24.04.2014: Auf der Abschlusskundgebung in Saarbrücken sprach Arno Neuber (Ettlingen), Beirat der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI), vor rund 500 Teilnehmern:
Deutschland muss aufgrund seiner wirtschaftlichen Größe mehr militärische Verantwortung in der Welt übernehmen. Das ist die Hauptaussage eines Papiers, das von der Stiftung Wissenschaft und Politik und dem German Marshall Fund veröffentlicht wurde.
In einer koordinierten Aktion von Bundespräsidialamt, Außen- und Verteidigungsministerium wurde diese Position auf der Münchner Sicherheitskonferenz in den Reden von Joachim Gauck, Walter Steinmeier und Ursula von der Leyen der Öffentlichkeit eingetrichtert. Auch große Teile der Medien machen munter mit.
Sie feuern seit langem publizistische Salven gegen den angeblichen deutschen "Rückfall in den Pazifismus" ab. Sie beklagen "die Rückabwicklung deutscher Interventionsbereitschaft" und fordern ein Ende der vorgeblichen "Kultur der Zurückhaltung", die sie der deutschen Außenpolitik trotz Kriegsbeteiligungen von Jugoslawien bis Afghanistan penetrant attestieren.
In einem aktuellen Papier der Friedrich-Ebert-Stiftung ("Die deutsche Sicherheitspolitik braucht mehr Strategiefähigkeit") wird das Publikum darauf vorbereitet, dass die Zeit des "Geleitzug"-Fahrens der Berliner Außenpolitik zu Ende gehe und künftig der deutsche "Gestaltungsanspruch" ganz offen "geostrategische und ökonomische Interessen im Kontext unserer Wertvorstellungen" abwägen muss.
"Weiche Macht", so schrieb es einer der Vordenker der EU-Militärpolitik, Robert Cooper, allen, die sich da noch Illusionen hingeben ins Stammbuch, "ist der Samthandschuh, unter dem sich immer eine eiserne Faust verbirgt".
Das ist der Hintergrund, vor dem die Diskussion um militärische Einsätze der Bundeswehr in Afrika, die Planungen zur Beschaffung von Kampfdrohnen zu sehen sind.
Gesamte Rede im Anhang
In Wedel sprach Wolfgang Erdmann, aktiver Gewerkschafter in der IG Metall:
Ich spreche nicht im Namen der IG Metall, aber als ehemals langjähriger Betriebsratsvorsitzender, als engagierten Gewerkschafter, der auch heute noch Funktionen für die IG Metall ausübt.
Als Gewerkschafter habe ich mich immer von Werten leiten lassen, den Werten der Arbeiterbewegung: da steht ganz vorn die soziale Absicherung, ohne die Freiheit ein hohles Wort ist, die soziale Gerechtigkeit, von der wir im Kapitalismus immer weiter entfernt werden, da stehen Solidarität gerade mit den Schwachen, Ausgegrenzten und Flüchtlingen und natürlich Frieden, der so wie die anderen genannten Ziele immer von neuem mit Vehemenz verteidigt werden muss.
Werte kann man aber auch dazu heranziehen, um Machtpolitik für wirtschaftliche Interessen zu bemänteln, um noch mehr Aufrüstung und Krieg das Wort zu reden. So geschehen durch den Bundespräsidenten Gauck, der im Januar 2014 als erster Bundespräsident die militaristische 'Münchener Sicherheitskonferenz' eröffnete und diese somit bewusst aufwertete.
Der Bundespräsident schwadronierte dort: "Deutschland tritt ein für einen Sicherheitsbegriff, der wertebasiert ist und die Achtung der Menschenrechte umfasst". Und weiter: "Im außenpolitischen Vokabular reimt sich Freihandel auf Frieden und Warenaustausch auf Wohlstand. Deutschland ... profitiert überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung. ... Aus all dem leitet sich Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten."
Diese Rede war ja nur vordergründig an die Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Militär gerichtet, diese lassen sich von derlei Sonntagsreden ohnehin nicht beeindrucken. Die Rede war an eine Bevölkerung gerichtet, die noch immer Kriegsbegeisterung vermissen lässt. Aber für wie dumm hält der Bundespräsident, dieser friedenspolitische Geisterfahrer, eigentlich die Bevölkerung? Freihandel soll Frieden bringen und Warenaustausch Wohlstand? Da fehlte eigentlich nur noch: Atomkraft bringt Arbeitsplätze und Rüstung erhöht Renten ...
Gesamte Rede im Anhang
Foto: Volker Metzroth, Ostermarsch in Büchel