Nach Oury Jalloh Demo

pole mic 15.01.2012 17:16 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Eine Woche nach dem Angriff auf die Gedenkdemonstration anlässlich des 7. Todestages von Oury Jalloh kristallisieren sich erste Konsequenzen aus den Vorfällen heraus. Klar wird, dass die Polizeitaktik nach hinten losgegangen ist.
Nach wie vor halten die für den Angriff Verantwortlichen an ihrer Version des Geschehens fest: Zwei der Transparente mussten angeblich beschlagnahmt werden, „weil die Polizeiführung das Verwenden des Spruchs für eine Straftat hielt“, so die regionale Mitteldeutsche Zeitung (MZ). Die Verweigerungshaltung gegen diese Beschlagnahmen sind dann selbstverständlich – so zumindest die gängige polizeiliche Theorie – durch Gewalthandlungen der Beamten zu unterbinden und die Straftäter anzuzeigen und daher mindestens zwecks Personalienfeststellung festzunehmen gewesen. Die Folgen sind nicht nur von besagter Demonstration bekannt; wenn die Polizeiführung es so will, nimmt sie dafür in Deutschland regelmäßig Schwerverletzte ( http://www.youtube.com/watch?v=otpasIohg1g&feature=related) und Tote ( http://kop-berlin.de/de/2011/06/slieman-hamade/) in Kauf. Kommt ein Fall in die Medien, weiß die Presseabteilung der Polizei schon längst – und verkündet dies auch öffentlich wie hier – dass das Opfer eigentlich Täter war und dies daher selbst zu verschulden hätte. So auch hier: der Anmelder wurde durch Schläge auf den Kopf krankenhausreif geprügelt, ein anderer langjähriger und bekannter Aktivist stand ebenfalls mehrere Tage unter ärtztlicher Aufsicht und zahlreiche andere Demonstrationsteilnehmer wurden u.a. durch Kampfstoffe verletzt.

Jetzt behauptet der Polizeipräsident, die Rechtslage um die Transparente nun „anders zu bewerten“. Nach offensiver Berichterstattung in kritischen und später auch unkritischen Medien wurde er dazu mehr oder weniger gezwungen. Jedoch sind er und weiter Offizielle bis zur Linkspartei sich einig, dass der arme Schutzmann – sicherlich fern jeglicher rassistischer Ideologie - „falsch beraten worden sei“. Schuldig sei vielmehr der Rechtsdezernendent der Polizeidirektion (vermutlich ein Bulle) Georg Findeisen, der wahrscheinlich nur weniger Freunde bei den Politikern hat. Der Innenminister höchst persönlich Holger Stahlknecht von der (sicherlich fern jeglicher rassistischer Ideologie stehenden) CDU jedenfalls hat Findeisen vorerst versetzt. Wenigstens die Politikerin der Linken, Gudrun Tiedge erklärte laut MZ nach der Ausschusssitzung, „die Demo-Teilnehmer würden von der Polizei kriminalisiert“. Diese Erkenntnis ist jedoch wenig weitreichend und dazu völlig ungenügend. Eigentlich müsste es heißen: „Menschen nicht deutscher Herkunft sowie sich mit ihnen Solidarisierende werden von großen Teilen der Gesellschaft und ihrem Staat kriminalisiert“.

Doch die Konsequenzen aus dem Gewaltexzess in Dessau sind auch spürbar, ohne dem abgehobenen Treiben auf politischer Ebene zu viel Platz einzuräumen. Eine breite Welle der Solidarität war in alternativen Medien zu spüren. Entgegen dem polizeilichen Plan haben die Schläge ins Gesicht der Aktivist_innen dem Fall Oury Jalloh in einer entscheidenden Phase zu enormer Aufmerksamkeit verholfen. Erst kürzlich hat das Magdeburger Landgericht im Prozess gegen einen der Mörder den letzten Verhandlungstag auf März verlegt. Am Freitag den 13ten wird voraussichtlich ein Urteil gefällt werden. Weil das Urteil nicht für Gerechtigkeit sorgen wird, rufen öffentliche Plakate bereits jetzt zu Widerstandsaktionen auf. Da jedoch von einer breiten Mobilisierung noch nicht gesprochen werden kann, ist noch vieles an Aktionsbereitschaft gefragt.
Am Tag X könnte die Polizei auf jeden Fall schon jetzt mit großen Problemen rechnen, da es z.B. mehr als fraglich ist, ob sich für demonstrative Aktionen in Zukunft überhaupt noch Anmelder_innen finden. Wenn es nicht unwahrscheinlich ist, dass man sich damit der Gefahr aussetzt, im Krankenhaus und vor Gericht zu landen, ist alles möglich.
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Ergänzungen

Demonstrationen gehören den Demonstranten

Kampagne 19. Mai.de 15.01.2012 - 18:56
Landgericht Karlsruhe verhandelt über Demonstrationsfreiheit - Kampagne 19. Mai ruft zu Kundgebung auf!

