19.05.2014: Rund 2500 Menschen haben am Sonnabend in Hamburg gegen die europäische Kürzungs- und Krisenpolitik protestiert - als Bestandteil des europaweiten Aktionstages, zu dem die Kapitalismuskritiker des “Blockupy”-Bündnis aufgerufen hatten. Das Demo-Ziel in Hamburg war die Hafencity: Das umstrittene Bauprojekt, welches den Hamburger Bürgern bereits zig Millionen kostete. In diesem herausgeputzten Areal wird augenfällig, wohin die Mittel fließen, die den Prekarisierten, Refugees, Familien und Millionen anderer Menschen für ein gutes Leben fehlen. Das anvisierte Ziel war die Baustelle der Elbphilharmonie, das weithin sichtbare Symbol für protzige Elitenkultur, Korruption und Verschwendung in Hamburg.
In verschiedenen Redebeiträgen gingen AktivistInnen nicht nur auf die europäische Krisenpolitik, sondern auch auf die politische Lage in Hamburg ein. Dabei wurde erneut die Forderung nach einem Bleiberecht für die Lampedusa-Flüchtlinge laut. Der verschärften europäischen Abschottungs- und Abschiebepolitik gegenüber Flüchtlingen gelte es entschieden entgegenzuwirken. Außerdem kritisierten Sprecher vom Recht-auf-Stadt-Bündnis die städtische Wohnungsbaupolitik, wie z.B. die weitere Privatisierung öffentlichen Raumes.
In der Hafencity endete die Demonstration schließlich in Angesicht der Elbphilharmonie. Obwohl die Hamburger Bevölkerung an diesem Tag ausdrücklich zu Besichtigungen eingeladen worden war, wurde den Demonstrationsteilnehmern der Zutritt rigoros durch Polizeisperren verwehrt. Als dann vereinzelt Böller in Richtung der Polizei flogen, wurden völlig unverhältnismäßig die bereitstehenden Wasserwerfer in Aktion gesetzt.
Unter dem Motto “Festung Europa-Passage” haben Blockupy-Aktive mehrere Geschäfte in der Hamburger Einkaufspassage “Europa-Passage” blockiert, um damit gegen die tödliche Abschottung der EU gegen Flüchtlinge und die rassistische Migrationspolitik zu protestieren. Mit einer Aktion bei einer McDonalds-Filiale am Hamburger Hauptbahnhof zeigten Blockupy-Aktive ihre Solidarität mit den Streikenden der Fast-Food-Instrie in den USA und anderen Ländern. Zudem kam es zu spontanen Spaziergängen und Demos über die Hamburger Einkaufsmeile Mönckebergstraße.
In Berlin demonstrieren 3500 Menschen zusammen mit Geflüchteten für Bewegungsfreiheit und gegen rassistische Migrationsgesetze. Das Haus der Deutschen Wirtschaft – Sitz der drei Wirtschaftslobby-Organisationen BDA, BDI und DIHK – wurde mit Farbe als Krisenakteur markiert und so der Ort kenntlich gemacht, an dem Profiteure der Krise Austerität und Armut für die Bevölkerung Europas planen und gleichzeitig chauvinistischen Nationalismus befördern.
In Düsseldorf demonstrieren 1500 Menschen mit einem Flashmob unter dem Motto “Chic im schwarzen Block – Sorgearbeit am Boden – Sexismus markieren”, einer Demonstration und anschließenden Aktionen Zivilen Ungehorsams für ein Recht auf Stadt und gegen eine Wirtschaftsordnung, in der mit prekären oder gar tödlichen Arbeitsbedingungen, etwa in der Textilwirtschaft, Profite gemacht werden. Rund um die Luxus-Einkaufsmeile “Kö” blockierten die Aktiven Filialen von Zara, American Apparel und H&M sowie das Kaufhaus Breuninger und einen Apple Store. Für den Abend sind Proteste gegen Rassismus und Abschiebungen am Düsseldorfer Flughafen geplant.
In Stuttgart demonstrieren 3000 Menschen für ein solidarisches, soziales und demokratisches Europa. Ein Schwerpunkt ist hier die Kritik der Gesundheitspolitik von Bundesregierung und Troika. Privatisierungen schließen Millionen Menschen von Gesundheitsversorgung und Beschäftigte von Arbeitsrechtlichen Errungenschaften aus. Ein Flashmob machte auf die dramatischen Folgen hierzulande und besonders in Griechenland aufmerksam.
