Blindenfussball

St. Pauli Fan 21.03.2012 18:49 Themen: Antirassismus Kultur
Um blinden Menschen Respekt und Anerkennung zu zeigen, da auch sie und ein Teil der friedlichen Gesellschaft sind, suchte ich, am Samstag, den 17. März 2012 in Chemnitz, das Gelände des SFZ Förderzentrum in der Flemmingstraße auf, da dort ein überregionales Blindenfussballturnier stattfand.
Blindenfussball

Inhaltsübersicht (sieht länger als, als der Artikel es vermuten lässt)
1. Einleitung
2. Bewerbung?
2.1 Hamburger Abendblatt? Nicht kaufen!
2.2 St. Pauli : Karlsruher SC ohne Bild
2.3 Ein klitzekleiner Hinweis
3. Samstag
3.1 Vormittag
3.1.1 Vor dem Anpfiff
3.1.2 Chemnitzer FC : FC St. Pauli
3.1.3 Eintracht Braunschweig : SG Würzburg-Mainz
3.2 Mittag
3.2.1 Veganer hungern
3.2.2 Was auf die Ohren
3.3 Nachmittag
3.3.1 CFC Bambinis
3.3.2 Chemnitz: Braun Schweig!
3.3.3 Tierquälerei statt Fussball?
3.3.4 2000 Euro
3.3.5 St. Pauli-Mob
3.3.6 Absicht?
3.3.7 Eierlauf
3.3.8 Freundschaftsspiel
3.3.9 Verschwörungstheorie
4. Fazit

1. Einleitung
Wieso ein Bericht über Blindenfussball wird sich der ein oder andere fragen?
Na ja, die Nazis (Nationalsozialisten) haben im 3. Reich behinderte Menschen umgebracht, weil sie angeblich minderwertig seinen.
Wie viele Menschen wegen ihrer sensorischen Behinderung getötet wurden, ist mir unbekannt.
Seit 1990 wurden mindestens fünf Menschen durch Neonazis getötet!:
Hans-Werner Gärtner (37), Jörg D.(39), Klaus Dieter Lehmann (29), Marinus Schöberl (17) und Andreas Oertel (40).
Quelle:  https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/news/chronik-der-gewalt/todesopfer-rechtsextremer-und-rassistischer-gewalt-seit-1990
2. Bewerbung?
Zusammengesetzt aus blinden Fussballerinnen und Fußballern (mind. 80% Blindheit. Augen werden abgeklebt) spielten neben dem Gastgeber Chemnitzer FC, noch folgende Teams mit: SG Würzburg-Mainz, Eintracht Braunschweig und der FC St. Pauli.
Jetzt stellt sich vielleicht jemand die Frage: Wie erfährt Mensch von diesem Turnier?
Die Geschichte ist wirklich wahr.
Am Wochenende surfte ich auf der Seite der Hamburger Morgenpost. Da war die Rede in einem Artikel darüber, dass der Platz am Hamburger Millerntor (Spielstätte der 1. Herren des FC St. Pauli) in einem katastrophalen Zustand wäre. Also erst mal einen Kommentar unter den Artikel gesetzt, um mich so über den Verein (trotz Fan) zu beschweren.
2.1 Hamburger Abendblatt? Nicht kaufen!
Nur zum Vergleich: Auf der Homepage des Hamburger Abendblattes (Axel-Springer-AG) geht so etwas nicht. Noch dazu sind deren meiste Artikel nur gegen Geld "lesbar“. Meinungsfreiheit... Außerdem geben sie der Bundeswehr(!) eine Plattform zur Präsentation ihres kriegerischen Handelns im "Forum Bundeswehr & Gesellschaft". Wer zusätzlich Reden halten darf, könnt ihr hier nachlesen:  http://www.presseportal.de/pm/6338/496049/-14-forum-bundeswehr-gesellschaft-von-welt-am-sonntag-in-berlin-mit-peter-struck-lord-george
2.2 St. Pauli : Karlsruher SC ohne bild
Zurück zum St. Pauli - Spiel gegen Karlsruhe. Ich war nun fest entschlossen, mir es nicht mal in einer Sportsbar anzuschauen (habe keinen Fernseher daheim, denn nur Videos im Internet lassen sich kommentieren (=>direkte Demokratie) ), weil ich glaubte, dass Spiel könne nur grottig werden.
Da spart der Verein am falschen Ende! Die Fans quittierten das Gebolze übrigens mit Pfiffen.
Das Spiel der beiden Zweitligisten endete mit 1:0 für den Gastgeber. Das Tor, ein Weitschuss. Wen wundert's! Da war es ironischerweise fast schon gut, dass 5800 St.Paulianer nicht ins Stadion durften, weil jemand eine Kassenrolle in die Luft geworfen hatte. Der DFB, das Fass ohne Boden...
Na ja, so ganz ohne Fussball geht es auch nicht. Nur Ticker ist stimmungstechnisch doch sehr öde. Ich erinnerte mich daran, dass der Verein mehrere Internet-Radio-Sender hat und Einer davon vom Spiel live berichtet. Infolgedessen mal die Lesezeichen durchgecheckt und „Treffer“. Nicht das erste Mal, dass ich diese(n) Sender anhöre, aber auch nur, wenn gerade kein St. Pauli-Spiel läuft. Den Live-Kommentar gibt es vor allem deshalb, damit auch Seh- und Hörgeschädigte ebenfalls in den Genuss kommen, doch irgendwie dabei sein zu können. Dem Sender hörte ich zwar nicht durchgehend zu, da 90 Minuten immer und immer wieder die gleichen Stimmen zu hören, doch relativ anstrengend ist. Als Pauli-Fan ist es aber auf jeden Fall die beste Wahl, diesen Radiosender einzuschalten, da das Spiel von St. Pauli - Fans kommentiert werden. Also besser als ein Kommentator, der nur seinen Job machen will. Persönliche Emotionen, Leidenschaft, usw. Das Ganze unzensiert. Viva St. Pauli.
2.3 Ein klitzekleiner Hinweis
Irgendwann redeten sie mal ganz kurz über ein Blindenfussballturnier in Chemnitz mit Beteiligung dieses Hamburger Fussballclubs. Es hörte sich etwa so an: "Also wenn du zufällig in Chemnitz wohnst und am nächsten Samstag noch nichts vor hast, in dieser Stadt findet ein Blindenfussballturnier mit Beteiligung unseres Vereines statt. Bingo! Mehr Zufall geht kaum noch.

