Kolonialromatik - Nein Danke!

Kolonialromantik - Nein Danke 16.12.2011 18:16 Themen: Antirassismus
SEHR „ROMANTISCH“
Companie Coloniale – eine Reise in die deutsche koloniale Vergangenheit

Eine Handvoll antirassistisch aktiver Menschen unternahmen am 14.12. eine kleine Reise in die koloniale Vergangenheit Deutschlands: Mitten auf der Mönckebergstraße in der Levante Kaufhauspassage umrahmt von anderen Edel-Geschäften steht der heimelige Kitsch-Laden „Companie Coloniale“. Hier gibt es alles was das deutsche Kolonialherz begehrt:
Neben frisch gemahlenen Kaffee 'aus aller Welt' gibt es 'exotische' Teesorte, nostalgische Teeservices, Schokolade (Kakao), exklusive Gewürze und Pfeffermühlen, Süßigkeiten in Form von Krokodilen und Delphinen, sowie allerlei romantischen Kitsch im 'Kolonialstil'. Auch die fast schon obligatorische schwarze Dienerfigur fehlt nicht in der verherrlichenden Kolonialsammlung. Und damit die Kund_in auch mit einem durch und durch positiven Gefühl zur Vergangenheit ihrer Kauflaune nachgehen kann, hat der Laden auch Ahoi-Brause oder Schleckmuscheln, die schöne Kindheitserinnerungen weckt. Mit romantischen Kitsch, der sich positiv auf die Kolonialzeit und den daraus entstandenen ausbeuterischen 'Handel' bezieht, verklärt der Laden die Versklavung, Verschleppung, Ausbeutung und Misshandlung von Millionen von Menschen während der Kolonialzeit und auch danach. Dass Waren wie Kaffee, Tee und Gewürze nur durch die Versklavung und Ausbeutung und die illegale Einnahme von Gebieten (oft in Verbindung mit Vertreibung und Völkermord) nach Deutschland gelangten, wird bewusst verschwiegen. (Neo)Koloniale Kontinuitäten werden so fortgeschrieben und verharmlost. Das ist skandalös!
Mit Flyern und Aufklebern bewaffnet, machten die Aktivist_innen Kund_innen und Verkäufer_innen auf die Verherrlichung der Kolonialzeit aufmerksam, die sie durch den Kauf und Verkauf ihrer Waren aktiv unterstüzen. Während viele Kund_innen positiv reagierten und die Flyer bereitwillig entgegennahmen, wirkten die Verkäufer_innen inklusive der Geschäftsleitung ziemlich unentspannt. Mit Kommentaren wie „Geht doch erstmal arbeiten“ wurde schnell klar, dass die Geschäftleitung schon weiß, was sie dort im Laden verkaufen. So lautete das Schuldeingeständnis auch: „Wir sind doch alle hier, um Geld zu verdienen“, worauf eine Aktivistin meinte „Wir nicht!!“. Nachdem eine Verkäuferin noch hektisch offenbarte: „Jaja, ich bin eine Völkermörderin“, wurden jegliche Gespräche abgebrochen und die Geschäftsleitung drohte damit die Polizei zu holen. Nachdem der sofort herbeigeholte Türsteher, einen Aktivisten, der weiterhin laut und deutlich versuchte die Verkäufer_innen zum Einlenken zu bewegen, rausgeschmissen wurde, verließen auch die anderen Aktivist_innen den Laden mit dem lauten Ruf: „Kolonialromatik – NEIN DANKE!“. Beim Rausgehen wurden noch einige Aufkleber hinterlassen, die auf der Seite des braunen mob ( http://www.derbraunemob.info/deutsch/index.htm) für Einrichtungen dieser Art vorgeschlagen werden, mit Aufschriften wie: „SEHR „ROMANTISCH“ - Hier findet man Völkermord gemütlich. Ich gebe mein Geld lieber anderswo aus!“.
Anlässe für solche Aktionen gibt es viele. Nicht nur die „Compagnie Coloniale“ in der Mönckebergstraße 7, sondern auch das Kiekeberg Museum in Blankenese (ein „Kolonialwarenladen“ dient als Museumsshop) oder der Kolonialwarenladen in der Altstadt (Deichstraße 45) stehen der Kolonialzeit völlig unkritisch gegnüber und beschönigen und verharmlosen sie zudem! Doch eine kritische Auseinandersetzung mit Deutschlands und insbesondere mit Hamburgs kolonialer Vergangenheit ist nicht nur wünschenswert sondern unbedingt notwendig! Haltet die Augen auf und werdet selbst aktiv – das Material findet ihr auf der Seite vom braunen mob.
Wir sehen uns am Samstag, den 17.12.. ACCESS ALL AREAS!
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Ergänzungen