Am kommenden Dienstag muss sich der Anmelder einer Demonstration am 19. Mai 2007 in zweiter Instanz vor dem Karlsruher Landgericht verantworten. Während der Demonstration gegen Razzien bei Gegnern des G8-Gipfels 2007 sollen einzelne Teilnehmer gegen Auflagen verstoßen haben. In dem Prozess wird die Frage verhandelt, ob der Anmelder wegen diesen Vorwürfen bestraft werden kann. Ihm selbst wird kein Vergehen zur Last gelegt.

weiterlesen:  http://linksunten.indymedia.org/de/node/53174

Antirepressionsdemo

joy 15.01.2012 - 21:12
Die Initiative Oury Jalloh unterstützt den Aufruf zur großen Antirepressions-Demo am 28. Januar in Berlin. Nach dem siebten Todestag Oury Jallohs am 7. Januar rufen wir damit zum solidarischen Kampf gegen staatliche Gewalt und politische Repression auf. Der internationale Polizeikongress und die Urban Operations Conference, beide mit dem Ziel, den Krieg des Staates gegen die Menschlichkeit zu perfektionieren, fallen in die Endphase des zweiten und vielleicht letzten Gerichts-Prozesses gegen die Mörder von Oury Jalloh. Es ist höchste Zeit, aufzuwachen und das öffentliche Schweigen um staatliches Morden zu brechen. Break the silence! WEiter:  https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/2011/12/19/break-the-silence-start-the-fight/


Ausserdem wurde eine Plakatoffensive gestartet:  https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/2012/01/10/oury-jalloh-der-wahrheit-ins-gesicht-sehen-3/

stahlknecht spricht

blub 15.01.2012 - 21:16

Sehr geehrte Damen und Herren,
im Netz gefunden:

liebe Kolleginnen und Kollegen,
anbei finden Sie den Wortlaut eines Schreibens von Innenminister Holger Stahlknecht, das am heutigen Tage an alle Polizeidienststellen weitergeleitet worden ist und das sich an alle Polizeibeamtinnen und –beamten des Landes richtet.

Mit freundlichen Grüßen
Anke Reppin
Pressesprecherin

Ministerium für Inneres und Sport
des Landes Sachsen-Anhalt
Halberstädter Straße 2 /
am „Platz des 17. Juni“
39112 Magdeburg


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie Sie alle wissen, beschäftigt der diesjährige Einsatz anlässlich der jährlichen Demonstration zum Tode von Oury Jalloh uns sowohl als Ministerium als auch die Medien und damit eine breite Öffentlichkeit.

Auch hier im Haus wird natürlich intensiv über den Einsatz und das Plakat „Oury Jalloh, das war Mord“ diskutiert und auch ich habe mich dazu sowohl in den entsprechenden Gremien als auch in der Öffentlichkeit geäußert.

In Deutschland wird - aus guten Gründen - das Recht der Meinungsfreiheit sehr hoch bewertet und das führt dazu, dass gerade Sie häufig mit Transparenten und Parolen konfrontiert werden, die teilweise in Inhalt und Wortwahl sehr drastisch sind und durch die Sie sich angegriffen fühlen und die auch emotionale Reaktionen bei Ihnen auslösen.

Wenn solche Aussagen aber vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind, dann ist dies rechtlich bindend. Wir sind nicht verpflichtet, diese Aussagen gut zu heißen und wir müssen die Inhalte gewiss nicht teilen, aber wir sind verpflichtet, diese freie Meinungsäußerung zuzulassen und hin zu nehmen und uns nicht provozieren zu lassen, auch wenn das bisweilen nicht leicht fällt.

Die rechtliche Bewertung, dass das Mitführen des Plakates „Oury Jalloh, das war Mord“ keine Straftat ist, heißt nicht, dass damit die inhaltliche Aussage auch nur ansatzweise geteilt würde.

Ich habe bereits am Montag in meiner Pressemitteilung deutlich erklärt, dass ich mich gegen jegliche Äußerungen, die unterstellen unsere Polizisten seien Mörder, entschieden verwahre.

Es ist Aufgabe der Polizei auf solchen Veranstaltungen Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten und sicherzustellen und gleichzeitig deeskalierend zu wirken.

Die Polizei muss eine Vorbildfunktion ausfüllen, gerade dann, wenn Ausschreitungen durch Veranstaltungsteilnehmer provoziert oder initiiert werden.

Es ist mir aber auch bewusst, dass der Fokus der Berichterstattung bisweilen ausschließlich auf dem Handeln der Polizei liegt und dass Rechtsverletzungen von Demonstranten, die von groben Beleidigungen bis zu tätlichen Angriffen auf die Einsatzkräfte reichen, häufig nur am Rande erwähnt werden.

Ich versichere Ihnen, dass ich überhaupt kein Verständnis dafür habe, wenn Bürger die Ordnungskräfte, die häufig den reibungslosen Ablauf ihrer Veranstaltung oder Demonstration erst ermöglichen, dafür auch noch beschimpfen oder tätlich werden und ich wünsche mir auch, dass die meist mehrheitlich friedlichen Veranstaltungsteilnehmer sich auch ausdrücklich von solchen Provokateuren distanzieren.

Es ist mir ein Anliegen, dass in der öffentlichen Meinung ein differenziertes Bild unserer Polizei entsteht und sich das auch in der Berichterstattung niederschlägt.

Ich habe auch großes Verständnis dafür, dass Einsätze wie dieser eine große organisatorische und emotionale Belastung für unsere Einsatzkräfte sind und ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich bei Ihnen für Ihre Bereitschaft, sich dieser Herausforderung immer wieder zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
ihr
Holger Stahlkneht

(Radio) Proteste gegen Polizeigewalt

bei Oury Jalloh Gedenken 18.01.2012 - 14:56
Radiobeitrag zu Protesten gegen Polizeigewalt bei Oury Jalloh Gedenken
 http://www.freie-radios.net/45775

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