3. Samstag
3.1.1 Vor dem Anpfiff
Schlachtgesänge ausgedruckt und teils noch auswendig gelernt. Die Stimme geölt (ohne Alkohol) und um 10.30 Uhr dann in der Halle angekommen. Den Schal von St. Pauli (in Chemnitz wohlgemerkt) rausgeholt und kaum Platz genommen, kam eine Betreuerin der FCSP - Blindenmannschaft zu mir, begrüßte mich nett, bedankte sich für mein Kommen (gebe ich gerne zurück) und erklärte mir noch schnell die Regeln.  http://www.fcstpauli.info/
Außerdem hat der Ball eine Art Rassel eingebaut, damit die Spieler_innen das Spielgerät hören können.
„Frühes“ Aufstehen musste fast schon sein, da die Partie mit dem größten Reiz als Erstes angesetzt wurde: Chemnitz vs. St. Pauli . Schlaue Organisatoren!
Die Vorgeschichte hier: Erste Runde im Pokal. Letzte Saison. Der Regionalligist mit überdurchschnittlich vielen rechten „Fans“ schlägt den Erstligisten mit überdurchschnittlich vielen linken Fans 1:0.
Zwei Videos zur Erklärung:
 https://www.youtube.com/watch?v=xzDnvxT9ZkY
 https://www.youtube.com/watch?v=-er1W8HkHVk
Vor dem heutigen Spiel gab der Ansager die Vornamen der Chemnitzer SpielerInnen durch, woraufhin alle SpielerInnen dieses Vereines und teils sogar die Fans die Nachnamen riefen. Sehr laut und „angsteinflößend“
3.1.2 Chemnitzer FC : FC St. Pauli
Das Spiel lebte dagegen definitiv von der Spannung und nicht vom Niveau.
Die Frage, die sich mir stellte, ob die anderen Begegnungen auch so grottig sein würden. Können Blinde überhaupt Tore schießen, wenn der Mensch, der die die Hände zu Hilfe nehmen darf, auch noch sehen kann, wenn auch mit der Einschränkung leben muss, sich nicht aus seinem 2-Meter Strafraum herausbewegen zu dürfen. Sonst heißt es: 6-Meter. In der 2. Halbzeit fielen auch keine Tore. Der Tag war gerettet! Was hätte ich mir alles anhören müssen, wenn Chemnitz wieder gewonnen hätte.
3.1.3 Eintracht Braunschweig : SG Würzburg-Mainz
Da jeder gegen jeden einmal spielen durfte, fand das nächste 2x15-minütige Spiel zwischen Eintracht Braunschweig-Berlin (1. Foto) und SG Würzburg-Mainz nun statt. Die Partie gewann in einer viel stärkeren Partie Braunschweig klar mit 3:0. Geht doch mit dem Toreschießen.
3.2 Mittag
3.2.1 Veganer hungern
Jetzt war Mittagspause. Auch für die Zuschauer gab es einen Imbiss. Die Firma CoWerk zeichnete sich dadurch aus, keine veganen Brotaufstriche zu verkaufen. Nur Wurst und Käse und ein paar von privat gebackene Muffins. Als Getränke Cola (für 1,50 Euro) und anderes Zuckerzeug. Da blieb dann nur noch Kaffee (0,2l für 1 Euro!) übrig. Noch mindestens 5 Stunden ohne Essen und am Morgen gerade mal zwei Scheiben Brot gegessen. Tolle Diskriminierung. Wollte das Turnier auch nicht verlassen, jetzt wo ein paar Leute wussten, dass ich St. Pauli Fan bin. Mehr als 5% aller ChemnitzerInnen wählten die rechtsradikalen bzw. rechtsextremen Parteien „Pro Chemnitz“ und NPD, nur mal so am Rande. Den Stadtteil hatte nicht noch nie zuvor gesehen und wo der nächste Bäcker / Supermarkt ist, war mir ebenfalls ein Rätsel. Schlussendlich also verzichtet. Wer nichts isst, wird weniger schnell müde. Eher aggressiv...
