(B) Protest gegen BER-Flughafenknast

keinasylknastbbi 27.04.2012 07:17 Themen: Antifa Antirassismus Repression Weltweit
Es ist soweit, noch knapp einen Monat dann soll der neue Hauptstadtflughafen Willy Brandt Berlin-Brandenburg-International in Schönefeld eröffnen. Von riesigen Werbeflächen grinst das SPD-Urgestein als Namensgeber die BewohnerInnen Berlins an, während er den erwünschten Berlin-Gästen die Hände schüttelt oder sie Willkommen heißt. Was dabei verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass dieses neue Tor zur Welt für viele „unerwünschte“ Menschen das jähe Ende einer langen Flucht bedeuten wird. Der neue Airport wird der Ort sein an dem sie an den europäischen Außengrenzen scheitern und ohne etwas verbrochen zu haben im Flughafenknast eingesperrt und in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. Im Flughafenasylverfahren wird binnen kürzester Zeit entschieden ob diese Menschen der BRD nützen und ein ordentliches Asylverfahren „genießen“ können oder gar nicht erst einreisen dürfen. Aber noch gibt es Spielräume für Protest: Der Knast mit 30 Haftplätzen ist wohl noch nicht fertig und auch in der Regionalpolitik ist das Flughafenverfahren mehr und mehr umstritten.
Unwürdig und rechtswidrig

Am Flughafen Schönefeld wird es, wie auch schon in Frankfurt und Düsseldorf, einen Asylknast zur Durchführung des so genannten Flughafenverfahren geben. Der Umbau dafür gedachter Baracken auf dem Flughafengelände in der Nähe Kirchstraße / Feuerwache Nord hat angeblich diese Woche begonnen (die Pressestelle der Flughafengesellschaft macht da widersprüchliche Angaben). In diesem Knast, der von der privaten Sicherheitsfirma B.O.S.S. im Auftrag des Landes Brandenburg betrieben wird, werden Kinder und Erwachsene nach ihrer Ankunft, im Transitbereich noch vor der Einreise festgehalten. Denn Flüchtlinge sind in Deutschland unerwünscht.

Den Schutzsuchenden wird ihre einzige Chance hier Aufenthalt zu erlangen gleich erschwert:Die Asyl-Schnellbefragung der Angereisten, hindert diese an einem regulären gesetzlichen Asylverfahren, das ihnen wenigstens eine gewisse Vorbereitungsfrist ermöglichen würde, um ihre Fluchtgründe vorzutragen. Das Bundesamt für Migration (Teil des Innenministeriums) entscheidet binnen zwei Tagen über das Asylgesuch. Gerade mal drei Tage Zeit bleiben dann noch um dagegen zu klagen. Die Beschleunigung des Verfahrens bei gleichzeitiger Inhaftierung auf dem Flughafen machen es den Flüchtlingen faktisch unmöglich Asyl zu erhalten. Die Flughafenasylverfahren, gab es in sehr geringer Anzahl auch bisher in Berlin-Schönefeld – doch mit Ausbau zum Großflughafen und der Errichtung der neuen Haftanstalt wurden jetzt die Weichen gestellt für eine massive Ausweitung dieser Maßnahme.

Beteiligt sind unterschiedliche Stellen und Behörden: Formal ist die Bundespolizei für die Flüchtlinge zuständig, aber auch die Flughafenpolizei des Landkreises Dahme-Spree und die Airport-Secruity werden mitmischen. Für die Asylentscheidung ist das Bundesamt für Migration (Außenstelle in Eisenhüttenstadt bzw. Büroräume im Flughafenknast) zuständig, während die Ausländerbehörde des Landkreises das Asylverfahren betreut und das zuständige Amtsgericht in Königs Wusterhausen über die Eilanträge entscheidet.

Für den reibungslosen Betrieb des Knastes soll die Sicherheitsfirma B.O.S.S. sorgen. Diese Firma ist sozusagen Abschiebungs-Allround-Dienstleister und betreibt schon die Zentrale Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt (ZAST).Von Putzen und Catering bis zum Sicherheitspersonal bietet B.O.S.S. sogar die so dringende Sozialberatung. Aus der ZAST in Eisenhüttenstadt gibt es seit Jahren Beschwerden zur sozialen und interkulturellen Kompetenz der Secruitys. In einem maximal verkürzten und unfairen Asylverfahren ist jede Beratung und Hilfestellung essentiell. Unabhängige Beratungsstellen wird mit dem Argument die Beratung vor der Asylanhörung verweigert, dass sie die Flüchtlinge womöglich Tipps zur Darstellung der Fluchtgründe geben könnten. Von den B.O.S.S. Secruitys ist diese Hilfestellung sicher nicht zu erwarten.

B.O.S.S. ist Teil der sehr viel größeren Firma ASK Allgemeine Sicherheits- und Kontrollgesellschaft, die seit 1991 ihren Sitz in Berlin hat. Sie rühmt sich auf ihrere Internetpräsenz auch für die Sicherheit auf Flugplätzen zu sorgen.Unabhängig davon, dass es Firmen gibt, die an der unmenschlichen Behandlung von Flüchtlingen ordentlich verdienen: Der privatisierte Knast auf dem Flughafen ist der öffentlichen Kontrolle entzogen. Vertraglich gebunden sei das Land Brandenburg an diesen Dienstleister, heißt es seit Jahren. Das Brandenburger Innenministerium wolle aber bei der Neuausschreibung 2013 die social skills berücksichtigen.

