Hotel Lux

saul 14.12.2011 20:38 Themen: Kultur
Das Hotel Lux in Moskau war Anlaufpunkt der Kommunisten von nah und fern und nicht für jeden war der Aufenthalt für den weiteren Lebensweg von Vorteil.
Filmkritik passt zumeist nicht in die Themenstellung von Indy, aber Ausnahmen bestetigen die Regel. Dieser Film ist durchaus für diese Zielgruppe von Interesse, oder sollte es sein.
Und nu gibts Lesefutter.
Das Hotel Lux in Moskau war Anlaufpunkt der Kommunisten von nah und fern und nicht für jeden war der Aufenthalt für den weiteren Lebensweg von Vorteil.
Dies ist der historische Hintergrund für den Film Hotel Lux. Man sollte mal annehmen, ein interessantes Thema für die Linke. Schaut man sich im www so um, man findet eher eisiges Schweigen auf den diversen Seiten. Das wäre früher anders gewesen. So ein Film in den 70ern? Das hätte Demos vor den Kinos gegeben, diese antikommunistische Hetze lassen wir uns nicht bieten. Heute dagegen nichts davon. Was ist mit unseren Kommis los? Alle krankgeschrieben? Überwintern sie grad in Kuba unter Palmen? Frag ja nur. Oder liegt es daran, das der Stalinismus und die große Säuberung den Jungaktivisten unter uns nur wenig bis gar nichts mehr bedeutet? Das war früher mal anders, in den 70ern schienen die politischen Auseinandersetzungen der 30er Jahre vielen realer als ihre Gegenwart.