3.2.2 Was auf die Ohren
Das einzig Gute an dem Stand war, dass sich Mensch Kopfhörer ausleihen konnte. Während des Spiels war dies für alle Neulinge eine gute Möglichkeit, von einem Kommentator die Schiedsrichterentscheidungen erklärt zu bekommen. Mir war die „Live-Atmosphäre“ dann doch lieber.
3.3.1 CFC Bambinis
Zurück auf der Tribüne, die durch eine dicke Glaswand+Bande vom Spielfeld getrennt wurde, spielte nun der Chemnitzer Nachwuchs (CFC Bambinis) gegeneinander. Ein komisches Gefühl auf einmal wieder ein ganz normales Fussballspiel zu sehen. Es gab hier nur eine Strategie und die hieß: Nach Vorne spielen. Team Gelb gewann gegen Team Rot mit 5:4 nach 4:0 Pausenführung. Keine Meckereien. Einfach nur Fussball. Wobei, die Torhüter einen Altersdurchschnitt von 60 hatten. Der älteste Herr auf dem Platz trug ein Trikot von enviaM, welches eine Tochterfirma von RWE ist. Die betreiben Atom-und Kohlekraftwerke. Pfui! Zum Glück ist es möglich, in dieser Region einen Stromanbieter zu wählen, der unabhängig von den großen Energiekonzernen, nur Strom aus regenerativen Energien anbietet und diese Technik auch noch fördert.
3.3.2 Chemnitz: Braun Schweig!
Danach sollte diese Begegnung folgen, wobei das Spiel erst mit 45 Minuten Verspätung los ging. Simple Begründung. Das Erstgenannte Team aß noch zu Ende Mittag. Manch ein Zuschauer zeigte sein_e Verärgerung, aber mit vollem Magen spielt es sich schlecht.
Dieses Spiel hatte definitiv die meisten ZuschauerInnen. Knapp 10000, na ja ok, 40 trauten ihren Augen kaum, dass dieses Spiel 0:0 ausging.
3.3.3 Tierquälerei statt Fussball?
Jetzt leerten sich die Tribünen deutlich. Ein Chemnitzer Fan meinte, er wolle heute noch mit seiner Familie in den Zirkus gehen. Hoffentlich müssen da keine Tiere auftreten, weil Quälerei nicht im Sinne des Erfinders sein kann. Außerdem wünschte er mir noch Glück für das morgige Spiel gegen FC Erzgebirge Aue. Und ich dachte, die halten hier in Südwestsachsen zusammen... "Überall diese Lokalrivalität..." Das Spiel endete 2:1 für Aue, da der Schiri „glücklicherweise“ eine Minute nachspielen ließ, in der der Ex-Rostocker Enrico Kern das Siegtor in der letzten Minute erzielte.
3.3.4 2000 Euro
Irgendwann bekam das Team Chemnitz einen Scheck über 2000 Euro überreicht. Von wem auch immer. Nette Geste.
Kurze Bemerkung: Auch die Beauftragte der Stadt für Sport (?), schaute mal rein.
3.3.5 St. Pauli-Mob
Diesmal gab es den 2. Favoritensieg und noch nicht mal einen Torjubel für den aus einer Person bestehenden „St. Pauli – Mob“ (Zitat des Kommentators). Würzburg gewann verdienterweise 2:0 oder höher gegen mein Lieblingsteam.
3.3.6 Absicht?
Kurze Zeit später dann DAS Freundschaftsspiel zwischen dem FC St. Pauli und Eintracht Braun Schweig! Doch Würzburg-Mainz hatte durch die Verzögerungen Probleme, ihren Zug nach Hause zu bekommen. Eventuell war dies aber auch nur ein fieser Schachzug der Organisatoren, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Chemnitz endlich doch noch ihr erstes Tor zu ermöglichen.