Auch in Rom, Paris, Madrid und anderen europäischen Städten demonstrieren am Samstag Tausende. Die Proteste sind Teil der Europäischen Aktionstage “Grenzenlos solidarisch – für Demokratie von unten ” (“Solidarity beyond Borders – for Democracy from below”). In 13 Ländern finden in der kommenden Woche weitere Demonstrationen, Proteste und Aktionen gegen die Kürzungs- und Verarmungspolitik der Troika aus EU, EZB und IWF statt. Blockupy ist Teil dieses länderübergreifenden, grenzüberschreitenden Protests. Zentrale Forderungen der Blockupy-Proteste sind das sofortige Ende der Kürzungspolitik, der Verhandlungen zu den transatlantischen Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada (TTIP und CETA) sowie von Abschiebungen und der rassistischen Migrationspolitik. Feministische Gruppen hoben die Krise der Sorgearbeit durch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, schlechte und prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen hervor.
Blockupy München übte schon mal für den Spätherbst, wenn in Frankfurt/M. das gigantische EZB-Gebäude in Betrieb genommen wird und Blockupy zu einer riesigen Party gegen die EZB-Eröffnung nach Frankfurt einlädt. Mit europaweit mobilisierten, massenhaften Aktionen soll die feierliche Eröffnung des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main blockiert werden. Mit einem „warm-up“ auf dem Münchner Marienplatz haben verschiedene Gruppen und Initiativen auf diese Aktion aufmerksam gemacht.
Das Motto war: Sie wollen Kapitalismus ohne Demokratie – wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus! Grenzenlos solidarisch – für eine Demokratie von unten! Mit von der Partie waren Gruppen der Friedensbewegung, der attac-Arbeitskreis „Arbeit fairteilen“, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) mit Liegestühlen, mit denen die Forderung nach arbeitsfreien Sonntagen symbolisiert wurde, das Münchner Sozialforum, das Forum Eurokrise, Mieterinitiativen machten Wohnungsleerstände in der Stadt publik und die Gewerkschaftslinke auf prekäre Arbeitsverhältnisse in der Stadt aufmerksam. Auch bei der Aktion dabei, das Munich American Peace Kommittee und Aktivisten aus Antifa-Strukturen der Stadt sowie von EDJ (Echte Demokratie Jetzt).
Außerprogrammmäßig begann die Aktion mit einer Schweigeminute für die beim Gruben“unglück“ in der Türkei ums Leben gekommenen Kumpel. Stadtrat Cetin Oraner sagte in seiner Ansprache dazu: Das war kein Unglück, das war kalkulierter Massenmord. Viele türkische und kurdische Freunde waren gekommen um der Toten zu gedenken und ihrer Wut über die Politik der Erdogan-Regierung Ausdruck zu verleihen.
Die Aktion begann danach mit einem Radl-Corso, organisiert von der Partei Die Linke zu den Orten in der Stadt, wo Rüstungsproduktion, Mietwucher, Finanzspekulation und Ausbeutung zuhause sind.
Von der DKP wurde ein Banküberfall der etwas anderen Art inszeniert: Die Banken überfallen die Staatskassen. Nach dem Lied der Ersten Allgemeinen Verunsicherung „Ba-Ba-Banküberfall fragte der Sprecher in Anlehnung an das berühmte Brecht-Zitat: Was ist schon ein Banküberfall gegen den Überfall der Banken auf die Staatskassen und auf unsere Geldbeutel? Die Deutsche Bank erinnere an eine kriminelle Vereinigung, der das Handwerk gelegt werden müsse.
attac plädierte nicht nur für das „Umfairteilen“ von Arbeit, sondern klärte auch über das drohende Freihandelsabkommen (TTIP) auf und warb für die Vorbereitungsdemonstration am Folgetag in Stuttgart.
Das Kabarett-Duo LudoVici und Andrea Limmer traten mit einem blockupy-special auf.
Ob die Blockade und das Okkupieren der EZB-Zentrale im Spätherbst gelingt ist noch offen. Aber ein großer Teil des Marienplatzes war jedenfalls schon mal „in der Hand“ von Blockupy. Jedenfalls ein vielversprechender Anfang.
Text:gst/Pressemitteilung blockupy/Walter List Fotos: gst/libertinus/sosch