfanden die zum short century[1] passende Formel vom Fußball „als der wichtigsten Nebensache der Welt“. Fußball ist dank der Ausbreitung des Fernsehens zum Weltzuschauersport Nr. 1 geworden. Das WM-Endspiel ist seit 1990 das Festival globaler Gleichzeitigkeit – ein Außenseiter, wer nicht zuschaut.

Fußball als Beitrag zur gesellschaftlichen Pazifizierung

Insider sahen die Sache schon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit anderen Augen. Bill Shankly, der legendäre Manager des FC Liverpool, drückte es drastisch aus: „Manche Leute glauben, Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. [...] Ich kann Dir versichern, es ist viel, viel wichtiger als das.“ Fußball als Lebensform – für Bill Shankly (1913-1981) trifft das zu. In seiner Lebenszeit wurde Fußball zum Massensport, von dem und für den man leben konnte.

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