Das Jahr 2012 ist in Südkorea ein Superwahljahr. Zunächst finden im April Parlamentswahlen statt, am 19. Dezember folgt dann die im Präsidialsystem des Landes deutlich wichtigere Neuwahl des Präsidenten. Die Überschneidung beider Wahltermine in diesem Jahr ist allerdings etwas Besonderes, denn Parlamentswahlen finden in Südkorea alle vier Jahre, die Präsidentschaftswahlen alle fünf Jahre statt. Zwar ist noch nicht endgültig entschieden, wer im Dezember gegeneinander antreten wird, doch klar ist schon jetzt: Bei den bevorstehenden Wahlen geht es um eine Richtungsentscheidung zwischen dem konservativen und dem liberal-progressiven Lager.
In den letzten fünf Jahren hat der konservative Präsident Lee Myung-bak die Agenda des Landes bestimmt. Die Bilanz seiner Amtszeit fällt indes gemischt aus. Denn das für die Wahl Lees im Jahr 2007 ausschlaggebende Versprechen, an das schnelle Wirtschaftswachstum vergangener Zeiten anzuschließen und das Bruttosozialprodukt Südkoreas bis 2012 auf 40 000 US-Dollar pro Einwohner zu erhöhen, hat sich als Seifenblase entpuppt: Zwar hat sich das OECD-Land Südkorea unter Lee weiter von der früher vorherrschenden Produktion industrieller Massengüter für den Export zu einer „reifen“ Volkswirtschaft mit Ausrichtung auf neue Geschäftsfelder wie Medizintourismus, Mobilkommunikation und Design entwickelt.