[HB] Protesttag gegen Diskriminierung

Bremer_in 12.08.2013 22:20 Themen: Kultur Soziale Kämpfe
[HB] Protesttag gegen Diskriminierung behinderter Menschen

Zum europäischen Protesttag gegen Diskriminierung behinderter Menschen
fand am 7. Mai 2013 auch in Bremen eine Demonstration und Kundgebung
unter dem Motto "Inklusion leben!" statt.
Hier wird die Rede von Kassandra Ruhm dokumentiert. Im Anschluss an
die Rede findet sich der Hinweis auf eine Sammlung kreativer
Demo-Aktionen.

"Liebe Bremerinnen und Bremer und alle anderen lieben Menschen!
Heute ist der 21. Bremer Protesttag gegen Diskriminierung behinderter Menschen.
Wir demonstrieren heute für die Inklusion von behinderten Menschen. Wenn Sie wollen, kommen Sie doch einfach mit und demonstrieren mit uns!
Inklusion heißt, dass alle Menschen bunt zusammen leben können. So, wie man es an den vielen bunten Herzen auf diesem Auto erkennen kann: Nur wenn alle ganz bunt und gleichberechtigt zusammen kommen, ist es so richtig schön!
Wenn dieses Auto nur mit lauter roten Herzen beklebt wäre, wäre das zwar auch ganz nett, aber längst nicht so schön, als wenn alle Farben zusammen kommen. Und genauso ist es bei Menschen auch. Nur wenn alle unterschiedlichen Menschen gleichberechtigt zusammen leben können und niemand ausgegrenzt wird, ist unsere Welt so richtig schön.
Das bedeutet Inklusion. Dass behinderte Menschen dabei sein können, ohne dass sie fast dasselbe können müssen, wie Nichtbehinderte. Wir können dabei sein, so wie wir sind. Wir müssen uns nicht anpassen und versuchen mit einer Umwelt zu Recht zu kommen, die für Nichtbehinderte gemacht ist. Sondern die Bedingungen müssen an unsere Einschränkungen angepasst werden.

Inklusion bedeutet, dass alle Menschen mit den gleichen Chancen zusammenleben können.
Ich persönlich wünsche mir mehr als die Inklusion von behinderten Menschen. Ich wünsche mir, dass ALLE Menschen gleichberechtigt zusammen leben können.
Ich wünsche mir, dass Menschen, die ärmer aussehen, in Läden genauso respektvoll behandelt werden, wie reiche Menschen.
Ich wünsche mir, dass niemand wegen ihrer Hautfarbe schlechter behandelt wird oder weil sie oder ihre Eltern oder Großeltern irgendwann aus einem anderen Land gekommen sind!
Ich wünsche mir, dass niemand blöd guckt, wenn jemand so wie ich lesbisch oder schwul ist oder wenn jemand nicht eindeutig als Mann oder Frau einzuordnen ist oder wenn jemand wegen seiner Behinderung etwas anders aussieht oder anders spricht.
„Schwul“ und „behindert“ darf kein Schimpfwort mehr auf dem Schulhof sein!
Ich wünsche mir, dass Menschen, die für Moslems gehalten werden, nicht mehr als Bedrohung oder als schlechter angesehen werden, bloß weil es eine kleine Minderheit von Extremisten gibt, die Gewalt befürworten. Die aller-allermeisten Moslems sind freundliche und friedliche Menschen. Religionsfreiheit ist ein wichtiges Recht in demokratischen Gesellschaften. Dies Recht sollten wir uns nicht nehmen lassen! Bevor man jemand wegen seiner oder ihrer Religion verurteilt, sollte man überprüfen, was er selbst wirklich vertritt.
Ich wünsche mir, dass niemand mehr wegen seiner Behinderung oder weil er eine dunklere Hautfarbe hat, in einer Disko oder in einem Club nicht erwünscht ist!
Ich wünsche mir, dass es genauso ernst genommen wird, wenn ein Mensch mit Lernschwierigkeiten oder mit Psychiatrie-Erfahrung etwas sagt, wie wenn jemand Nichtbehindertes etwas sagt. Ich wünsche mir, dass den Worten von Frauen genauso viel Gewicht gegeben wird, wie den Worten von Männern. Heute ist das leider oft noch anders. Dass Menschen ungleich behandelt werden, ist heute so normal und alltäglich, dass es oft noch nicht einmal auffällt.
Vorurteile verhindern Inklusion. Vorurteile sollen uns nicht mehr gefangen halten!
Wir sind auf der Welt, um frei zu sein!

Nur wenn alle Menschen bunt zusammen leben können, haben wir eine gute Welt! Dafür stehen die vielen bunten Herzen hier auf dem Demonstrations-Auto: Wenn alle unterschiedlichen Menschen bunt und gleichberechtigt zusammen kommen, ist es am schönsten!

Seit 2009 gilt in Deutschland ein Gesetz, dass behinderte Menschen die gleichen Chancen und Rechte haben müssen, wie nichtbehinderte Menschen.
Dieses Gesetz heißt Behinderten-Rechts-Konvention. Die Vereinten Nationen haben die Behinderten-Rechts-Konvention geschrieben, um festzulegen, was geschehen muss, damit die Menschenrechte, die für alle Menschen gelten, auch für behinderte Menschen eingehalten werden.
Aber das, was behinderten Menschen in diesem Gesetz zugesichert wird, ist auch in Deutschland noch sehr weit von der Wirklichkeit entfernt.

Wir müssen dort wohnen, arbeiten und unsere Freizeit verbringen können, wo nichtbehinderte Menschen das auch tun.
Bisher gibt es für behinderte Menschen oft getrennte Lebensbereiche oder schlechtere Chancen.

Die Behinderten-Rechts-Konvention verspricht behinderten Menschen stattdessen Inklusion. Inklusion heißt, dass behinderte Menschen mittendrin in der Gesellschaft leben.

An vielen Stellen der Behinderten-Rechts-Konvention steht, dass die Staaten umfangreiche Maßnahmen ergreifen und alles ändern werden, was noch nicht zu den Vorschriften der Behinderten-Rechts-Konvention passt.
Zum Beispiel müssen mehrere Bremer Landesgesetze geändert werden. Wir brauchen Inklusion auch in andern Lebensbereichen wie Arbeit, Kultur und Sport, Wohnen, kurz: Im ganzen Leben. Außerdem muss sich das Bild von behinderten Menschen und der Umgang mit ihnen ändern. Und wir brauchen mehr Möglichkeiten, allein oder mit unsern Partner_innen und Kindern in einer eigenen, barrierefreien Wohnung zu wohnen und dort Unterstützung zu bekommen, statt aus Mangel an guten Alternativen im Heim wohnen zu müssen. Auch gegen die mehrfache Diskriminierung behinderter Frauen werden in der Behinderten-Rechts-Konvention Maßnahmen zugesagt. Und es wird Sorge geäußert über eine verschärfte Diskriminierung behinderter Menschen in Zusammenhang mit ihrer Hautfarbe oder Herkunft.

Wir fordern heute mit unserer Demonstration, dass die Behinderten-Rechts-Konvention endlich umgesetzt wird!

Unsere Gesellschaft soll eine Gesellschaft FÜR ALLE werden.
Bitte machen Sie mit!"

Hier noch eine kleine Sammlung spannender Aktionen von dem Protesttag:
 http://kassandra.erinatranslations.de/content/texts/Demo-Aktionen_2013_kleiner.pdf

Mehr Texte und Bilder zu behindertenpolitischer Gesellschaftsanalyse
finden sich unter www.kassandra-ruhm.de
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