Zwischen den Welten ist kein guter Titel, weil er so abstrakt klingt, nach einer Inhaltsangabe vom Problem, das im Rostocker Polizeiruf verhandelt wird. Die Folge oder Rostock en général ist aber gerade: konkret. Das macht die Figuren so reizvoll, dass sie nicht nur die Hausaufgaben der Informationsvermittlung besorgen, also immer die Sätze zur Möhre sagen, die dem Zuschauer als Fall hingehalten wird, sondern Fleißbienchen sammeln in Sachen Menschlichkeit und Individualität: Da, wo sich Plautze Bukoff (was eine Auftaktszene beim Angeln! Charly Hübner) und Frau König (Anneke Kim Sarnau) noch übers Handy unterhalten aufm Gang zu den Nachbarn, spricht kein anderer Sonntagabendkommissar mehr.
Oder die Nachbarn Fränki und Hanna Freese selbst, die
#228;nki und Hanna Freese selbst, die Zelte aus ihrem Outdoorladen im Garten ausprobieren. Ein Großteil der Drehbücher würde sich da erschöpft den Schweiß von der Stirn wischen, dass mit dem Hinweis auf einen Outdoorladen doch die Erklärung geliefert ist und keiner hinterher mit dem Finger in unerklärten Logiklöchern rumpulen könnte. Hier aber ruft Hannah in einer Mischung aus Stolz und Marketing noch: "Das Everest in der Grimmstraße", und das erschließt der Erklärung gleich ein Hinterland an Milieu. Winnie Böwe als Hannah ist sowieso eine Schau; das Punzig-Übergriffige und dabei nicht so Hardcore-Hedonistische von Frau Freese kann man sich besser verkörpert nicht vorstellen. Aurel Manthei ist hübsch dubios.Buch (Michael B. Müller, Jens Köster und Thomas Stiller, Headautor, erstmals so vermerkt in den Credits: Eoin Moore) also ziemlich weit vorn. Was sich auch daran zeigt, dass die Verbindung von Privatem und Fall nicht so klippschuldeutlich immerfort dem Zuschauer vor Augen geführt hat. Man glaubt Bukoff sein Unverständnis über den von Art und Umfang der Nebentätigkeit seiner Frau ahnungslosen Stefan Wenning (Philipp Hauß) sofort, auch wenn ihn Frau König naheliegenderweise daraufhin weist, dass es bei ihm doch kaum anders sein könnte: Bukoff, der noch im Urlaub arbeitet, weiß schon deshalb nichts von Vivienne (Fanny Staffa), weil er sich für sie nicht mehr interessiert.Praktisch ist er auch nochDass Vivienne derweil mit unserem absoluten Darling Everybody's Volker (Josef Heynert) rummacht, wird nicht als Arte-Themenabend ätsche-bätsch-beweislastig inszeniert (Regie: René Heisig), sondern in der Logik der Krise, die schon ein paar Folgen im Hause Bukoff herrscht. Deshalb berührt das Ermittlerprivatleben in Zwischen den Welten einmal den Fall, es folgt sonst aber seiner eigenen Zeit.Sieht man dagegen, wie Knall on Fall Stuttgart zuletzt sein größtes Pfund (Busy Bootz) an einen billigen Settingauffrischungsmove verraten hat (Trennung), weiß man Rostock noch höher zu schätzen: Die Figuren setzen sich nicht fürs Mal Pappnasen auf, damit ein bisschen Abwechslung ins Spiel kommt, vielmehr hat man den Eindruck, bei Bukoffs Vernachlässigen und Volkis Anklampfern einer Art Leben zuzuschauen, auch wenn das in den weiten Bögen der Polizeiruf-Ausstrahlung im Tatort-Jahr nicht so leicht ist. Zu hoffen, besser zu vermuten wäre, dass Rostock es sich mit dem drohenden Krach nicht zu einfach macht.Volki steigt in des Zuschauers Sympathie jedenfalls weiter ins Unermessliche (so sehr, dass man über das Hintergehen des Vorgesetzten ihm schlecht bös' sein kann oder will): Praktisch ist er auch noch (der Ventilator – wie sich Bukoff später daran die Plautze kühlt, gefällt ebenfalls) und dieser derbe Style mit Tarnhemd, Anglerweste und schmieriger Sonnenbrille steht ihm ausgezeichnet. Pöschi (Andreas Guenther) hat seine Momente in Zwischen den Welten, und zwar diesen herrlichen Rant auf den workaholen Vorgesetzten: "Für einen Kriminaloberkommissar gibt es genau einmal im Jahr die Chance, Erfahrung zu sammeln, und zwar dann, wenn der Fachkommissariatsleiter im Urlaub ist."Das Angestellten-DilemmaHerrlich (wenn wir das jetzt überhaupt korrekt transkribiert haben). Ein wenig wird davon das dilemmatöseste Dilemma gestriffen, das der Angestellte haben kann: Dass der Urlaub von Chef oder Chefin die schönste Zeit des Jahres ist, weil die Arbeit dann eben anders und viel unaufgeregt-unhierarchischer performt werden kann, dass dummerweise Chefin oder Chef das aber nie im Leben checken werden, weil sie ja nicht da sind, um zu sehen, dass die Lücke, die sie hinterlassen haben, sie völlig ersetzt. Man kann Pöschi also verstehen. Das gute Spiel, die schönen Rollen reichen bis in die Nebenfiguren: André Szymanskis etwas zu drüberer Anwalt, der immer furchtbar spannkräftig wirkt, ist etwa ein schmuckes Detail.Gesamtgesellschaftlich betrachtet variiert der Polizeiruf das, was Bukoff toll distanziert "[g]endermäßig" nennt. Die Männer fallen als konsequent insuffizient aus (Ausnahme: Volki, Bukoff mit Abstrichen), weil sie weder wissen, was bei ihren Ladies so geht (Stefan Wenning), noch fähig sind, die richtigen Entscheidungen dann auch durchzuziehen (Fränki Freese). Den Laden zusammen halten so Abräumer wie Hannah Freese. Da werden die Maskulisten und Inkorrekten wieder ordentlich was zu jammern haben.Ein Satz, in den man nicht eingesargt werden möchte: "Julia hatte eine vielversprechende Karriere vor sich"Ein Klassiker der Paarbeziehung: "Ich wollte dich nur nicht wecken"