Dresden: Schwacher Protest gegen Naziaufmarsch am 17. Juni

addn.me 19.06.2012 08:50 Themen: Antifa Blogwire
Während auf dem Stadtteilfest "Bunte Republik Neustadt" am Wochenende mehr als 100.000 Menschen friedlich und ausgelassen feierten, schafften es am Sonntag nur sehr wenige zum Protest gegen einen Aufmarsch von rund 230 Nazis am Dresdner Postplatz ein. Auch auf den angemeldeten Kundgebungen von Teilen der Zivilgesellschaft, Parteien und Gewerkschaften war an diesem Tag der Wille zum Protest überschaubar. Obwohl die Polizei zuvor das Aufmarschgebiet weiträumig mit so genannten "Hamburger Gittern" abgesperrt hatte, war auch in unmittelbarer Nähe zur rechten Veranstaltung Protest möglich.
Parallel zur "Bunten Republik Neustadt" demonstrierten am frühen Sonntag Nachmittag knapp 230 Nazis nahezu ungestört durch Teile der Dresdner Innenstadt. Nachdem sich gegen 13 Uhr der Platz am Denkmal zur Erinnerung an den so genannten "Volksaufstand" vom 17. Juni 1953 zunehmend gefüllt hatte, setzte sich der Marsch wenig später in Richtung Marienstraße in Bewegung. Die Zahl der rechten Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag damit etwas unter denen des vergangenen Jahres. Insgesamt drei Personen nahm die Polizei bei den Protesten vorläufig in Gewahrsam, ihnen werden Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.

Am Rande protestierten etwa 200 vor allem junge Menschen lautstark gegen die rechte Demonstration, die von einem riesigem Polizeiaufgebot begleitet wurden. Während im vergangenen Jahr noch knapp 450 Einsatzkräfte ausgereicht hatten, waren am Sonntag nach Polizeiangaben mit 900 Beamtinnen und Beamte aus mehreren Bundesländern fast doppelt so viele im Einsatz. Vor der dem Polizeidirektion auf der Schießgasse waren zu diesem Zweck sogar Räumpanzer und Wasserwerfer geparkt worden. Polizeisprecher Thomas Geithner sprach insgesamt von einem friedlichen Verlauf, gleichzeitig sei durch die Polizei ein "fortlaufender Protest in Hör- und Sichtweite des Aufzuges" ermöglicht worden.

Schon in den Morgenstunden hatten nur wenige Vertreterinnen und Vertreter der Stadt gemeinsam mit etwa 30 Nazis vor der Panzerkette auf dem Postplatz Kränze niedergelegt. Der erste Bürgermeister der Stadt, Winfried Lehmann (CDU), wies in seiner Rede einen Missbrauch des Tages durch Nazis zurück. Dresden, so Lehmann in seiner Rede, "eignet sich nicht als Aufmarschplatz für Extremisten - nicht im Februar, nicht im Juni und auch zu keinem sonstigen Zeitpunkt".

Obwohl es in diesem Jahr erneut zu wenn auch weniger Protest gekommen war, bleibt festzuhalten, dass sich mit dem 17. Juni ein zweiter kontinuierlicher Naziaufmarsch in der Landeshauptstadt zu etablieren scheint. Sie knüpfen damit an den Versuch von staatlicher Seite an, die Erinnerung an den Tag als offiziellen Gedenktag an die DDR-Diktatur festzuschreiben. Zwar lag die Zahl der Nazis dabei etwas unter denen des vergangenen Jahres, dennoch zeigen die deutlich geringeren Proteste der vor allem jungen Menschen, dass trotz des Erfolges im Februar ein Aufmarsch in dieser Größenordnung in Dresden zur Normalität geworden zu sein scheint. Bis auf eine wenige Menschen bei den angemeldeten Kundgebungen war von der in diesem Zusammenhang oft beschworenen aktiven Zivilgesellschaft oder Gewerkschaften nichts zu sehen.

Fotos zum Aufmarsch und den Protesten: Gedenkveranstaltung, Naziaufmarsch und Gegenprotest

Rede des Bürgermeister Winfried Lehmann (CDU): Gedenken zum 17.Juni 1953
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besser keine Feste mehr — VOR Naziaufmarsch

Bilder — Antifa RDL

Gedanken zum Sonntag — Altstädter

haha — ahah

@ Steffi — DDer

Steffi denkt wie ein Nazi — Anderer Dresdner

@ Steffi & GG Allin — Altstädter

@Altstädter — haha

@ haha — Altstädter