Naziterror - Spuren im Südwesten

AutorIn 16.12.2011 16:02 Themen: Antifa
Karlsruhe und Rhein-Neckar-Region dick dabei

Die Zwickauer Nazi-Terrozelle hat zur Untermalung eines ihrer menschenverachtenden Bekennervideos auf Musik der baden-württembergischen Band "Noie Werte" zurückgegriffen. Auf dem Film, der von den Behörden rekonstruierten Festplatte der Nazis gefunden wurde, sind Lieder der Gruppe zu hören. Auf dem Bekennervideo aus dem Jahr 2001 sind nach Behördenangaben vier Morde an Männern türkischer Herkunft aufgeführt sowie der Nagelbombenanschlag auf MigrantInnen in Köln. Zur Untermalung wurden die "Noie Werte"-Machwerke "Kraft für Deutschland" und "Am Puls der Zeit" verwendet.
Nazi-Terror - Immer mehr Spuren führen in den Südwesten


Karlsruhe und Rhein-Neckar-Region dick dabei

Die Zwickauer Nazi-Terrozelle hat zur Untermalung eines ihrer menschenverachtenden Bekennervideos auf Musik der baden-württembergischen Band "Noie Werte" zurückgegriffen. Auf dem Film, der von den Behörden rekonstruierten Festplatte der Nazis gefunden wurde, sind Lieder der Gruppe zu hören. Auf dem Bekennervideo aus dem Jahr 2001 sind nach Behördenangaben vier Morde an Männern türkischer Herkunft aufgeführt sowie der Nagelbombenanschlag auf MigrantInnen in Köln. Zur Untermalung wurden die "Noie Werte"-Machwerke "Kraft für Deutschland" und "Am Puls der Zeit" verwendet.


Vom Rechtsrocker zum Rechtsanwalt

"Noie Werte" ist eine Band mit einer langen Karriere im Rechtsrock-Geschäft. Bereits Ende der 1980er Jahre wurde sie in der Nähe von Stuttgart gegründet und zählt damit zu den dienstältesten Nazi-Bands in der BRD.
Kopf und Sänger der Band, die sich im Dezember 2010 offiziell aufgelöst hat, war der Rechtsanwalt Steffen Hammer.

Der Jurist Hammer arbeitet für die Rechtsanwaltskanzlei H3, die Büros in Stuttgart und Rastatt unterhält. Die Kanzlei - vor allem ihr Rastatter Ableger "Harsch & Kollegen" - war bereits im Jahr 2007 in den Fokus antifaschistischer Gruppen geraten. Zu den MandantInnen sollen nahezu alle führenden Neonazis aus Nordbaden gehören, darunter Pablo Allgeier (Führer der "Rastatter Kameradschaft" und ehemaliger Aktivist der "Kameradschaft Karlsruhe") und Hartwin Kalmus (Vize-Chef der "Blood & Honour"-Sektion Baden und Rechtsrock-Geschäftsmann).

H3-Anwalt Alexander Heinig (Rastatt) verteidigte unter anderem Sebastian Räbiger, führendes Mitglied der 2009 verbotenen rassistischen, offen nazistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ). Räbiger hatte 2010 vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das vom Innenministerium ausgesprochene Verbot der HDJ geklagt, war aber vor Gericht gescheitert - das Verbot besteht weiterhin.


Eine Anwältin und die Jenaer NPD

In der Kanzlei H3 ist auch die ehemalige NPD-Funktionärin Nicole Schneiders beschäftigt, die vergangene Woche die Verteidigung ihres (früheren?) NPD-Kameraden Ralf Wohlleben übernommen hat. Wohlleben war als Unterstützer der Nazi-Terrorzelle verhaftet worden. (Schneiders im "Stern" und in der Thüringer Allgemeinen)

Schneiders, geborene Schäfer, hat in Jena studiert und wechselte Ende der 1990er Jahre nach Mannheim, um dort ihr Studium abzuschließen. 2003 lebte sie im gleichen Haus wie der Mannheimer Nazi-Skinhead und NPD-Funktionär Christian Hehl. Weitere Mitbewohner waren der für seine Gewaltbereitschaft bekannt Neonazi Ludwig Graf sowie der Aktivist der "Kameradschaft Karlsruhe" Dominik Schneiders, ihr späterer Ehemann.