Mit 25 Chemnitzer Anhängern und einem St. Paulianer als Zuschauer ging Würzburg-Mainz in Führung. Die Sachsen hatten daraufhin aber Chancen ohne Ende, doch sie brachten den Ball nicht im Tor unter. Verwunderlich, aber dennoch logisch. Schuld war der eigene Support, welche doch etwas lauter wurden, als es für die Gäste brenzlig wurde. Für mich richtig lustig, auch wenn die Freude aus Fair – Play - Gründen stumm verlief. Selbst Freistöße wurden kläglichst vergeben.
Doch dann geschah das Unfassbare. 6-Meter für den CFC. Auf die Sprüche, die ich mir anhören musste, dass nur St. Pauli kein Tor schießen kann, bereitete ich mich schon mal mental vor.
Das Spiel endete 2:0 !, da der 6-Meter 1,5 Meter am Tor vorbei ging.
3.3.7 Eierlauf
In der kurzen Pause unterhielt ich mich noch mit einem jungen Mann, welcher fast eine Ausbildung als Physiotherapeut bei Dynamo Dresden gestartet hätte(?). Allerdings verlor er, seiner Aussage nach, einen Eierlauf im 1:1 Duell um den Job, klar und deutlich. Tja, wäre dieser Mensch Veganer, dann hätte er den Job, weil er das Duell am „grünen Tisch“ klargemacht hätte. Heute isst er immer noch Fleisch. Mörder!
Bei Dynamo würde ich persönlich lieber Masseur oder ähnliches sein, als beim Chemnitzer FC. Erstgenannte machen viel mehr gegen Rechts. Beim CFC wirst du von vielen Menschen (prozentual) schief angeschaut, wenn du keine Thor-Steinar-Klamotten (Nazi-Marke) trägst. Zur Verteidigung, es gibt das „Chemnitzer FAN-Projekt“.
3.3.8 Freundschaftsspiel
Im letzten Spiel stellte sich mir nur die Frage, wie hoch die Hamburger verlieren. Die Luft war eh raus, denn die meisten Körner waren eh schon im ersten Spiel verschossen worden. Gelohnt hatte es sich somit ja schon. Gewinnt also Braunschweig, dann heißt der Sieger des Turniers in Ostdeutschland Braun Schweig! Die Partie verlief einseitig. Da half auch Wind manchen mit Hilfe des Schales nichts. Der Schiri pfiff ja eh schon die ganze Zeit über nur gegen den Kiez-Klub. Auf den Einsatz der Trillerpfeife kurz vor dem 2:0 verzichtete ich kurzfristig doch, da mein Bauchgefühl mir sagte, die Kiezkicker wollen, dass dieser Gegner 1. wird. Der eigene Platz ist Banane.
3.3.9 Verschwörungstheorie
Die Lustlosigkeit der Paulianer in den letzten beiden Spielen lässt sich logisch nach stundenlanger Überlegung wohl damit erklären, dass sie kein Bock hatten, den eins energie-Pokal in ihre Vitrine zu stellen. Vollständig heißt diese Firma eins energie in Sachsen GmbH & Co. KG . Wie wäre es mit GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) und ein Verzicht auf Braunkohle zur Stromerzeugung?
Um 17.30 Uhr endete dies Turnier nach der Siegerehrung.
Danke an ALLE, die da waren und dies ermöglichten.
Auf dem Rückweg schoß ich noch ein Foto von einem Haus voller Solarkollektoren.