Coole Aktion!

antinational NICHT antdeutsch 17.12.2011 - 00:12
Sehr gute Aktion!!!

Und wer meint es gäbe "wichtiger" Sachen in HH zu tun, ist wohl in der privilegierten Position nicht von Alltagsrassismus betroffen zu sein!!

Antira Grüße

Griff ins (Kolonial)-Klo

riotgirl 17.12.2011 - 00:45
Mal eine konstruktive Manöverkritik:

Das erscheint für Außenstehende alles ziemlich übertrieben und sehr dick aufgetragen. "Völkermord!" - und dann steht in dem Text, dass es in dem Laden lediglich "frisch gemahlenen Kaffee 'aus aller Welt', 'exotische' Teesorte, nostalgische Teeservices, Schokolade (Kakao), exklusive Gewürze und Pfeffermühlen, Süßigkeiten in Form von Krokodilen und Delphinen, sowie allerlei romantischen Kitsch" gibt!

Ein stinknormaler Kaffee-/Tee-/Spezialitäten-Laden also, der offenbar einen ziemlich unreflektierten Umgang mit dem "K-Wort" pflegt. Das kann man natürlich kritisieren - daraus aber gleich so ne Aktion zu machen, als würde der Laden Thor Steinar, Hakenkreuzfahnen, Hitler-Poster und Landser-CDs verkaufen, wirkt auf Nicht-Szeneangehörige, die für antirassistische Thematiken nicht so sensibilisiert sind, völlig überdreht und hysterisch (geht auch aus der Beschreibung der Reaktion des Ladenpersonals hervor), und wird wohl schwerlich bei irgendeiner der solchermaßen angegriffenen Personen ein Umdenken oder eine bessere Einsicht fördern können.

Antifa nicht gleich Antira

„Race does not exist. But it kills people“ 17.12.2011 - 01:32
@riotgirl

…dann soll also Thor Steiner schlimmer sein als ein Laden der Völkermorde verharmlost???
Was ist daran übertrieben den Kolonialismus als Völkermord zu bezeichnen, war ers das etwa nicht?? Nur weil die meisten Deutschen ihre Kolonialgeschichte komplett verdrängt haben und lieber gegen Nazis aktiv ist, anstatt gegen (strukturellen und alltags) Rassismus zu kämpfen??? Neee!!!

Rate mal warum Hamburg zu verdammt reich ist, dass liegt u.a. daran, dass die „ehrbaren Handelsleute“ gute Kolonialgeschäfte gemacht haben.
vgl.  http://www.afrika-hamburg.de/projekt1.html


Gute Aktion!! Macht so weiter, auch oder gerade wenn weiße-linke Flüchtlingsunterstützer und Grenzgegner_innen, die sich Antirassist_innen nennen nicht verstehen ; - )



PS: Bei einer antirassistischen Intervention geht es nicht darum mit den Rassist_innen über Rassismus zu diskutieren!! Genau so wenig wie bei einer Anti-Nazidemo mit Nazis diskutiert wird!!

