[Bielefeld] Mal wieder Bismarck-Kommers

Frauke Meier 08.03.2012 00:23 Themen: Antifa Bildung Gender Soziale Kämpfe
In Bielefeld steht wieder mal der jährliche "Bismarck-Kommers der Bielefelder Korporationsverbände" an. Erstmals wurde in diesem Jahr die örtliche extrem rechte "Burschenschaft Normannia-Nibelungen" mit einem Hausverbot für die Veranstaltung belegt. Unabhängig davon rufen studentische und zivilgesellschaftliche Gruppen wie in den beiden vergangenen Jahren zu Protesten gegen das Treffen der Studentenverbindungen auf. Im Mittelpunkt des Geschehens steht diesmal eine bisher als sehr liberal bekannte Kirchengemeinde.
[Erstveröffentlichung für Indymedia]

Am Abend des 09.03.2012 soll der "72. Bismarck-Kommers" im Gemeindehaus der "Neustädter Marienkirchengemeinde" in der Bielefelder Innenstadt stattfinden. Dass in diesem Jahr nicht der traditionelle Veranstaltungsort in der prestigeträchtigen Bielefelder Stadthalle gewählt wurde, soll nach Informationen aus Verbindungskreisen finanzielle Gründe haben. Ausrichter in diesem Jahr ist keine aktive Studentenverbindung, sondern ein Zusammenschluss von "Alten Herren" verschiedener Dachverbände, darunter der CDU-Fraktionsvorsitzende des Bielefelder Stadtteils Brackwede, Herbert Braß ("Witikobund").

Nach Bekanntwerden des Veranstaltungsortes haben zahlreiche Personen und Initiativen gegenüber der evangelischen Kirchengemeinde die Absage des "Bismarck-Kommers" in den Gemeinderäumen gefordert, darunter die Bielefelder Studierendenpfarrerin und mehrere Gemeindemitglieder. In einem offenen Brief schlossen sich die Bielefelder ASten und weitere Gruppen dieser Forderung an. Daraufhin erteilte die Gemeinde zwar der "Burschenschaft Normannia-Nibelungen" und ihren Mitgliedern Hausverbot, konnte sich jedoch nicht dazu durchringen, ihr Gemeindehaus für die gesamte Veranstaltung zu sperren.

Die korporierten Veranstalter ihrerseits hatten zwar - wie bereits im vergangenen Jahr - keine Einladung an die extrem rechten Burschenschafter ausgesprochen, deren faktische Teilnahme bei Erscheinen aber auch nicht ausschließen wollen. Auch sonst liegt (nicht nur im Bielefelder) Verbindungswesen weiterhin einiges im Argen. Neben dem sexistischen Normalzustand und der antidemokratischen Struktur und Ausrichtung zählen dazu bei einigen der Korporationen, die weiterhin zum "Bismarck-Kommers" im evangelischen Gemeindehaus eingeladen sind, auch völkisch-nationalistische Tendenzen.

Darauf weisen die Studierendenvertretungen, Gewerkschaften, Parteien und Initiativen hin, die nun zu einer Mahnwache "für die Opfer neonazistischer Gewalt, rechtskonservativer Politik und der Unkultur des Wegsehens" vor dem Veranstaltungsort aufrufen und damit ausdrücklich auch die unschlüssige Kirchengemeinde in ihren Protest einbeziehen.

Die Mahnwache gegen den "Bismarck-Kommers" beginnt am 09.03.2012 um 19.30h am Papenmarkt in der Bielefelder Altstadt.

Ausführliche Informationen zum Thema:
 http://bismarck.blogsport.de
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Ergänzungen

Kleine Korrektur

Anonymous 09.03.2012 - 11:27
Dem Autor fehlt offenbar etwas Sachkenntnis.

Korporationen sind Basis-demokratisch.
Jedes Mitglied nach der Probezeit hat eine Stimme, uneingeschränktes Antragsrecht und kann sich in jede Funktion wählen lassen.

Jeder "Amtsträger" muss sich zu jeder Zeit verantworten und kann zu jeder Zeit per Antrag seiner Funktion enthoben werden.

Wo geht es demokratischer zu?

sachkenntnis

ich 09.03.2012 - 15:25
"probezeit"
"funktion"
"amtsträger"

witziges demokratieverständnis.

Sachkenntnis

Wingolfit 10.03.2012 - 11:34
Die Verfasserin hat schlecht recherchiert. Sie verwechselt Witigo-Bund mit Wingolfsbund.
Herr Braß ist Mitglied der Studentenverbindung Wingolf.
Der Wingolf ist eine farbentragende, nicht schlagende Studentenverbindung, deren Mitglieder unter Achtung ihrer Konfessionszugehörigkeit danach streben, ihr Leben auf Christus zu gründen und in ihrer Lebensgemeinschaft Freundschaft und wissenschaftlichen Geist zu pflegen. Dieser Grundsatz ist weit weg vom Rechtsextremismus. In Protestaktionen dagegen reihen sich Mitglieder nahtlos ein, sind sie doch gegen jede Art von Hetze.
Übrigens sind Studentenverbindungen eine der ältesten demokratisch verfaßten Gemeinschaften in Deutschland.
Das hätte die Verfasserin wissen können, wenn sie sich besser informiert hätte.

Korrektur

Frauke Meier 11.03.2012 - 15:24
Mir ist in dem obenstehenden Artikel leider ein Übermittlungsfehler unterlaufen. Der CDU-Stadtteilabgeordnete Herbert Braß gehört NICHT dem revanchistischen Witiko-Bund an. Er ist vielmehr "alter Herr" im Dachverband der Studentenverbindungen des "Wingolfbund". Diese sind zwar antidemokratisch, christlich-konservativ und frauenfeindlich, nicht aber der extremen Rechten zuzuordnen.