Die in Brüssel, ging es jüngst durch die Gazetten, wollen das Gütesiegel „Made in Germany“ abschaffen. Oder wenn schon nicht abschaffen, dann wenigstens eingrenzen. Was soll das heißen? Wenn etwa in Tunesien nordafrikanische Arbeiter nach deutschem Konzept mit deutschem Know-how und finanziert mit deutschem Kapital Dinge herstellen, die in aller Welt verkauft werden sollen, dann soll man in aller Welt keinesfalls glauben, diese Dinge seien in Deutschland hergestellt worden. Denn, so denkt man in den europäischen Behörden, „made“ bedeutet nun einmal nicht „ausgedacht“, nicht „organisiert“, auch nicht „finanziert“, sondern „made“ bedeutet direkt „gemacht“ oder eben hergestellt. Und hergestellt ist das Teil aus Tunis nun einmal nicht in Germany, sondern in Tunesien.
Das ist eigentlich gar nicht falsch überlegt. Aber die Deutschen laufen dagegen Sturm. Und das aus gutem Grund. Schließlich wurde das Siegel „Made in Germany“ schon im 19. Jahrhundert von den Briten eingeführt, um deutsche Exporte auf die Insel zu erschweren. Man glaubte tatsächlich, man könnte einen moralisch begründeten, selbsttätig wirksamen Boykott gegen Waren erreichen, auch wenn diese einfach gut sind oder gar besser als das eigene Angebot. Und das in kapitalistischen Ländern!
Das ging natürlich schief. Was als diskriminierende Kennzeichnung, als Brandmarkung vorgesehen war, erwies sich bald als beste Werbemaßnahme für das bei der Erfindung von Werbemaßnahmen eher selten erfolgreiche Deutschland. „Made in Germany“ war sofort der große Bringer. Es passte einfach. Die Deutschen sind seit alters her ein Volk von Handwerkern. Pünktlichkeit, Gründlichkeit, Haltbarkeit – als Handwerker leisten die Deutschen ihr Bestes. Auch die deutschen Universitäten wurden einst nach dem Vorbild der Zünfte aufgebaut und blieben im Grunde Handwerksbetriebe bis 1968. Erst die 68er wollten keine Handwerker mehr sein und lehnten Sprüche wie „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ rundweg ab. Die Universitäten sind dadurch vielleicht nicht besser geworden. Aber die Handwerker haben immer noch alles Recht, für ihr „Made in Germany“ zu kämpfen.
Was in Tunesien oder sonstwo geschieht, ist dabei natürlich nicht ihre Sache. Die Engländer verzichten ja auch nicht darauf, den alten Shakespeare aus Stratford als Verfasser des Hamlet oder des Sommernachtstraums zu feiern, obwohl auch sie wissen, dassEdward de Vere diese Stücke schrieb. Auch das zeigt die Macht erfolgreicher Werbemaßnahmen.
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