4. Fazit
Blindenfussball geht so und nicht wie bei TV-Total. Eintrittsgeld gab es keines. Leute waren gut drauf, auch wenn es wohl für fast jeden das erste Mal war. Köpfe der SpielerInnen waren gut geschützt. Kleiner Tipp: Mir wäre es lieber, wenn der Unparteiische das Spiel unterbricht, wenn Mensch am Boden liegt, da dann jemand anderes drüber fallen kann, was auch geschah. Schwere Verletzungen gab es glücklicherweise nicht.
Trotzdem gerne wieder! Mal schauen, wann die Liga nach Sachsen kommt.
Vielleicht hat ja der ein oder andere Mensch Lust bekommen, auch mal vorbeizuschauen. (Muss ja nicht gleich das ganze Turnier sein)
P.S.: Auf den Bildern sind die Trikotsponsoren unkenntlich gemacht. Also wie bei der taz. Eine Aktion gegen zu viel Kommerzialisierung.

DER BLINDENFUSSBALL LEBT!
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Ergänzungen

Danke!

Nr.14 22.03.2012 - 14:08
Hallo, es Grüßt die Nr. 14 des FC St. Pauli Blindenfußballteams.
Danke, dass Du gekommen bist, um Dir das Turnier und unseren Sport anzuschauen und dann auch noch bis zum schluß ausgeharrt hast. Vor allem, wenn man bedenkt, welch schönes Frühlingswetter draußen war.
Wir Spieler hätten uns am liebsten auch nur draußen aufgehalten, als in dieser stickigen Halle. Die Chemnitzer haben auch einen Tartanplatz im Freien, entschieden sich aber, da es bis zur Mitte der Woche noch ständig geregnet hatte, für die Halle, leider! Aber irgendwann muß man eben eine Entscheidung treffen und das Spielfeld, also Banden und Tore aufbauen.

Als ich Deine Zeilen las, kam in mir das Bedürfnis auf, dazu stellung zu nehmen und ein bißchen zu erklären, warum wir an diesem Tag so wenig anbieten konnten.

Die Spielverschiebung mit Würzburg, Chemnitz und St. Pauli, braunschweig lag übrigens, neben der Tatsache, dass die Würzburger zum Zug mußten auch an unserem Unmut darüber, als das, am dünnsten besetzte Team, zwei Spiele hintereinander spielen zu sollen.

Zunächst mal können wir uns eigentlich nur entschuldigen für das, was wir da an "spielerischer Qualität" abgeliefert haben. Auch, wenns gegen Chemnitz ein 0:0 gab, war das Spiel nicht wesentlich besser, als die anderen beiden danach.
Ich versichere aber hoch und heilig, dass es nicht am fehlenden Engagement mangelte oder wir keinen Bock gahabt hätten! Wir waren hoch motiviert, vielleicht auch zu sehr, womit wir uns dann selbst im Wege standen. Allerdings ... Deine Verschwörungstheorie ... gefällt mir ganz gut, aber Geschenke, wie 1. Plätze, machen wir an niemanden freiwillig, die nehmen wir lieber selber!

