17.04.2012: Die Teilnahme von VertreterInnen aus Palästina am 26. Kongress der Kommunistischen Partei Israels, der vom 15. - 17. März 2012 in Haifa und Nazareth stattgefunden hat, war ein Zeichen für die enge Verbundenheit zwischen den KommunistInnen Israels mit den Menschen dort. Schon für das Gebiet Israels ohne Westbank und Gaza ist die Forderung nach gleichen Rechten der fast eineinhalb Millionen (17,7 Prozent) Menschen arabischer Herkunft von Bedeutung.
Die 1919 gegründete Kommunistische Partei Israels (bis 1949 als KP Palästinas) sieht es als eine ihrer aktuellen Aufgaben, für die Gleichheit der arabischen und jüdischen Bevölkerung zu kämpfen. Das wird auch in Bezug auf die Analyse der KP Israels und ihr Herangehen an die momentane Situation deutlich "dass der Sozialismus kein statisches System und keine endgültige Ordnung darstellt, sondern ein dynamisches soziales System der ständigen Weiterentwicklung und Erneuerung ist". In diesem Wissen wird bereits heute der Kampf um gesellschaftliche Veränderungen geführt. Sie strebt eine Stärkung und Festigung der Gemeinsamkeiten der linken Kräfte in Israel an. Sowohl parlamentarisch im Wahlbündnis der Chadasch als auch im außerparlamentarischen Kampf spielen die Forderungen nach Klärung der Grenzen zu Palästina eine wesentliche Rolle. Grundlegende Forderungen sind: Anerkennung von zwei Staaten in den Grenzen vom 4. Juni 1967, Widerstand gegen die Besetzung und Besiedelung des Gebietes der Palästinenser, volle Gleichberechtigung der arabischen Bevölkerung, jüdisch-arabische Partnerschaft, Opposition gegen alle nationalistischen Bestrebungen, Kampf für soziale Verbesserungen, für die Umwelt, die wirkliche Gleichberechtigung der Frauen.
Ein Besuch in Ramallah und Jifna macht die Dimension der auf dem Parteitag, aber auch von anderen Kräften in Israel als apartheidnah gebrandmarkten Regierungspolitik greifbar.
Bereits die zweistündige Fahrt aus Nazareth im Norden Israels in Richtung Jerusalem belegt die Ausgrenzung und Unterdrückung eines Teils der Bevölkerung. Immer wieder wird in geringer Entfernung entlang der Straße die neun Meter hohe und zudem mit Stacheldraht noch extra "gesicherte" Mauer sichtbar. Sie zieht sich über 700 km rund um das Gebiet, um Städte und Dörfer, in denen überwiegend Palästinenser wohnen. Manchmal ist sie durch Buschwerk und Grünpflanzen fast nicht zu sehen. "Sie haben die Mauer dekoriert" erzählt uns die begleitende Genossin, "damit sie den BesucherInnen des Landes, aber auch den Israelis, nicht so sehr ins Auge fällt." Zu erkennen ist sie doch - mit dem Hinweis auf mögliche Kontrollen bei der Ausreise wird davon abgeraten, sie zu fotografieren.
Diesen Rat gibt es ebenfalls bei der Anfahrt zum Kontrollpunkt, der die Einreise, an Jerusalem vorbei, Richtung Ramallah regeln soll. Mit Maschinengewehren und Kontrollen wird hier eine Grenze gezogen innerhalb des Staates Israel. Denn es gibt keine Bereitschaft der Regierungspolitiker, die Menschen in Palästina ihren eigenen Staat bilden zu lassen. So bedeutet dieser Checkpoint für die palästinensische Bevölkerung massive Behinderungen im täglichen Leben: jede Fahrt zur Arbeit, zur Schule, der Besuch bei Freunden und Verwandten führt zu stundenlangem Ausharren im Stau, zu Personenüberprüfung. Dieser menschenverachtende Umgang soll unterdrücken und die PalästinenserInnen zu einem Wegzug aus ihrem Land bewegen.