SEHR GUTE AKTION, MEHR DAVON!!!

critical withness 17.12.2011 - 17:49
Leute Leute !!
Es geht nicht darum, dass dieser Laden „absichtlich“ den Kolonialismus verherrlicht!!
Es geht darum, dass der Name (Kolonialismus), einfach so für ein Geschäft und Waren übernommen wird, obwohl es sich um eine Sache handelt die millionen Menschen das Leben gekostet hat, in der Ideologieproduktion heute noch fortwirkt (siehe Postkolonialismus) und und als „Ursprung“ des Rassismus bezeichnet werden kann (vgl. The History of Racism  http://youtu.be/SzqEaiGR7Xo)

Dieser Laden spiegelt die „ganz gewöhnliche“ rassistische und kapitalistische Normalität wider!! Aber, dass heiß nicht dass man sich damit abfinden muss! (ich frage mich sowie so warum überhaupt dieser Drecksladen überhaupt hier verteidigt wird…, schon komisch)


SEHR GUTE AKTION, MEHR DAVON!!!

Nicht nur Nazis und der kapitalistische Exzess sind zu skandalisieren!
Kampf der rassistischen und kapitalistischen Normalität!!



Der verdrängte Genozid - Jungle World
 http://jungle-world.com/artikel/2011/40/44076.html

Veranstaltungsreihe 2004 zur deutschen Kolonialgeschichte
 http://www.hamburg-postkolonial.de/hamburg-postkolb.html

das könnt ihr unmöglich ernst meinen

Staunender 18.12.2011 - 18:07
Übertrieben, peinlich, lächerlich. Und noch mehr.
Wenn ihr jemanden dafür kritisieren wollt, dass der Name beschissen gewählt ist (zumal ich glaube, dass hier einfach nur auf Exotik angespielt werden soll) dann die Geschäftsleitung. Es bringt NICHTS die Verkäufer zu beschimpfen. Die haben überhaupt keine Ahnung davon, was ihr da eigentlich wolltet. Natürlich wollen die "einfach nur Geschäfte machen": Es lebt nicht jeder Mensch von Bafög und Gelegenheitsjobs!
Volkommen zurecht haben sie den Wachmann / die Sicherheitskraft (Türsteher gibt es nur vor gastgewerblichen Discotheken) gerufen. Ihr habt eine für sie bedrohliche Atmosphäre geschaffen und Hausfriedensbruch begangen: Weil eine Name schlecht gewählt ist! Ihr habt sie doch nicht mehr alle!

Begriffe und deutsche Kolonialgeschichte

Klaus Uwe 20.12.2011 - 13:57
Die Zeit der Kolonisierung vorallem im 18. und 19. Jh., beschreibt eine Epoche der Eroberung und Ausbeutung bestimmter Gebiete im Namen eines "Mutterlandes" und diente der imperialistischen Machtexpansion. Bewohner*innen dieser kolonisierten Gebiete wurden in großen Teilen systematisch entrechtet, versklavt und misshandelt.Häufig kam es im Namen der "Kolonialherren", d.h imperialistischen Regierungen, wie zum Beispiel dem deutschen Kaiserreich (1904) und Handlangern wie Lothar von Trotha dem Kommandeur der "Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika", also Namibia, zu massenhaften Morden an verschiedenen Menschengruppen.(ca. 80.000 Herero, um nur ein Beispiel zu nennen)
Der Begriff Kolonialzeit, Kolonie oder auch Kolonialware kann deshalb nicht losgelöst von den grausamen Ereignissen dieser Zeit bewertet werden. Er steht u.a für Imperialismus, Kapitalismus, Rassismus, Mord und Vergewaltigung.
Eine umfangreiche Aufklärung darüber, vor Allem in der "Szene" wäre sehr wünschenswert.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 12 Kommentare an

@ACAB — wurschtli

Gute Aktion! — gelegenheitslinker Szenehipster

die aktion ist... — so deutsch

Übertrieben — xXx

wo ist das? — adresse?

wessen Unterdrückung? — Heinz Susal

Nachholbedarf — Heinz Susal