31.03.12 – [CZ] Nazis,Bürger_innen gemein

Solidarity with Czech Roma 06.04.2012 10:24 Themen: Antifa Antirassismus Freiräume Globalisierung Soziale Kämpfe
31. März 2012 – Nazis und Bürger_innen gemeinsam gegen Romas in Varnsdorf

Etwa 150 – 200 „anständige Bürger_innen“ fanden sich bei nasskaltem Wetter am 31. März 2012 auf dem Beneš-Platz in Varnsdorf ein. (Bild 1 und 2) Die Veranstalter hatten mehr Teilnehmer_innen erwartet.
Dieses Mal wurde gegen "Wohnghettos" der Roma protestiert. „Hintergrund ist die Auflösung eines der beiden Varnsdorfer Roma-Wohnheime, in dem diese über Jahre lang auf engstem Raum leben mussten. Der Auszug aus dieser eigentlich als Obdachlosenheim firmierenden Unterkunft wurde ihnen, u.a. durch das Vorenthalten von Wohngeldzahlungen für normale Wohnungen, systematisch verwehrt. Aufgrund öffentlichen Drucks hat die tschechische Regierung diese gesetzeswidrige Praxis nun offensichtlich unterbunden.“, so Juliane Nagel von der Leipziger Initiative gegen die Diskriminierung von Roma, die sich u.a. in Tschechien engagiert.
Damit wird es möglich, dass die Roma in menschenwürdigere Wohnungen umziehen können. Auch wenn das Wohngeld nicht für die gesamten Mietkosten reicht und die Familien noch etwas zuzahlen müssen, sind sie mit der neuen Wohnsituation zufrieden.
Auf dem Beneš-Platz wurden in Hassreden die Roma immer wieder als „Parasiten“ bezeichnet. (Bild 3 Redner) Diese Äußerungen wurden von den „anständigen Bürger_innen“ bejubelt. Viele Redner warfen den Ämtern und Politikern Untätigkeit vor, wenn es um Probleme in sozial schwachen Regionen geht.
Petr Heinrich, scheinbar der Anmelder der Veranstaltung, las einen offenen Brief vor. In diesem, der vor Ort unterzeichnet werden konnte, wird die Prager Regierung aufgefordert, die Entstehung von „Wohnghettos“ zu verhindern. Bürger_innen verkündeten mittels Transparent „Wir geben nicht auf“. (Bild 4)
Kurz nach Beginn der Kundgebung kam ein Kleinbus der „Národní rada“ (Nationalrates / Real Democracy (Národní rada / Skutečné demokracie) mit Volksmusik angerauscht, der für Verwirrung sorgte. Dies waren Anhänger einer Bürgerinitiative, des so genannten "Holešov Appeal" („Aufrufs von Holešov“), der gegen das Kabinett Nečas gerichtet ist und die Regierung mittels Hungerstreik zum Rücktritt zwingen will. Als Anführer der Truppe, die in Varnsdorf ankam, kann der Prager Taxifahrer Zdenek Ponert angesehen werden. (Bild 5)
Ihre Forderungen sind unter anderem der Rücktritt der Regierung und die Ernennung von Experten für eine Übergangsregierung und den Stopp der Reform des Rentensystems und der Veränderungen im sozialen, medizinischen und pädagogischen Bereich.
Diese „ethnischen Tschechen“ vertreten die Forderung: "Der tschechische Staat sollte sein Bestes tun, um sicherzustellen, dass wir weiterhin die Mehrheit hier sind. Wohlfahrt (Sozialleistungen, Anm. der Autorin) sollte nur Weißen bezahlt werden", wie die lokale Tageszeitung Děčínský deník einen der Anhänger des "Holešov Appeal" zitiert. Die Anhänger der „Národní rada“ hielten während der Kundgebung Schilder mit der Aufschrift „Die Medien lügen“. (Bild 6)
Die in der „Národní rada“ vertretenen Gruppen waren des öfteren schon bei antiziganistischen Demonstrationen dabei.
Die von Lukáš Kohout für den Anschluss angekündigte Demonstration fand nicht statt. (Bild 7) Daran hatte niemand Interesse. Bei der Abreise des Lautsprecherwagens der „Národní rada“ wurde dieser durch die Polizei kontrolliert und anschließend aus der Stadt eskortiert. (Bild 8)

Ein weiterer Artikel, der sich mit den Ereignissen am 31. März 2012 in Varnsdorf auseinandersetzt, finden Sie unter  http://jule.linxxnet.de/index.php/2012/04/burgerinnen-und-nazis-gegen-roma-in-tschechien/

Solidarität!
Auf Seiten der Menschen, die sich seit dem Beginn der antiziganistischen Demonstration solidarisch mit den Sinti und Roma in der Region Sluknov zeigen, ist die Solidarität nach wie vor ungebrochen.
So wurden am 03. April 2012 erneut Sachspenden den Roma nach Varnsdorf übergeben. Schuhe, Bekleidung aber auch Stifte und Schreibblöcke, Lineale, Spitzer, Dreiecke im Wert von über 600 Euro wurden übergeben. (Bild 9)

In Chemnitz, Leipzig, Dresden, Bautzen und vielen weiteren Orten gibt es nach wie vor Menschen, die die Lage der Betroffenen nicht vergessen haben. Auf tschechischer Seite wird die Initiative „Solidarity with Czech Roma“ von Aktivisten aus Novy Bor, Liberec und Prag unterstützt. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür – Dekuje.

Wenn ihr helfen wollt, weitere Ideen und Hinweise habt, dann schreibt diese an:
solidarity-with-roma[at]riseup.net
Den Pgp-Schlüssel findet ihr bei subkeys.pgp.net.
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Ergänzungen

Danke und Solidarität

Dein Name 06.04.2012 - 23:19
Danke für die Berichte. In anbetracht der heiklen Lage vor Ort Hut ab vor eurem wirklich guten Konzept und der praktischen Solidarität! Diese kontinuierliche, jetzt doch recht lange Arbeit gehört mit zu den besten Sachen, die die linke Szene hier gemacht hat. Auch wenn es keinen knalligen Erfolg gibt - sehr toll, was ihr macht! Danke dafür.