Die Fahrt durch die nächsten Orte wird mit Erklärungen über die jeweilige Kontrollzone begleitet. Es gibt drei unterschiedliche Bereiche, in denen entweder die Palästinenser, die Israelis oder beide gemeinsam die Polizeigewalt ausüben. Für die Menschen mit arabischer Herkunft heißt dies: sie dürfen sich nicht in den Gebieten der Israelis aufhalten, einkaufen usw. Israelis haben das Recht, sich überall zu bewegen. Doch wer tut dies, wenn in den palästinensischen Gebieten durch fehlende Warenlieferungen, durch Mangel an Baumaterialien, durch Sanktionen verschiedener Art, die Lebensbedingungen derart schlecht sind? Außerdem ist davon auszugehen, dass jüdische Siedler in diesem Gebiet kein Interesse an der Entwicklung von Gemeinsamkeiten mit der nichtjüdischen Bevölkerung haben. Die Politik der Besatzung durch die israelische Regierung hat zum Ziel, die Siedlungsgebiete der arabischen palästinensischen Bevölkerung weiter einzuschränken, um auf diese Weise auch eine Vormachtstellung in diesen Gebieten aufzubauen.
In Jifna wurde in einem Gespräch mit dem Generalsekretär Bassam Al-Salih und weiteren Vertretern der Palästinensischen Volkspartei (PPP) die aktuelle Situation dargestellt und die Forderungen dargelegt. Es geht der PPP um den Aufbau eines Staates in den Grenzen vom 4. Juni 1967. Die entsprechende UN-Resolution schreibt nicht die Kontrolle und Isolierung Palästinas durch Israel fest, sondern die Bildung eines Staates. Es geht nicht gegen den Staat Israel, nicht um die Debatte einer Minderheitenfrage und deren nationale Rechte in Israel, sondern um zwei eigene Staaten. Als Hauptstadt Palästinas soll Ost-Jerusalem anerkannt werden. Bis heute macht die Regierung mit ihrer Siedlungspolitik auch hier den Menschen ihr Recht auf Land und Wohnraum streitig. Wohnraum der arabischen Bevölkerung wird für illegal erklärt und abgerissen, um neue Siedlungen israelisch-jüdischer Bevölkerung zu bauen.
Zudem verfolgt Israels Regierung weiter die politische Absicht, große Teile der Westbank zu besetzen, um so einen eigenen palästinensischen Staat zu verhindern.
Dem treten die Vertreter verschiedener Organisationen mit dem gemeinsamen Versuch zur Aufrechterhaltung und Entwicklung der Lebensbedingungen für die palästinensische Bevölkerung entgegen. Eingeschränkte wirtschaftliche Möglichkeiten, schlechte Bildungs- und Arbeitsbedingungen, die sich aus der politischen Isolation ergeben, zeigen die Notwendigkeit von Verbesserungen für die Bevölkerung. Zur Zweistaatlichkeit sieht die PPP jedoch trotz aller Schwierigkeiten keine Alternative.
Um diese Frage voranzutreiben wurde der Sicherheitsrat der UN aufgefordert, die Unabhängigkeit Palästinas auf dem Territorium von 1967 zu erklären. Im Land selbst werden Aktionen und Aktivitäten des gewaltfreien Widerstands und des zivilen Ungehorsams gegen die israelischen Besatzer durchgeführt.
Andere Staaten werden aufgefordert sich für das Recht auf Selbstbestimmung Palästinas einzusetzen. Internationale Solidarität kann und muss erfolgen indem über die Lage in Palästina informiert wird. Aber auch internationale Aktivitäten zur Unterstützung der Aktionen gegen Besetzung, Besiedelung und Unterdrückung der Bevölkerung vor Ort können geleistet werden.
Bettina Jürgensen, Vorsitzende der DKP
siehe auch: Für Gleichheit und Frieden! - 26. Kongress der KP Israels
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