Zensur im Grün/Roten Baden-Württemberg?!

Thomas Meyer-Falk 31.03.2014 16:14
Die JVA Freiburg ( http://www.jva-freiburg.de), in Gestalt ihres Anstaltsleiters hat am 13.03.2014 mitgeteilt, sie verbiete dem Politmagazin KONTRASTE (ARD) mich im Rahmen eines Fernseh-Interviews zum Thema Isolationshaft zu befragen.
Zensur im Grün/Roten Baden-Württemberg?!

Die JVA Freiburg ( http://www.jva-freiburg.de), in Gestalt ihres Anstaltsleiters hat am 13.03.2014 mitgeteilt, sie verbiete dem Politmagazin KONTRASTE (ARD) mich im Rahmen eines Fernseh-Interviews zum Thema Isolationshaft zu befragen.

Vorgeschichte

Wie mir Markus P., vom Rundfunk Berlin-Brandenburg Ende November 2013 schrieb, recherchiere man derzeit zum Thema Einzelhaft; angestoßen von einem Fall in Bayern, wo ein Brüderpaar, welches einen Polizisten erschossen haben soll, in Einzelhaft saß. Raimund M.,einer der Brüder, wurde durch die Isolation schwer geschädigt ( https://linksunten.indymedia.org/node/100078).Bei den Recherchen sei man auch auf meine Publikationen zum Thema Isohaft gestoßen und wolle mich deshalb interviewen.
Nachdem ich mein Einverständnis erklärte, wurde Anfang Dezember 2013 durch den rbb bei der JVA Freiburg ein Antrag auf Genehmigung gestellt.

Die Entscheidung des Anstaltsleiters E:

Am 13.03.2014, immerhin fast drei Monate nach Antragstellung, ließ der Anstaltsleiter E., durch seinen Beamten, Hauptsekretär M.mitteilen, man lehne ein solches Interview ab. Um jedoch der „ hohen Bedeutung“ der Pressefreiheit zu entsprechen, stehe es dem Journalisten frei, mich ohne Kamera und ohne Tonbandgerät zu besuchen. Ein TV-Interview sei geeignet meine Resozialisierung zu gefährden, insbesondere eine unzutreffende „Märtyrer“-Haltung zu unterstützen.

Die Klage

Gegen diese Entscheidung habe ich am 17.03.2014 bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg, Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt (AZ.13 StVK 158/14). Einleitend teilte ich mit, dass die Anstalt kein Problem damit habe Sexualtätern Pressetermine zu gestatten, so z.B. einem Mitverwahrten, der für eine Reihe zdf_neo interviewt wurde, es also eine willkürliche Ungleichbehandlung darstelle, mir ein TV-Interview zu verbieten.

Ich hielt in dem Schriftsatz der JVA vor, sie versuche das Bild in der Öffentlichkeit zu manipulieren, in dem sie einem Menschen, der viele Jahre selbst in Isolationshaft saß und deshalb über deren schädliche Folgen authentisch berichten könne, verbiete, sich in einem solchen TV-Interview zu äußern; zumal in einem ARD-Politmagazin, welches nicht dafür bekannt sei, einseitige Propaganda von Gefangenen zu verbreiten, weshalb durchaus gewährleistet sei, dass die Berichterstattung ausgewogen verlaufen werde.

Bewertung

Ob es sich in rechtlichem Sinne um Zensur handelt (denn eigentlich verbietet Artikel 5 Abs.1 Grundgesetz jegliche Zensur) mag dahin stehen. In politischem Sinne ist es allemal eine solche, denn der Anstaltsleiter will verhindern, dass die unbestreitbar gegebenen schädlichen Folgen lang dauernder Isolationshaft - und auch in der JVA Freiburg wird an vielen Gefangenen Isohaft vollstreckt - medial breit bekannt werden, dass aus erster Hand jemand darüber berichtet.

Spannend ist, dass diese Entscheidung unter der Regierung von Grün/Rot (in Stuttgart regiert bekanntermaßen eine solche Koalition) gefällt worden ist; zweier Parteien die mit Verve Zensur und unmenschliche Haftbedingungen in anderen Staaten anprangern. Aber wenn es um den eigenen grünen Vorgarten geht, wird man schnell recht schmallippig.


Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA (SV-Abt.)
Hermann-Herder-Str.8
79104 Freiburg

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Ergänzungen

In Philadelphia gab es sowas auch schon mal

ein Name 01.04.2014 - 09:47
In den 1990ern klagte der gefangene Journalist Mumia Abu-Jamal gegen ein ähnliches Verbot, interviewt zu werden. Er führte an, dass es eine Ungleichbehandlung sei, wenn es ihm verboten würde, während es anderen erlaubt sei. Ein Gericht gab ihm Recht - es war übrigens das einzige Mal, dass der inzwischen seit über 32 Jahren inhaftierte Journalist vor einem Gericht gewann.

Nachdem es 1995 zum ersten Mal durch internationale Proteste gelang, Mumia vor der Hinrichtung zu retten, war die Behörden in Philadelphia sehr erschrocken, dass sie ihre bis dahin widerstandlos praktizierte Lynchjustiz nicht mehr einfach so durchziehen konnten. Sie machten dafür die Medien verantwortlich und entwarfen ein Gesetz, dass inzwischen ALLEN Gefangenen im US Bundesstaat Pennsylvania (Philly ist dort die Hauptstadt) verboten ist, gefilmt, fotografiert oder aufgenommen werden.Sie nannten das umgangssprachlich "Lex Mumia".

Mal sehen, welche Lösung Grün/Rot nun in diesem Fall einfällt. Auf jeden Fall braucht Thomas hier öffentliche Unterstützung, denn es geht dabei nicht nur um ihn sondern um generelle Gefangenenrechte.

viel Glück!!!!!!!!!!

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