Worum gehts? Nun der Film macht aus diesen historischen Thema eine fiktive Satire, dafür haben sich die Macher mit der Ausstattung echt Mühe gegeben. Sieht alles recht authentisch für diese Zeit aus. Vor allem das Hotel, so könnts da drinnen ausgesehen haben.
Die Geschichte beginnt in Berlin im Varietee, in dem Hitler und Stalin auftreten und das auch von gestandenen Nazis besucht wird. Die lachen zwar auch und solange sie lachen können, wird der Laden geduldet. Der Held des Filmes Hans Zeisig (Bully Herbig) parodiert Stalin, sein Kollege Siggi Meyer macht den Führer, wird im realen Leben KPD Parteisoldat und kloppt sich draußen mit den echten Nazis. Es kommt wie es kommen muß, da noch ein Crewmitglied den listigen Juden spielt, real aber bei den Nazis ist, kommt es hinter der Bühne zur Klopperei, die dann auf der Bühne fortgesetzt wird und von den Zuschauern begeistert aufgenommen wird. Da verschwindet grad der Unterschied zwischen Fiktion und Realität.
Zwischendurch gibts auch aktuellere Anspielungen. Siggi braucht eine Sonnenbrille für sein blaues Auge das er sich im Wedding (roter Wedding, kennt den Song noch wer?) eingefangen hat. Hitler mit Sonnebrille? Das geht ja mal gar nicht. Warum nicht? Dann setzen wir möglicherweise einen neuen Trend für Diktatoren. Hö, hö, very funny.
Mittlerweile ist der echte Führer an der Macht, Siggi Meyer der Bühnenführer muß abtauchen und nun fehlt auf der Bühne eben dieser Führer.
Die Parteisoldatin Frida, eine glühende idealistische Kommunistin, ist inzwischen auch auf der Flucht und sucht bei Zeisig Asyl, denn der steht auf keiner Liste, das freilich nur von kurzer Dauer ist, da seine vorherige Besucherin nochmal an die Tür hämmert, um eine Ohrfeige loszuwerden, was sich für eine erfahrene Parteisoldatin wie SA an der Tür anhört. Ein Geräusch das seinerzeit in Berlin für viele zu Adrenalinstößen führte, man wird es im Hotel Lux wiederhören.
Doch irgendwann ist schluß mit lustig, unser Stalin sucht das Weite und es verschlägt ihn nach Moskau ins Hotel Lux, sein Kollege sitzt derzeit im KZ. Darüber wird noch zu reden sein.
Wie gehts denn so zu im Hotel? Fängt schon an der Rezeption an, wo der Pförtner eine Ratte erschlägt und Tod den Ratten und Trotzkisten skandiert. Da weiß man gleich, wo man gelandet ist, oder sollte es besser wissen. Zeisig weiß natürlich nicht was Propusk (Passierschein) heißt und hält dem Pförtner einen Geldschein hin, in der Annahme, es muß wohl übersetzt Bakschisch heißen. Tia, kleine Mißverständnisse wenn man die Sprache nicht versteht.
Das man unseren Freund für jemanden hält der er nicht ist, das kann vorkommen und besonders die kommunistischen Promis bzw. die es noch werden sollten, sind neugierig auf ihren neuen Gast. Hier werden uns die Größen der KPD von Ulbricht bis Becher vorgestellt mit eingeblendeten Text, für diejenigen, die in Zeitgeschichte nicht so bewandert sind und im Kino kann man auch schlecht bei Wiki nachschlagen.
Beim Transpiaufhängen gehts auch lustig zu, wenn da was vom geliebten Führer zu lesen ist, -Stalin heißt es weiter, doch das Transpi ist zu lang und hängt im Gang um die Ecke. Wir erleben auch eine Parteiversammlung der Exilkommis mit anschließenden absingen der Internationalen, besonders lehrreich für Kinobesucher, denen die alten Arbeitersongs nicht mehr so vertraut sind.
Das Innenleben im Hotel mit seiner Paranoia und konspirativen Stimmung ist recht gelungen dargestellt, lustig auch die Parteikids, die Trotzkistenjagd spielen. Na das kann ja noch heiter werden, wird es auch. Für die echte Jagd auf Trotzkisten und Saboteure ist der Giftzwerg zuständig und da es im Hotel Lux auch tagsüber recht düster in den langen Fluren ist, wenn es Nacht wird, wirds erst wirklich interessant. Besser nicht zu genau hinhören, wenn es wieder irgendwo an der Tür hämmert. Es ist gesünder, nicht zuviel zu wissen, wenn mal wieder ein Gast mit Staatseskorte abgeholt wird. Das Hotelszenario ist auch optisch gut dargestellt, man meint, so könnts da echt zugegangen sein. Die NKWD Genossen mit Uniform und Knarren, so könnten sie gewesen sein und nebenher darf man auch noch Russisch lernen. Oder einige Textpassagen sind zweckmäßigerweise untertitelt.
Im Hotel treffen sie sich auch im Film alle wieder, unsere Parteigenossin (lustig gemacht die Szene, in der sie das Wasser aufdreht und in der zweiten Einstellung, die einen Uniformierten mit Tonband und Kopfhörer zeigt, erfährt man den Grund dieser Handlung) und Kommunist Siggi Meyer, dem es gelungen ist aus dem KZ zu fliehen doch genau damit scheinen die russischen Genossen ein Problem zu haben. Sie glauben dem die Fluchtstory nicht und halten ihn für einen Agenten. Der ehrliche idealistische Parteisoldat versteht die Welt nicht mehr und ist sichtlich aufgebracht. Das wird recht gut dargestellt. Genau so dürften es viele erlebt haben, die nach gelungener Flucht glaubten, sie wären im Arbeiter und Bauernparadies, in Sicherheit und sich stets für die besten Kommunisten gehalten haben. Nun gerieten sie in die Mühlen von stalinistischer Paranoia und Hitler Stalinpakt. Lustige Szenen, mit ernsthaften historischen Hintergrund.
Unser unfreiwilliger Held, der eigentlich nur über Moskau nach Hollywood wollte und nun für Hitlers Sterndeuter gehalten wird, denn sein gefakter Pass war genau für diesen bestimmt, steckt plötzlich in dieser Mühle und wie kommt er da heil raus?
Hilfe kommt ausgerechnet vom stalinistischen System aus Mißtrauen und Paranoia. Da er bereits Stalins Bekanntschaft gemacht hatte und Stalin durchaus beeindruckt schien, hat der NKWD plötzlich ein Problem, als der echte Astrologe auftaucht. Zugeben, das sie Stalin den falschen Mann vorgeführt haben? Ausgeschlossen, da würden Köpfe rollen. Der Giftzwerg löst das Problem, wie eben die NKWD zu dieser Zeit Probleme löste. Der Geheimdienst macht keine Fehler. Der echte Hauser ist damit das Problem bzw. der Fehler und dieses Problem wird grad mal entsorgt. Damit ist nun der neue Hauser Stalins Sterndeuter und Stalins persönlicher Staatsgast.
Stalin mit Pfeife, die nur Requisit ist, er raucht amerikanische Zigaretten und selbst in seinen eigenen vier Wänden fühlt er sich überwacht, so das er in einen Anfall sein eigenes Badezimmer zerlegt. Was soll dann das werden? Genosse Stalin so darzustellen? Da fehlen jeden Kommunisten die Worte, so gehts ja mal gar nicht. Die DDR hätte so ein Machwerk niemals geduldet, mangels DDR war er in ostdeutschen Kinos dann doch zu sehen.
Doch zurück zum falschen Hauser, mittlerweile wird der zur Schachfigur im Geheimdienst. Mit dem lässt sich der Giftzwerg abservieren und eine willkommene Gelegenheit für Beria, zum Boss des NKWD zu werden.
Im Hotel geht das Spiel weiter, Parteisoldatin Frida streitet mit Dimitroff, was ist aus dem Mann geworden, der Göring im Reichstagsbrandprozeß lächerlich machte? Ich dachte, wenn der Kommunismus solche Menschen hat, dann kann er nicht verlieren. Im Lux wird der Idealismus mancher Genossen einen echten Stresstest unterzogen und der Hintergrund ist natürlich, in dieser Stimmung der großen Säuberung, konnte man nur überleben, wenn man seine Prinzipien über Bord warf (sofern man noch sowas hatte) und andere denunzierte. Da konnten auch gestandene, am Kommunismus als Menschheitsbefreiung gläubige Genossen, zu ausgesprochenen Arschlöchern mutieren. Nicht verwunderlich, wenn genau diese Genossen, später im Osteuropa an die Macht gebracht, diese Politik in der DDR, Ungarn oder Polen fortsetzten.
Da wird Parteigenossin Frida (in der sich Zeisig verliebt hat, is halt Kino) grad fast zur Widerstandskämpferin und wenn sie das überlebt und alle drei es schaffen, mit Tricks und Verkleidung einen Flieger zu kapern um nach Hollywood zu flüchten, ok, wir sind im Kino. Stalin (der echte) kommt ins Hotel und es wird gefährlich für unsere Darsteller, worauf Zeisig Stalin eins auf die Mütze gibt, sich als Stalin ausstaffiert, Meyer macht wieder den Führer, Frida gibt sich als Pilotin aus (fliegen kann sie sogar) weil Stalin beschlossen hat Hitler die SU zu zeigen. Optisch klappts ja, wozu haben Zeisig und Meyer auch in Berlin die beiden parodiert? War doch zu was gut, wozu ist man Schauspieler. ;-)) Stalin auf die Mütze? Und wenn es nur im Film ist, ne, das kann man als Kommunist einfach nicht durchgehen lassen.
Eine der coolsten Szenen ist fraglos, wenn der Giftzwerg, der natürlich Stalins Freund ist und zum Beweis stets ein Foto mitführt, das ihn neben Stalin zeigt, beim Machtkampf abgeknallt wird und noch wenn er zu Boden geht, das Foto vorzeigt. Während er dies tut, verschwindet sein Bild langsam aus dem Foto und nur noch Stalin ist drauf zu sehen. Etwas Zeitgeschichte braucht man schon, um den Witz zu kapieren. Wer die Geschichten mit den retuschierten Fotos kennt, der kann sich über diese Szene grad wegschmeißen.