Nicole Schneiders tauchte mehrfach im Zusammenhang des Nazi-Zusammenschlusses "Aktionsbüro Rhein-Neckar" (ABRN) auf. Im gehackten internen Forum des ABRN wird von AktivistInnen immer wieder auf die rechtliche Hilfe durch die "Kameradin" Nicole hingewiesen. Diese empfahl ihren GesinnungsgenossInnen im gleichen Forum die Rastatter Kanzlei "Harsch & Kollegen" bei rechtlichen Problemen.

Zuletzt verteigte Nicole Schneiders den Neonazi Matthias Herrmann bei einem Prozess im Februar 2011 vor dem Heidelberger Landgericht.
Herrmann, der wie Schneiders aus Jena stammt und Ende der 1990er Jahre nach Mannheim zog, unterhält gute Kontakte zu seinen Thüringer Kameraden und ist einer der Köpfe hinter dem "Aktionsbüro Rhein-Neckar". Er wohnt zurzeit im Haus der rheinland-pfälzischen NPD-Vorsitzenden Dörthe Armstroff in Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim). Armstroff selbst stammt aus der Gemeinde Zeitz (Sachsen-Anhalt) - rund 60 Kilometer von Jena entfernt.


Die Achse Karlsruhe - Jena

Aber nicht nur aus der Rhein-Neckar-Region führen die Spuren nach Jena. Aktivisten der "Kameradschaft Karlsruhe", der ältesten "freien Kameradschaft" in der BRD, haben ebenfalls einen guten Draht nach Thüringen.

So zählte der Kameradschaftsaktivist Martin Schild neben zahlreichen anderen Neonazis aus Jena auch den inhaftierten Ralf Wohlleben zu seinen Kontakten. NPD-Funktionär Patrick Wieschke, der im Zuge der Ermittlungen zur Nazi-Terrozelle auch ins Visier der Behörden geraten ist, scheint ebenfalls zu Schilds Bekannten zu gehören.



Auf einer der Autonomen Antifa Anfang der 2000er Jahre zugespielten Telefonliste Schilds findet sich neben Wieschkes Telefonnummer auch der Vermerk "Dönerbomber, NPD".
Auf derselben Liste findet sich auch Nicole Schneiders (noch unter ihrem Mädchennamen Schäfer) mit einer Jenaer Telefonnummer wieder.



Hier schließt sich der Kreis!

Mehr Infos findet ihr unter  http://www.autonomes-zentrum.org/ai/
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Inhaltliche Ergänzung

Juristicus 16.12.2011 - 19:00
Sorry, aber das wirkt auf mich zum größten Teil wenig hieb- und stichfest - und das sollte es ja doch schon sein, bei so einer Überschrift, die ganz gehörige Erwartungen erweckt.

Hier wird eine Art von Beweisführung praktiziert, die größtenteils etwa nach folgendem Strickmuster gehäkelt ist:

- Neonazi X kommt aus Jena - genau aus der Stadt, aus der auch die Terrorgruppe NSU stammt. Äußerst verdächtig!

- Die Terrorgruppe NSU verwendet für eines ihrer Videos Musik der Naziband "Noie Werte". Diese stammt aus Südwestdeutschland. Also führt die Spur eindeutig nach Südwestdeutschland...

Aber: Dass diese Nazi-Terroristen Musik einer Naziband für ihr Video verwenden, ist doch noch lange kein Beweis oder auch nur Indiz dafür, dass tatsächlich Verbindungen dieser Band zum NSU bestanden. Jeder kann jede Musik von jeder Band für ein Terror-Video verwenden. Es ist ja wohl kaum davon auszugehen, dass die NSU-Mitglieder vorher bei "Noie Werte" die Nutzungsrechte eingeholt haben. Noch weniger ist vorstellbar, dass eine Naziband, deren Kopf offenbar Jurist ist, auf solche Weise zur Verbreitung von potenziellem Belastungsmaterial gegen sich selbst (!) seine Zustimmung erteilt hätte. Insofern riecht das mehr danach, dass eher KEINE Verbindungen zu der Band bestanden. Denn so blöd können nicht mal Nazis sein.

