Nicht nur die EU steckt in der tiefsten Krise ihrer Geschichte, sondern auch der Protest gegen die Aushöhlung der nationalen Demokratien (siehe den Beitrag von Florian Rödl in der April-Ausgabe). Worauf es heute ankommt, ist daher zweierlei: die Verteidigung nationaler Schutzrechte und eine neue Europäisierung des Protests für ein anderes Europa.
Europa befindet sich, von Griechenland über Spanien bis zu den Niederlanden, in einer schweren Integrationskrise: Seit zwei Jahren steht der Euro am Rande des Scheiterns. Eine drakonische Sparpolitik stürzt die Eurozone mehr und mehr in die Rezession. Die Folgen sind verheerend: Von Amsterdam bis Athen sind heute 25 Millionen Menschen ohne Arbeit, ein neuer, trauriger Rekord. Die Ursache all dessen liegt in der Architektur der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und in entfesselten Finanzmärkten.[1] Denn die Wirtschafts- und Währungsunion wurde nicht in eine Politische Union eingebettet; der Euro nicht in eine politische Solidargemeinschaft. Ein Finanzausgleich zwischen den ungleich entwickelten Staaten ist im Maastrichter Vertrag nicht vorgesehen.
Die WWU ist ein asymmetrisches Bauwerk: Zwar europäisierten die EU-Verträge die Geldpolitik, die Finanzpolitik liegt jedoch noch immer in den Händen der Mitgliedstaaten. Aufgrund dieses Konstruktionsfehlers konnte Brüssel keine Schuldengarantien geben und die Eurokrise erst richtig eskalieren.