„erBERmlich“

Nachdem die Verantwortlichen neben dem Bundesinnenministerium also die Landeregierungen von Berlin und Brandenburg sich über die letzten Wochen in einem Verantwortungs-Ping-Pong ergangen haben und sich niemand verantwortlich fühlen wollte, scheint sich jetzt etwas zu bewegen. Der Druck auf Berlins Bürgermeister Wowereit (bisher auf CDU-Linie und ein Befürworter des Flughafenasylverfahrens) und Landes-SPD hat wohl dazu geführt, dass sich immerhin die Landesarbeitsgemeinschaft für Migration der SPD (LAG) gegen das Flughafenverfahren und gegen den neuen Knast ausgesprochen haben. Welche Handlungen daraus entstehen bleibt nebulös. Vorher hatten bereits die Oppositionsparteien in Berlin derartige Lippenbekenntnisse abgegeben.

Ähnlich in Brandenburg. Dort positionierten sich Ende Februar die Grünen und die Linke, wie auch die SPD mit einem Landtagsbeschluss gegen das Flughafenverfahren und planen angeblich eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung dieses rassistischen und unfairen Verfahrens. Doch Konkretes ist nicht in Sicht. Statt dessen fordert Innenminister Woidke die Zivilgesellschaft auf den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen und lehnt sich ideenlos und unambitioniert zurück. Man hoffe auf die Neuregelung der Aufnahmerichtlinien auf EU-Ebene und auf den Straßen-Protest. Der bisherige Protest und die Stellungnahmen großere Verbände und Kirchen hat also zu einem gewissen Positionierungszwang bei den verantwortlichen Landesregierungen geführt. Doch bisher machen sie keinerlei Anstalten um ernsthaft gegen den Asylknast und die ihn vorschreibenden rassistischen Gesetze auf Bundesebene vorzugehen. Allein die Haftbedingungen könnte man beeinflussen hieß es. Unbegleitete Minderjährige sollen beispielsweise nicht in dem Knast untergebracht werden.

Turbulenzen

Der Protest gegen den Asylknast ist breit aufgestellt: Von antirassistischen Initiative und linksradikalen Gruppen bis zu Amnesty International und kirchlichen Vereinigung regt sich Widerstand. Eine beachtliche Zahl von Sozialverbänden, Anwalts- und Richtervereinen, der Ärztekammer und gewerkschaftlichen Gruppen haben sich gegen die seit 1993 angewandte Praxis an fünf deutschen Flughäfen ausgesprochen. Eine Posterkampagne („erBERmlich“) und viele kleinere Aktionen sollen in Berlin den Hype um den neuen Flughafen entzaubern und deutlich machen, dass die weltoffene Stadt Berlin ein schnell zu entlarvender Fake ist. Rassistische Ausgrenzung und Abschottung sind hier allgegenwärtig. Die Hauptstadt reiht sich ein in den schärferen Ton, der unverholen mitlerweile auch EU-BürgerInnen hierzulande trifft. Bundesinnenminister Friedrich ist drauf und dran im deutschen Interesse das Flughafenverfahren in der ganzen EU einzuführen und Internierungslager für Flüchtlinge aus Nordafrika in Griechenland hochzuziehen. Der Flughafenknast ist nur ein kleiner Baustein dieses Abschottungsregimes. Am 28. April soll dagegen im Regierungsviertel demonstriert. Starten soll die Demonstration um 14 Uhr am Potsdamer Platz. Die Demo führt an vielen involvierten Akteuren vorbei schreibt das Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg: An verschiedenen Landesvertretungen und dem Sitz der EU Kommission soll deutlich gemacht werden das der Asylknast in Schönefeld Teil eines großen Ganzen ist.

Es muss deutlich gemacht werden, dass das Flughafen verfahren und der zur Durchführung nötige neue Knast ein weiterer Teil der rassistischen Abschiebemaschinerie der BRD sind. Es reicht sicher nicht dieses Verfahren und den Bau zu verhindern, sondern es geht darum alle rassistischen Sondergesetze abzuschaffen. Es muss schluss sein mit den Lippenbekenntnissen und Profilierungsbemühungen der Parteien. Konkrete Handlungen sind gefragt, um die weitere Abschottung der EU zu verhindern und die von der deutschen Regierung angestrebte Vorreiterrolle in dieser Frage zu entlarven und zu kippen.

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Ergänzungen

weiter gehts

alles 27.04.2012 - 17:56

Revolutionär?

Demokrat 29.04.2012 - 17:33
Nur eine kurze Zwischenfrage.

Wer von euch ach so revolutionären "Alles schlimm Findern" hat denn gegen die Verfolgung in der D"D"R, Sowietunion, Kuba und und und demonstriert.

Aber ach! Da hätte man ja Strafen zu erwarten gehabt.

Und so "revolutionäre" ist man denn doch nicht!

Oder???

Ihr seid einfach Opportunisten, nichts weiter.

demokratisch?

Revolutionär 01.05.2012 - 01:51
DDR ist schlimm, hab ich damals in der Schule gelernt, und das Verwerflichste daran war die Grenze, wo so viele Menschen getötet werden, nur weil sie ein besseres Leben im Westen suchten. Insgesamt kamen da über 900 Leute um. Was lernt Ihr denn heute so in der Schule über die EU-Außengrenzen mit inzwischen über 30.000 Toten?

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immer das gleiche — dr. ogen