Berlin-Neukölln: Zeit etwas zu tun!

Neukölln gegen Nazis! 03.12.2011 19:45 Themen: Antifa
Zu einer Kundgebung gegen die jüngsten Brandanschläge und für Solidarität mit dem betroffenen Anton-Schmaus Haus versammelten sich heute am U-Bahnhof Britz-Süd in Berlin-Neukölln etwa 100 Antifaschist_innen aus verschiedenen Spektren. Die Öffentlichkeit des Einkauftrubels wurde genutzt um mehrere hundert Informationsflyer an Passant_innen zu verteilen. In Redebeiträgen wurde die deutliche Botschaft formuliert: Es ist Zeit etwas zu tun!
Am Morgen des 9. Novembers hatten Neonazis an sechs Stellen der Fassade des Anton-Schmaus Hauses mittels Grillanzündern und Brandbeschleuniger Feuer gelegt. Das Jugendzentrum der „Falken“ war wegen Sanierungsarbeiten geschlossen und sollte Anfang Dezember wiedereröffnet werden. Das Feuer wurde von Bauarbeiter_innen, die mit der Behebung der Schäden eines ersten Brandanschlags im Juni beschäftigt waren, gerade noch rechtzeitig entdeckt, um Schlimmeres zu verhindern.

Da die Täter_innen sind aller Wahrscheinlichkeit nach in der Neuköllner Neonaziszene zu suchen sind, stellte die Antifaschistische Initiative Moabit im ersten Beitrag die wesentlichen Protagonist_innen vor und verwies darüber hinaus insbesondere auf die enge Verzahnung von NPD und Kameradschaftsszene hin. Die Neonazistrukturen im Süden Neuköllns sind gut vernetzt mit ihren „Kameraden“ im angrenzenden Umland. Diese Kooperation besteht nicht zuletzt im Export von Brandstiftung und Gewalt. Als im Januar 2010 im Brandenburgischen Zossen das „Haus der Demokratie“ von Neonazis niedergebrannt wurde führt eine Spur auch nach Rudow zu dem wegen Brandstiftung vorbestraften Julian Beyer. Aktuell wurde Daniel Teich, führendes Mitglied der mittlerweile verbotenen neonazistischen „Freien Kräfte Teltow-Fläming“, als einer der mutmaßlichen Drahtzieher zu einer Haftstrafe verurteilt.

Die mit seinem Namensgeber verknüpfte antifaschistische Tradition des Falken-Hauses in Britz legte die Berliner VVN-BdA dar. Anton Schmaus war Mitglied der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und der Reichsbannerjugend. Als er im Zuge der Köpenicker Blutwoche als Gegner des NS-Regimes von SA-Leuten verhaftet werden sollte, erschoss er drei von ihnen und stellte sich der Polizei, die ihn jedoch der Folter durch die SA auslieferte. Am 16.Januar 1934 starb Schmaus an den Folgen.

Das Mord und Terror bis heute fester Bestandteil des neonazistischen Weltbildes, stellt die von der Thüringer Neonazi-Zelle verübte Mordserie an migrantischen Kleinunternehmern deutlich unter Beweis. Neonazis gehen gezielt und äußerst gewalttätig gegen Menschen vor, die in ihren völkischen Vorstellungen keinen Platz finden. Dass es eine effektive Bekämpfung von neonazistischer Gewalt nur durch die Überwindung ihrer gesellschaftlichen Ursachen möglich ist, stellt die Autonome Neuköllner Antifa in ihrem Beitrag klar. 50 000 Menschen die in Jena einigen abgehalfterten Deutsch-Rockern dabei zu sehen wie sie „für eine bunte Republik Deutschland“ über die Bühne trotten, sind eher ein Teil des Problems als der Lösung. Während Antifaschist_innen kriminalisiert werden und zivilgesellschaftliche Initiativen durch eine Extremismusklausel drangsaliert werden, haben deutsche Sicherheitsbehörden über V-Leute große Mengen an Geld in den Ausbau neonazistischer Strukturen gepumpt.

Nach der Einlage einer Samba-Gruppe, die bis zu dessen vorläufigen Schließung in Folge der Brandanschläge im Anton-Schmaus Haus geprobt hatte, betonte die Gruppe Fels in einem anschließenden Statement auf die Notwendigkeit von antifaschistischen Engagement und rief auch im nächsten Jahr zur Beteiligung an den Blockaden gegen den Neonazi-Großaufmarsch in Dresden im Februar auf. Während der gesamten Kundgebung wurden hunderte Informationsflyer an Passant_innen verteilt, die auf das Problem von Neonazigewalt auch im Stadtteil Britz aufmerksam machten. Ein gut gefüllter Infotisch rundete das überwiegend gut angenommene Informationsangebot ab.

Nach etwas mehr als einer Stunde und bei beginnendem Regen endete die Kundgebung schließlich ohne besondere Zwischenfälle. Ein klares Signal, dass viele Antifaschist_innen auch in Zukunft nicht gewillt sind neonazistische Brandanschläge unwidersprochen hinzunehmen.

Fotoquelle: Flickr
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Ergänzungen

Auch auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt

Miriam 04.12.2011 - 22:57
mahnten ca. 12 Leute an die Opfer der rassistischen Morde des gerade in den Schlagzeilen stehenden Neonazi-Trios.

Und:
AUFRUF ZUR DEMO: Bündnis gegen Rassismus


• Termin: Samstag, den 10. Dezember 2011 (Internationaler Tag der Menschenrechte)
• Auftakt: 11 Uhr, Karl-Liebknecht-Straße am Alexanderplatz - Marx-Engels Forum
• Ende: 13:30 Uhr, Platz des 18. März

Jetzt auf die Straße gehen!

Enver Şimsek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Yunus Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat wurden zwischen 2000 und 2006 von Neofaschisten kaltblütig ermordet.

Es ist an der Zeit Tacheles zu reden!

 http://www.migrationsrat.de/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=61


Bilder zu Daniel Teich und Prozessauftakt

boeseraltermann 05.12.2011 - 15:09
Ergänzend zum Artikel hier Bilder zum Prozessauftakt gegen Daniel Teich.

 http://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/sets/72157628128043711/