Und dass jemand aus Jena stammt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der... also bitte!

Das ist in etwa ein so unbeholfener und untauglicher "Beweis" wie vor einigen Tagen diese große Spiegel-Online-Story um ein Bild, auf dem der neue NPD-Chef Holger Apfel irgendwann in den 90er Jahren auf einer Nazidemo zu sehen ist, auf der auch die späteren NSU-Mitglieder waren. Frei nach dem Motto: Wer mit späteren Terroristen auf einer Demo war, muss zu ihnen Kontakt gehabt und mit ihnen zusammengearbeitet haben. Nach der selben kruden Logik könnte man ebenso gut auch tausende von Leuten als RAF-Kontaktpersonen "outen". Bild-Zeitungs-Niveau lässt grüßen...

Meines Erachtens liegt all diesen Versuchen von (mangelhafter) Beweisführung ein grundsätzlicher Irrtum zugrunde: Was da "überaus verdächtig" und "sehr auffällig" erscheint, ist es in Wirklichkeit objektiv betrachtet oft gar nicht. Denn der harte Kern der Neonazi-Szene ist denkbar klein, und somit ist es absolut nicht überraschend, wenn es hier und da irgendwelche Verbindungen oder Bekanntschaften gibt. Es wäre eher verwunderlich, wenn z.B. Nazi-Szeneanwälte (von denen es ja nur eine handvoll gibt) noch nie jemanden verteidigt hätten, der jemanden kennt, der jemanden kennt... etc. In einer Szene, die anzahlmäßig bundesweit etwa so groß ist wie ein Dorf, kennt NATÜRLICH fast jeder über 1, 2 Ecken jeden. Wie eben in jedem Dorf!

Fazit: Bei solcher Art von "Beweisführung" stehen einem glatt die Haare zu Berge... dabei wäre es gerade hier immens wichtig, besonders exakt zu arbeiten. Also: Bitte mehr seriöse Substanz bei solchen wichtigen Themen, und weniger wilde Spekulation. Danke.

Markus Merklinger

anno 16.12.2011 - 23:44
Was ist eigentlich mit Markus Merklinger passiert? Der Hat doch auch als Anwalt in der Kanzlei Harsch gearbeitet und hat unter anderem Immobilien an die Rastatter Kameradschaft vermietet! Auch zufall?

 http://gruppe76.blogsport.de/berichteaktionen/2007/nazi-anwalt-geoutet/

@Juristicus

Toryn Farr 17.12.2011 - 09:23
Von irgendwelchen "Beweisen" haben die AutorInnen doch gar nichts geschrieben, oder? Außerdem sind wir hier nicht vor irgendeinem beschissenen BRD-Gericht.

Im Grunde geht es in der sehr guten Zusammenstellung doch nur darum, die Connections zwischen dem Südwesten und der Gegend um Jena nochmals zu unterstreichen. Solche Infos nutzt z.B. die investigative Presse (ob wir sie mögen oder nicht) dazu, mal näher nachzuhaken.

Und (als jemand der die angeführte Telefonliste kennt):
Auf der Liste (eines Karlsruher Nazis!) finden sich neben den Konatkten in die Regionen Karlsruhe und Rhein-Neckar allein 22 Konakte nach Jena. Was ist denn für die Karlsruher Nazis so toll an Jena, wenn nicht die "politischen" Zusammenhänge?

linksunten

link0r 17.12.2011 - 15:37
Den Artikel mit großen Fotos gibt's auch bei linksunten:  http://linksunten.indymedia.org/de/node/52029

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

WTF — chris

@ 17.12.2011 - 10:06 — RedZack

@RedZack — The Brain