Wirtschaft

NSN Die Wirtschaft01.02.2012: Mehr als 2.000 Beschäftigte von Nokia Siemens Networks demonstrierten heute in München gegen die beabsichtigte Schließung des Betriebes. Im Anschluss an eine Betriebsversammlung zogen die KollegInnen bei eisiger Kälte zu einer Kundgebung vor das NSN-Vorstandsgebäude.
Ende November 2011 hatte NSN-Chef Rajeev Suri angekündigt, bis Ende 2013 weltweit 17.000 Stellen abzubauen - gut ein Viertel der insgesamt 74.000 Beschäftigten. 30 Standorte sollen dicht gemacht werden. Dazu kommen umfangreiche Ausgliederungen und Verkäufe von Unternehmensteilen.

Gleichzeitig erklärten Siemens und Nokia, künftig kein Geld mehr in ihr Gemeinschaftsunternehmen zu investieren. Auf der Siemens-Aktionärsversammlung im Januar hatte Vorstandschef Löscher das Gemeinschaftsunternehmen NSN zu einer "nicht fortgeführten Aktivität" erklärt. Eine Woche nach der Siemens-Hauptversammlung ließ jetzt die NSN-Leitung die Katze aus dem Sack. In Deutschland werden 2.900 von 9.100 Arbeitsplätzen gestrichen. München, der größte deutsche NSN-Standort, soll komplett geschlossen werden. Von den 3.600 Beschäftigten sollen 1.600 an andere Standorte versetzt werden, der Rest wird auf die Straße gesetzt.

"Das Unternehmen wettbewerbsfähiger machen"
"Diese Veränderungen sind notwendig, um das Unternehmen aus der Verlustzone zu führen und für die Zukunft wettbewerbsfähiger zu machen. Nun sind die globalen Planungen so weit fortgeschritten, dass wir die Pläne für den Abbau in Deutschland bekannt geben können", hatte NSN die Beschäftigten gestern wissen lassen. Und außerdem darauf verwiesen: "Das Jahr 2012 wird durch schnelle und tiefgreifende Restrukturierungen geprägt sein."

"Eingriff in die persönliche Lebensplanung"
Schnell reagierten auch die Beschäftigten und die IG Metall. Bundesweit fanden heute Betriebsversammlungen bzw. Demonstrationen und Kundgebungen statt. Die größte in München. Auf der am Morgen stattgefundenen Betriebsversammlung musste der "Chief Financial Officer" von NSN seinen Bericht über die Lage des Unternehmens vorzeitig abbrechen. Die NSN-Belegschaft wollte lieber hören, was aus ihnen selber wird.

Der Vertreter der Geschäftsleitung räumte dann auch ein, dass dieses Vorhaben einen "massiven Eingriff in die persönliche Lebensplanung der Mitarbeiter bedeutet", bei dem in München ausnahmslos jeder NSN-Mitarbeiter entweder durch Arbeitsplatzverlust oder durch Umzug betroffen ist. "Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die uns aus diesen geplanten einschneidenden Maßnahmen erwachsen. Im weiteren Planungsprozess werden wir stets großen Wert auf Fairness und Respekt sowie auf die Einhaltung aller rechtlichen Vorschriften legen", verkündete er.

"Schon im Jahr 2013 werden wir ein von Grund auf verändertes Unternehmen sein - mit neuen Arbeitsweisen, niedrigeren Kosten und höheren Margen, mit größerer Budgetdisziplin und einem verstärkten Fokus auf Liquidität und Rentabilität", versuchte er zu motivieren. Die Beschäftigten forderte er auf, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre arbeitsvertraglichen Pflichten einzuhalten.

demonstrieren - verhandeln -  ...
Die KollegInnen konnte er mit diesen Aussagen nicht beruhigen. Da ein Großteil der Belegschaft bereits die im Jahr 2002 geplanten Massenentlassungen bei Siemens München Hofmannstr. persönlich erlebt hatte, wurde bei vielen wieder die Erinnerung an das damalige Vorgehen der Betriebsleitung und den geführten Arbeitskampf wach gerufen (siehe Anlage). Und so zogen über 2.000 Beschäftigte im Anschluss an die Betriebsversammlung zur Kundgebung vor dem NSN-Vorstandgebäude.

