Ausgabe August 2013

Schweizer Katerstimmung

Die goldenen Zeiten der Schweiz sind offensichtlich vorbei: Die Armee muss sparen, das föderale System wie auch die direkte Demokratie werden unterhöhlt, und zu allem Überfluss verlangen die Vereinigten Staaten auch noch die bedingungslose Preisgabe des Bankgeheimnisses.

Der helvetische Niedergang schlägt insbesondere den Berufspatrioten – also etwa der Hälfte der Schweizer – schwer aufs Gemüt. Was bleibt, so fragen sie sich, am Ende noch von der guten, alten Schweiz? Ihre Selbstzweifel betäuben sie zwar hin und wieder mit einem Schluck aus der Alpenkräuterschnapspulle „Nation“. Aber der einstige Zaubertrank verhilft nur noch zu einem kurzzeitigen Rausch.

Die Unterhöhlung des Schweizer Föderalismus

Schon vor Jahren titelte eine Westschweizer Boulevardzeitung besorgt: „Qui aime encore l’armée suisse?“ – Wer mag die Schweizer Armee noch? Bis in die 1980er Jahre waren die ebenso selbstbewussten wie selbstgerechten Eidgenossen stolz auf die Stärke ihrer Milizarmee von rund 650 000 Mann (ohne Reserven); über mehr Soldaten verfügte damals in Europa nur die Sowjetunion. Tempi passati, denn auch die Armee spart an allen Ecken und Enden.

Doch damit nicht genug. Auch die Volksabstimmung über eine rigide Verschärfung des Asylrechts vom 10. Juni steht exemplarisch für die derzeitigen Schweizer Verhältnisse.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Mai 2024

In der Mai-Ausgabe analysiert Alexander Gabujew die unheilige Allianz zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping. Marion Kraske beleuchtet den neu-alten Ethnonationalismus und pro-russische Destabilisierungsversuche auf dem Balkan. Matthew Levinger beschreibt, wie Israel der Hamas in die Falle ging. Johannes Heesch plädiert für eine Rückbesinnung auf die demokratischen Errungenschaften der jungen Bundesrepublik, während Nathalie Weis den langen Kampf der Pionierinnen im Bundestag für mehr Gleichberechtigung hervorhebt. Und Jens Beckert fordert eine Klimapolitik, die die Zivilgesellschaft stärker mitnimmt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Demokratie im Ernstfall: 75 Jahre Bundesrepublik, 25 Jahre Berlin

von Albrecht von Lucke

Putins Zerstörungskrieg gegen die Ukraine, dazu die hoch gefährliche Eskalation in Nahost, außerdem millionenfache Flucht nach Europa aufgrund von Krieg und Vertreibung: Kurzum, wenn die Republik nun ihren 75. Geburtstag feiert, könnte sich die Lage kaum radikaler verändert haben.

Streichposten Adenauer, Brandt, Schmidt?

von Johannes Heesch

Der Berliner Adenauerplatz steht auf dem Prüfstand. Der Grund der „potentiellen Umbenennung“: In einem „Dossier zu Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen“, erstellt 2021 im Auftrag des Landes Berlin, fällt gleich an erster Stelle, alphabetisch bedingt und dennoch mit enormer Signalwirkung, der Name des ersten Bundeskanzlers der Bonner Republik.