Ausgabe August 2013

Kurzgefasst

David Harvey: Urbane Rebellionen. Kairo, Rio, Istanbul: Der Ruf der Unterdrückten und das Recht auf Stadt, S. 37-48

Ob Taksim oder Tahrir: Überall treiben Zorn und Enttäuschung die Menschen auf die Straßen und Plätze der Städte – den zentralen Orten gegenwärtiger Rebellionen. Damit erneuern sie, so der weltweit bekannte Humangeograph David Harvey, die von Henri Lefebvre 1967 entwickelte Idee des Rechts auf Stadt. Doch nur wenn die Bewegungen gemeinsame Forderungen entwickeln, können sie die Stadt für sich zurückgewinnen. 

Heribert Prantl: „Geld ist ein guter Soldat, mein Herr, und macht sich Bahn“. William Shakespeare und die aktuelle Finanzkrise, S. 49-56

Shakespeares „Kaufmann von Venedig“ musste mit seinem Fleisch seine Schulden bezahlen; in Griechenland bezahlen die Menschen den Sparkurs mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben. Heribert Prantl, Jurist und leitender Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“, sucht nach dem aufgeklärten Rechtsbewusstsein in der Schuldenkrise. Er findet ein eklatantes Missverhältnis – zwischen milliardenschwerer Tatkraft bei der Bankenrettung und höchster Apathie bei der Rettung der Krisenstaaten und ihrer Bürger. 

Ralf Fücks: Öko-Biedermeier vs. ökologische Moderne: Die grüne Revolution, S. 57-65

Wachstumskritik hat Hochkonjunktur – nicht nur in der Linken. Doch ganz anders als die Verfechter einer Postwachstumsgesellschaft von Harald Welzer bis zum konservativen Querdenker Meinhard Miegel sieht Ralf Fücks, Publizist und Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung, im Konsumverzicht einen politischen Irrweg. Nicht ob, sondern wie die Weltwirtschaft wächst, sei die entscheidende Frage für die Zukunft des Planeten. Wir brauchen eine neue industrielle Revolution – doch dieses Mal in grün. 

Werner Rügemer: Die unterwanderte Demokratie. Der Marsch der Lobbyisten durch die Institutionen, S. 67-76

Lobbyisten wirken, so die klassische Vorstellung, von außen auf den Regierungsapparat ein. Weitaus wichtiger ist jedoch eine neue Form des Lobbyismus, so der Publizist Werner Rügemer, nämlich jene, die bereits im Staat sitzt: in Bankenaufsicht, Schulen und Universitäten sowie Public-Private-Partnership-Projekten. Um die Demokratie zu schützen, bedarf es endlich politischem Änderungswillen und einer transparenten Debatte. 

Micha Brumlik und Hajo Funke: Auf dem Weg zum »tiefen Staat«? Die Bundesrepublik und die Übermacht der Dienste, S. 77-84

Spätestens seit dem Frühjahr 2000 wussten die Verfassungsschützer von der Terrorgruppe NSU und ihrem Vorhaben, schwerste Straftaten zu begehen. „Blätter“-Mitherausgeber Micha Brumlik und der Politikprofessor Hajo Funke zeichnen nach, wie die Sicherheitsbehörden die Aufklärung ihres fatalen Versagens systematisch blockieren. Ihr Fazit: Zumindest in Ansätzen existiert auch hierzulande ein „tiefer Staat“ der Geheimdienste – ohne jede Transparenz und Kontrolle. 

Maria Wersig: Steuervorteil Trauring: Der Kampf ums Ehegattensplitting, S. 85-93

Das Ehegattensplitting ist seit jeher heftig umstritten – auch im aktuellen Bundestagswahlkampf. Die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, die Regelung nun auch auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auszuweiten, hat die Debatte noch befeuert. Doch ist ein solches Steuer-Splitting überhaupt noch zeitgemäß? Die Juristin Maria Wersig kommt zu dem Schluss: So wie heute kann das ungerechte Splitting nicht für die nächsten 50 Jahre gelten. 

Hans Brandt: Der gespaltene Regenbogen. Südafrikas Ringen um ein geeintes Land, S. 95-106

Als Nelson Mandela 1994 zum Präsidenten Südafrikas gewählt wurde, versprach er, das Land zu einen. Knapp 20 Jahre später zieht der Journalist und langjährige Südafrika-Korrespondent Hans Brandt Bilanz. Sein Resümee: Der Kampf gegen die Apartheid ist zu einem Kampf gegen die Armut geworden. Sein Ausgang entscheidet, ob Mandelas Traum von der geeinten Regenbogennation am Ende doch noch Wirklichkeit wird. 

Albert Scharenberg: Der unvollendete Traum. Der »Marsch auf Washington« und das radikale Vermächtnis Martin Luther Kings, S. 107-117

Am 28. August, dem 50. Jahrestag des berühmten March on Washington, werden die Amerikaner ihren Bürgerrechtler Martin Luther King feiern. Doch das Gedenken hat, so befürchtet Albert Scharenberg, Nordamerikanist und Leiter des New Yorker Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, eine entscheidende Blindstelle: Es reduziert das politische Vermächtnis auf Kings „Traum“ von einer Welt ohne Rassenschranken. Doch der Kampf der Bewegung war viel radikaler und King keineswegs der naive, träumende Spät-Hippie, als den ihn der Mainstream heute imaginiert.

 

 

Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

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