"Unsere Manager sind die Wurzel allen Übels", klagt dort der Betriebsratsvorsitzende Horst Schön. Statt Tausender Beschäftigter müsse die Riege um NSN-Chef Rajeev Suri gehen. Unter dem Beifall der Demonstranten rief Schön: "Wenn jemand gehen muss, dann ist es unser Management." Vom Siemens-Konzern verlangte er, Verantwortung für die Mitarbeiter zu übernehmen "und uns nicht auf die Straße zu werfen und zu entsorgen".

Michael Leppek von der IG Metall machte die "organisierte Verantwortungslosigkeit" des Managements dafür verantwortlich, dass ein gutes Unternehmen in fünf Jahren heruntergewirtschaftet worden sei. Als Nokia Siemens Networks am 1. April 2007 als Joint Venture von Nokia und Siemens gegründet wurde, sei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kommunikationssparte bei Siemens im neuen Unternehmen eine blühende Zukunft versprochen worden. Und, was wurde daraus? "Ein massiver Stellenabbau in Deutschland."
Seit 2007 hat sich die Anzahl der Beschäftigten bei NSN in Indien auf 10.000 verdreifacht, in China auf 10.000 verdoppelt, während in Deutschland über 4.000 Arbeitsplätze vernichtet, die Zahl der Beschäftigten von 13.400 auf 9.100 verringert wurde. Und jetzt sollen weitere 2.900 Arbeitsplätze vernichtet werden.

Leppek kündigte an, dass sich "die nicht fortgeführten Aktivitäten" lautstark und unübersehbar bei Siemens-Chef Löscher melden werden. Auch wenn Siemens nichts mehr mit NSN zu tun haben wolle, so werde Siemens an seine Verantwortung für die Beschäftigten bei NSN erinnert werden. Noch dazu komme, dass sich Siemens von NSN trennen, aber gleichzeitig den kanadischen Netzwerkausrüster RuggedCom übernehmen wolle. Ab jetzt werde demonstriert, verhandelt und die Verantwortung von Siemens eingefordert, sagte Leppek.

Die IG Metall setzt darauf, dass Siemens-Chef Löscher einen ähnlichen Imageschaden wie beim Debakel um BenQ und das von Siemens aufgegebene Handy-Geschäft riskiert, wenn Siemens zum Ziel einer öffentlichen Kampagne wird.

Der Mensch geht vor Profit
Während Betriebsrat und IG Metall das NSN-Management für das Debakel verantwortlich machen, setzte der Vertreter der katholischen Betriebsseelsorge einen anderen Akzent. Pfarrer Ulrich Bensch war Initiator des "Forum der Solidarität", das im Jahr 2002 zur Unterstützung der um ihre Arbeitsplätze kämpfenden Siemens-Beschäftigten in der Münchener Hofmannstraße gegründet worden war. Bensch dazu: "Der damalige Siemens-Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer schrieb ein Buch über Profit und Moral. Der jetzige Vorstandsvorsitzende Peter Löscher stiftet einen Lehrstuhl für Wirtschaftsethik an der TU München. Angesichts dessen möchte ich doch fragen: Welche Grundlagen haben denn von Pierers Moral und Löschers Wirtschaftsethik? Rendite, Quartalszahlen und shareholder value sind kurzfristige Werte, gehen langfristig aber auf Kosten der Beschäftigten."

Auf der heutigen Kundgebung kritisierte er, dass Mitarbeiter wie Figuren hin- und hergeschoben werden. Aber "dahinter stehen Menschen mit ihren Gesichtern und Existenzen", klagte er an. Die Arbeit habe Vorrang vor dem Kapital und "die Wirtschaft muss dem Menschen dienen", forderte er unter großem Beifall der KollegInnen. Er erinnerte daran, dass es die menschliche Arbeit ist, die die Werte schaffe: "Was wären die Geldgeber ohne Beschäftigte?" Aus diesen Gründen stehe die Kirche an der Seite der Beschäftigten, des Betriebsrates und der Gewerkschaft. Mit "Solidarität macht stark" beendete er seine Rede.

KollegInnen meinten im Anschluss an die Kundgebung, dass es jetzt vorrangig um die eigene Zukunft und nicht um die "Liquidität und Rentabilität" eines "veränderten Unternehmens" gehe. Wenn schon die Geschäftsleitung ausdrücklich darauf hinweise, dass die "arbeitsvertraglichen Pflichten" einzuhalten wären, so zeige dies die Druckstelle des Unternehmens.

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Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

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