Darf man über die Schrecken der Vergangenheit lachen? Oder so. Darf man sich über die ruhmreiche Vergangenheit des Kommunismus und der ruhmreichen Sowjetunion lustig machen? Ob dieser Film russisch untertitelt im heutigen St. Petersburg gezeigt werden darf? Oder in Moskau, einige Straßen entfernt vom abgerissenen Hotel Lux?
Dazu lesen wir im Neuen Deutschland!!!
"ND: Das »Hotel Lux« ist abgerissen worden. Konnten Sie es bei der Recherche noch besichtigen?
Haußmann: Nicht mal ein kleines Schild erinnert an die Geschichte der Kommunistischen Internationale. Als ich dort recherchieren wollte, bekamen wir Fotografier- und Filmverbot. Da Putin gerade ein Dekret verabschiedet hatte, das Ausländern, die die Errungenschaften der ruhmreichen Sowjetunion infrage stellen, Strafe androht, habe ich mich daran gehalten."
Von wegen ferne Vergangenheit, der Film scheint echt aktuelle Bezüge zu haben und wer sich die aktuellen Storys dort anschaut, sollte wissen, welchen Hintergrund sie haben. Und was denken gestandene Genossen darüber? Den Haußmann hätten wir früher für zwanzig Jahre in ein Umerziehungslager gesteckt.

