Ausgabe Juni 2014

Kurzgefasst

Andreas Heinemann-Grüder: Ukraine: Revolution und Revanche, S. 37-46

Die Krise in der Ukraine wird klassischerweise „bloß“ als Konflikt zwischen Russland und dem Westen gelesen. Der Friedensforscher Andreas Heinemann-Grüder kommt in seiner Analyse der Konfliktgenese hingegen zu einer etwas anderen Sicht – nämlich der, dass die Eskalation einem Reizreaktionsschema von Revolution und Revanche folge. Erst setzte die Revolution auf dem Maidan bestehendes Verfassungsrecht außer Kraft, dann reagierte Putin mit dem gezieltem Bruch des Völkerrechts. 

Glenn Greenwald: NSA: Die Schere im Kopf. Wie Massenüberwachung jeden Protest im Keim erstickt, S. 47-58 

Die Enthüllungen Edward Snowdens förderten die vielleicht größte Geheimdienstaffäre der Geschichte zu Tage – und schlugen im medialen Diskurs ein wie eine Bombe. Nun gibt sein engster Mitarbeiter Glenn Greenwald einen Einblick in die geheimen Akten. Diese machen deutlich, wie total die Überwachung ist, und dass die Vorstellung, davon selbst nicht betroffen zu sein, eine bloße Illusion darstellt. 

James Jennings: Barack Obama und der Mythos vom post-rassistischen Amerika, S. 59-70 

Amerika ist post-rassistisch, hieß es vielerorts bereits nach ersten Wahl Barack Obamas, des ersten schwarzen Präsidenten der USA. Der Stadt- und Umweltforscher James Jennings hält diese Position nicht nur für absurd, sondern auch für gefährlich. Denn sie diene vor allem Konservativen, um Minderheitenrechte zu diskreditieren. Ihm zufolge bestehen auch 50 Jahre nach der Bürgerrechtsbewegung massive Ungleichheiten zwischen Afroamerikanern und Weißen in fast allen Bereichen des sozialen Lebens fort. 

Paul Krugman: Thomas Piketty oder Die Vermessung der Ungleichheit, S. 71-81 

Eine neue Ungleichheitsdebatte beherrscht derzeit nicht nur die US-amerikanischen Feuilletons. Angestoßen wurde sie durch Thomas Pikettys brisantes Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman würdigt dessen Versuch, den Kapitalbegriff unter dem Gesichtspunkt der Ungleichheit wieder aufzugreifen, als einen ganz großen Wurf. Dieser könne nicht nur unsere politischen Auffassungen, sondern auch die Politik insgesamt revolutionieren. 

Susan George: Macht ohne Rechenschaft: Der globale Lobbyismus, S. 83-92 

Die aktuellen Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP zeigen wie in einem Brennglas den globalen Machtzuwachs multinationaler Konzerne. Susan George, Politikwissenschaftlerin und Aktivistin, nimmt vor allem den „illegitimen“ Charakter dieser neuen Großmächte ins Visier. Ihr Fazit: Wenn das Handeln der Konzerne weiterhin keinerlei demokratischer Rechenschaftspflicht unterliegt, wird die Selbstbestimmung der Völker abgelöst durch die Selbstbestimmung der Konzerne. 

Thomas Fritz: Geheimwaffe TTIP: Der Ausverkauf der öffentlichen Güter, S. 93-100 

Was unter dem Kürzel TTIP alles firmiert, ist bis heute der Bevölkerung nur in Ansätzen bekannt. Dabei drohen öffentliche Güter und Dienstleistungen erst durch das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA – und nun auch durch TISA – auf ewig zu privaten Gütern zu werden. Der Publizist Thomas Fritz zielt in seiner Analyse auf den Kern des Skandals – nämlich auf die Unmöglichkeit der Rekommunalisierung einmal privatisierter Güter. 

Detlev Claussen: Jogo bonito, das schöne Spiel: Fußball als Utopie, S. 101-112 

Der ahnungslose Bildungsbürger mag Fußball für bloße Zeitverschwendung halten – oder für reinen Kommerz. Nach Ansicht des Soziologen Detlev Claussen wird damit das utopische Potential des schönen Spiels jedoch völlig verkannt. Von den heroischen Anfängen bis zur kommenden WM in Brasilien zeichnet Claussen das Bild einer Sportart, die, entgegen mancher Vorstellung, maßgeblich zu Frieden und Demokratie beiträgt. 

Klaus Naumann: Historische Schuld und politische Verantwortung. Die Gegenwart der Vergangenheit des Großen Krieges, S. 113-119 

Pünktlich zum 100jährigen Jubiläum des Ersten Weltkrieges ist in den deutschen Feuilletons eine hitzige Debatte entbrannt – über Ursache und Wirkung, Schuld und Verantwortung am Kriege. „Blätter“-Mitherausgeber Klaus Naumann analysiert die beiden Lager und plädiert dafür, den Schulddiskurs zu verlassen und sich stattdessen der Frage nach der politischen Verantwortung zu stellen.

Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

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