Kaum haben sich Israel und die Hamas auf einen Waffenstillstand geeinigt, kommt es im Nahen Osten erneut zu gewaltsamen Konflikten. Dieses Mal steigen jedoch nicht über dem Gazastreifen Rauchwolken auf, sondern direkt über dem Tahrirplatz in Kairo und vor dem Präsidentenpalast in Heliopolis.
Die Bilder von den Zusammenstößen der Anhänger des neuen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und seinen Gegnern gleichen denen des Arabischen Frühlings vor knapp zwei Jahren. Dabei sollte Mursi eigentlich den Übergang in die ägyptische Demokratie ebnen. Doch nach nur fünf Monaten Regierungszeit hat er das Land in eine weitere Staatskrise gesteuert und noch tiefer gespalten. Mursis Kritiker greifen nun sogar den Kampfslogan der Revolte gegen den früheren Staatschef Hosni Mubarak auf: „Das Volk will den Sturz des Regimes“. Es ist soweit gekommen, dass die Armee den Präsidenten mit Panzern schützen musste. Eine Fernsehansprache, in der Mursi vage zum Dialog aufrief, aber in der Sache keinen einzigen Schritt zurückwich, blieb ohne Wirkung auf die Opposition.
Noch ist der Ausgang dieses Machtkampfs offen. Fest steht aber schon jetzt: Setzen sich die Muslimbrüder durch, hat dies nicht nur dramatische Folgen für die ägyptische Gesellschaft, sondern auch für die Nachbarn Ägyptens – allen voran Israel.