Siehe auch:
 http://de.wikipedia.org/wiki/Hotel_Lux_(Film)

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/209744.helden-wider-willen.html

 http://www.taz.de/!80848/

 http://ostendfaxpost.blogspot.com/2011/10/kari.html
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Ergänzungen

Gratis Werbung für den Antikommunismus

Antikommunismus ist der Kitt der verbindet 15.12.2011 - 13:06
Yo, da hilft kein Wimmern und kein Hetzen, der Anarcho, der hier wohl als einziger kapiert, dass es sich hierbei um Propaganda in Form einer angeblichen Komödie handelt, die sehr wohl den Zeitgeist und das gewünschte Geschichtsverständnis der Herrschenden repräsentiert, hat am Ende selbst mit seiner Analyse der Moderationskritierien recht behalten. Das muss man neidlos anerkennen!

Und zu der Frage im Artikel wo der kommunistiche Aufruhr ist. Es reicht doch schon sich hier an und ab mal die Kommentare und Artikel zu diesem Thema durchzulesen. Die BRD hat die Kommis als Hauptfeind nicht erst heute ausgemacht und die Schützenhilfe die sie von Teilen der angeblich Linken bekommt nimmt sie dankend entgegen, ist sie doch eine kostengünstigere Variante der antikommunistischen Kriegsführung als manch andere Form der Zersetzung und Verdummung. So ist ja der Begriff Stalinismus inzwischen neben der Antisemitismuskeule der "Linken" liebstes Werkzeug. Zwar kann in der Regel niemand den Gruppen und Personen denen dann der Stalinismusvorwurf gemacht wird diesen fundiert und logisch begründen aber klingt halt schön stigmatisierend. So macht man der Behörden Drecksarbeit aus ideologischer Verblödung und Unwissenheit.

Würde dieser Film auch nur ein gutes Haar an der kommunistischen Ideologie lassen und die der Herrschenden auch nur ansatzweise in Frage stellen, wäre sein Etat um längen schmaler ausgefallen und die Massenmedien würden ihn wohl kaum mit diesem Aufwand, wie das eben bei diesem Film der Fall ist, bewerben. Nur mal als Hinweis: Michael Herbig tendiert in Richtung CDU.

Und jetzt lasst eurem Antikommunismus freien Lauf...

Antikommunistische Hetze. ;-)))

saul 15.12.2011 - 20:14
Die Reaktionen zeigen es, den Linken fehlt es nach wie vor an Humor. Lachen ist konterrevolutionär. Über die Heiligen der Arbeiterbewegung macht man keine Witze. Als wenn der Kampf gegen Kapital, Imperialismus, Zionismus, Rassismus, Sexismus und was wees ik noch für Ismen, nicht schon schwer genug wäre. Solche Filme und noch ne Besprechung auf Indy können nur das Werk von Heckenschützen sein, die unseren rum.. ähm ruhmreichen Kampf sabotieren wollen.
Nun wenn die ideologische Basis der Linken so dünn ist, das sie über so einen Film besser den Mantel des Schweigens ausbreiten muß, dann fehlt es offensichtlich an Überzeugungskraft.
Oder so. Eine Linke die mehr als eine Randerscheinung darstellen will, muß bereit sein ihre Leichen aus den Keller zu holen.

@ saul 15.12.2011 - 20:14

da vergeht einem das lachen 16.12.2011 - 00:23
stimmt, hast recht. waren doch die kommis schon mit die ersten die von den nazis verfolgt wurden und nicht wenige gekillt, 1949 von brd bullen philipp müller erschossen, kurz drauf das kpd verbot, die tausenden strafverfahren in dem zusammenhang und die tausenden berufsverbote, da kann man schon so richtig herzlich drüber lachen. und dann sponsoren uns die herrschenden auch noch so eine unterhaltsame komödie, mensch, ist das lustig.

warum machen die nicht mal einen film über die verbindung vs und nsu, das wäre doch mal was zum lachen?!

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