Es lag an verschiedenen Faktoren, die dazu führten, dass man beim zuschauen eher an einen Hühnerhaufen, als an eine Fußballmannschaft denken mußte.
Womit wir am aller wenigsten zurecht kamen, war besagte Halle. Vielmehr die Akustik in dieser Halle. Sehr hohe Decke, viel Glas, nichts, was den Schall wirklich gedämmt hätte. Da Blindenfußball nun mal ausschließlich über das Gehör funktioniert und ohne dies auch keine Orientierung möglich ist, hatten wir unsere große Mühe damit. Den anderen Teams ging es ähnlich, wobei manche damit etwas besser klar kamen, als andere. Das Spiel lebt nicht nur von der Notwendigkeit des Ballhörens, sondern vor allem auch von der Kommunikation der Spieler untereinander und von den Anweisungen und Hilfestellungen der Guides. In dieser Halle vermischten sich das Ballrasseln, das Rufen der Spieler, das Guiding der Torhüter, des Seitenguides und des Hintertorguides jeweils beider Teams zu einem einzigen ohrenbeteubenden Brei, was die Verständigung untereinander ziemlich unmöglich machte. Je lauter so ein Umfeld ist, desto schwieriger wird es mit der Konzentration. Kopf und Gehör laufen auf Hochtouren, um alles mitzukriegen, um sich zu orientieren. Da sind dann manchmal nicht mehr so viele Kapazitäten fürs eigentliche Spielen frei. Vor allem, wenn man mehrere Spiele an einem Tag hat.
Unser Team ist nun auch nicht besonders groß, sodaß wir weniger auswechseln konnten, als andere.

Dazu kommen natürlich auch Faktoren wie Trainingsgewohnheiten oder auch Trainings- und Leistungsstand der einzelnen Spieler.
Beispielsweise trainieren wir überwiegend im Freien, was eine ganz andere Akustik bedeutet. Außerdem auf Kunstrasen, auf dem sich der Ball ganz anders spielt, langsamer läuft und sich auch am Fuß ganz anders verhält, als in einer Halle. Und da der ballführende Spieler den Ball im Blindenfußball grundsätzlich eng am Fuß führt, also, ihn in einer Art V-Stellung zwischen den Füßen vor sich herdribbelt, wirkt sich das schon sehr aus, wenn man dann plötzlich einen anderen Untergrund, als den eher gewohnten hat.

Leider sind wir im Training auch meist viel zu wenige, dass man mal richtig spielen könnte und Turniere gibts, neben der Blindenfußball-Bundesliga (DBFL) auch nicht zu Hauf.
Wir bemühen uns stehts um neue blinde Mitspieler, sehende Torhüter und sehende Guides, um noch besser trainieren zu können und um noch breiter aufgestellt zu sein.

Was ich damit sagen will: Wir haben uns sehr bemüht, haben aber einen gebrauchten Tag erwischt, können dennoch auch besser und hoffen sehr, auch bei den nächsten Turnieren von St. Paulifans unterstützt zu werden, und dass wir noch viele von unserem Sport begeistern können.

Damit Dein Kommen, und das zukünftig hoffentlich noch vieler weiterer Zuschauer nicht wieder von Zufällen abhängig ist, hänge ich mal den DBFL-Spielplan für die, im April startende Ligasaison, sowie die Adressen der Spielorte an.
Außerdem wird es am 27. und 28. Oktober wieder das Hamburger Hallenmasters, veranstaltet vom FC St. Pauli geben.
Termine, News, sowie alles andere Wissenswerte, findet man, den Link hast Du ja auch bereits gepostet, teils schon jetzt und bald noch ausführlicher auf unserer Homepage
www.fcstpauli.info
die gerade komplett überarbeitet wird.

Schön, dass Du in Chemnitz dabei warst und hier anderen davon berichtet hast. Davon lebt unser Sport.

Bis hoffentlich baldwieder!

braunweiße Grüße!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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naivität? — schlauberger

vegan — FC St. Pauli