Ausgabe Februar 2013

Kurzgefasst

Volker Perthes: Arabische Turbulenzen. Die neue Lage – von Marokko bis Iran, S. 43-51

Seit zwei Jahren halten die arabischen Revolutionen die Welt in Atem; ihre Folgen sind bis heute unabsehbar. Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, analysiert die entscheidenden Faktoren: Demographie, Religion und geopolitische Interessen. Sein Fazit: Die ganze Region steht erst am Anfang komplexer Transformationsprozesse, Rückschläge und Umwege inbegriffen, doch ein dauerhaftes Zurück wird es nicht geben.

Michael Brzoska: Waffen nach Mali und Saudi-Arabien? Deutsche Rüstungsexporte und die Verschiebung der roten Linien, S. 52-61

Deutschland galt bisher als Land mit restriktiven Regeln, wenn es um die Ausfuhr von Rüstungsgütern ging. Der Aufstieg der Bundesrepublik zum weltweit drittgrößten Rüstungsexporteur stellt dieses Bild jedoch massiv in Frage. Der Friedensforscher Michael Brzoska fragt, ob es tatsächlich eine neue „Merkel-Doktrin“ gibt. Seine Antwort: Keineswegs, denn die roten Linien beim Waffenexport werden seit langem kontinuierlich verschoben.

Richard Slotkin: Der Kult um den Colt. Der große „Gleichmacher“ in Amerikas Tradition und Gegenwart, S. 61-71 

Die Vereinigten Staaten beklagen jährlich so viele Todesopfer durch private Schusswaffen wie andere Länder nur durch Aufstände oder Guerillakriege. Der Kulturwissenschaftler Richard Slotkin findet die tieferliegende Ursache für die exorbitant hohe Mordrate im Selbstbild des Amerikaners: Erst das Recht des Einzelnen, eine Waffe zu tragen und diese auch zu gebrauchen, verleiht ihm den Bürgerstatus – der eigene Colt als großer Gleichmacher.

Manfred Quiring: Putins Olympiade und die vergessenen Tscherkessen, S. 73-79

Wenn 2014 im russischen Sotschi die Olympischen Winterspiele stattfinden, soll nichts dieses Lieblingsprojekt Wladimir Putins stören – und besonders nicht das Volk der Tscherkessen, das den Kaukasus früher bevölkerte. Der langjährige Russland-Korrespondent Manfred Quiring schreibt dessen Geschichte und verdeutlicht, warum die Nachfahren für ein Recht auf Rückkehr und die Anerkennung der brutalen Vertreibung als Völkermord kämpfen – gegen die Ignoranz der russischen Führung.

Bernard Conte: Die Dritte Welt ist überall, S. 81-90

Im Zuge der Globalisierung erfährt die Welt katastrophale gesellschaftliche Umwälzungen, spitzt sich der Dualismus zwischen Arm und Reich immer mehr zu. Der französische Ökonom Bernard Conte diagnostiziert eine wachsende Polarisierung aller Gesellschaften: Die Eliten bereichern sich, die Mittelschicht schwindet. Was zuvor nur in der Dritten Welt vorherrschte, wird immer mehr global. Diese fatale Entwicklung wird nur durch eines aufzuhalten sein – die demokratische Einhegung und Zivilisierung der Eliten.

Alberto Acosta: Vom guten Leben. Der Ausweg aus der Entwicklungsideologie, S. 91-97

Die Frage nach dem guten Leben treibt die Menschheit seit Beginn ihrer Existenz an. Will sie jedoch in Einklang mit sich und der Natur leben, ist die aktuelle Antwort – die Mär vom Immer-Mehr und Immer-Weiter – die falsche, so Alberto Acosta, linker Präsidentschaftskandidat in Ecuador. Stattdessen müssen Alternativen gefunden werden – wie das Konzept des Buen Vivir, das den Menschen als von seiner Umwelt abhängiges Wesen begreift.

Frank Deppe: Vom Klassenkampf zum Wettbewerbskorporatismus. Die Große Transformation der Gewerkschaften, S. 98-110

Die Organisationen der Arbeiterschaft befinden sich in einer tiefen Krise; die Ansteckung durch das neoliberale Dogma belastet die Beziehung zu ihrer Anhängerschaft. Die Gewerkschaften haben sich, so der Politikwissenschaftler Frank Deppe, zu willfährigen Komplizen der Unternehmen entwickelt. Damit räumen sie freiwillig ihre einstige Machtposition und liefern keine eigenständige strategische Antwort auf die globale Krise.

Karl-Hermann Flach: Kleiner liberaler Katechismus. Noch eine Chance für die FDP, S. 111-119

Mit dem Leihstimmenerfolg in Niedersachsen scheint die FDP endgültig ihre Eigenständigkeit verloren zu haben. Was aber bleibt vom einst so stolzen Liberalismus? Karl-Hermann Flach, Schöpfer der legendären linksliberalen Freiburger Thesen, erkannte bereits 1971 den wirtschaftsliberalen Flügel der FDP als Gefahr für die liberalen Grundwerte – die Freiheit jedes Einzelnen, verteidigt gegen alle ökonomischen und staatlichen Zwänge.

Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

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