Grenzgängertum vom Schlage Reinhold Messners oder gar eines Felix Baumgartners, des Springers aus dem All, ist in unserer Erlebnisgesellschaft schon seit geraumer Zeit in Mode. Politisch die Seiten zu wechseln, kommt dagegen weniger gut an. Grenzgänger der Geschichte finden auf keiner Seite Pardon. Eine solche, zutiefst bewegende Geschichte eines politischen Grenzgangs erzählt der Historiker Heiko Haumann.
Hermann Diamanski, der von 1910 bis 1976 lebte, war gewiss keiner der ganz Großen der Geschichte und auch kein Held. Aber er war auch kein kleines Licht und kein Mitläufer. Als Jugendlicher in die KPD einzutreten, war das eine. Die Arbeit nach 1933 in der Illegalität fortzusetzen, das andere. Was also alles war Diamanski? Er war Seemann, Spanienkämpfer, Funktionshäftling in Auschwitz und Buchenwald, Polizeileutnant der Volkspolizei in der DDR, Verfolgter der Stasi, Mitarbeiter des US-Geheimdienstes, Zeuge im ersten Auschwitzprozess in Frankfurt am Main. Wie aber passt das alles, dieser wiederholte Seitenwechsel, in ein Leben hinein?
Diese Frage zu stellen, heißt, eine Antwort auf eine andere Frage zu geben: Warum erscheint uns dieses Leben heute so ungewöhnlich? Weil wir die Geschichte und ihre Personen längst eingeteilt haben nach dem Schema Rechts und Links, West und Ost, Gut und Böse. Das wirkliche Leben aber fügt sich selten den Einteilungen der Nachgeborenen.