Oury Jalloh - Belagerung Staatsanwaltschaft!

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V. 16.11.2012 14:48 Themen: Antifa Antirassismus Repression
Im Rahmen der derzeitigen Belagerung der Staatsanwaltschaft in Dessau (12.-19.November) führen wir eine Aktionswoche unter dem Motto „Break the Silence! Brecht Euer Schweigen zum Tod von Oury Jalloh!” durch. Im Verlauf des Revisionsverfahrens wurde immer deutlicher, dass das Innenministerium, die Polizeibehörden und die Staatsanwaltschaft gemeinsam die Ausrichtung der Ermittlungen und der Gutachten vorgegeben und damit aktiv dazu beigetragen haben, eine Aufklärung der Todesursache von Oury Jalloh verhindern.
Gleichsam klagen wir die Dessauer Bevölkerung und ihren Bürgermeister Koschig an, weil die Stadt Dessau mehrheitlich nie ihre Stimme gegen den skandalösen Mord an Oury Jalloh erhoben hat. Ihr Schweigen bestätigt einen rassistischen Konsens, der die Politik und Gesellschaft in Dessau und Sachsen-Anhalt beherrscht. In den letzten Tag haben wir Demonstrationen zu den entsprechenden Behörden in Dessau und Magdeburg durchgeführt und dort unsere Stellungnahmen abgeben.
Oberbürgermeister der Stadt Dessau-Roßlau Herr Klemens Koschig
Rathaus Dessau
Zerbsterstr. 4, 06844 Dessau-Roßlau

Dessau, 14.11.2012

Stellungnahme der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.
Gerichtet an den Bürgermeister der Stadt Jörg Koschig und das Ordnungsamt
Dessau

Das Problem in Dessau heißt Rassismus!

In Ihrer Stadt wurde im Jahr 2000 Alberto Adriano ermordet.Totgeprügelt von drei
Neonazis.
In Ihrer Stadt wurde im Januar 2005 Oury Jalloh ermordet. Gefoltert und Angezündet im
Dessauer Polizeigewahrsam. In der gleichen Polizeizelle kam der obdachlose Mario
Bichtemann im Jahr 2002 aus bisher unbekannten Umständen ums Leben.
Die Bevölkerung Dessaus schweigt mehrheitlich. Ja sie ist sogar verärgert darüber,
dass Menschen wie wir, nicht aufhören, ihre Wut über die Dessauer Verhältnisse auf die
Strassen tragen.

In den letzten 8 Jahren im Ringen um eine Aufklärung des Mordes an Oury Jalloh haben
wir den massiven Widerstand seitens der Polizei, der Stadt und der Bevölkerung auch
körperlich zu spüren bekommen.
Herr Koschig und die Behörden der Stadt Dessau, schweigen nicht nur zu den
ungeklärten Todesumständen. Vielmehr schliessen sie sich den unglaublichen
Behauptungen der Polizeibehörden, des Staatsanwaltes und des Innenministeriums an,
Oury Jalloh hätte sich selbst angezündet.

Bewiesen hatte Bürgermeister Jörg Koschig dies nicht zuletzt am 7. Januar 2012 mit
seiner Teilnahme an einer offiziellen Trauerfeier am 7. Todestag von Oury Jalloh.
An diesem Morgen heuchelte Jörg Koschig zusammen mit dem Polizeipräsidenten
Schnieber der Öffentlichkeit ihre Trauer um den Tod von Oury Jalloh vor. Diese
"wohlgemeinte" Geste der Stadt und der Polizeibehörde empfinden wir als
ungeheuerliche Demütigung der Familie und der Freunde von Oury Jalloh.
Am Nachmittag des gleichen Tages wird die Demonstration in Gedenken an Oury Jalloh
von der Polizei - unter den Augen und im Einvernehmen mit dem Dessauer Ordnungsamt
- zusammengeschlagen und ins Krankenhaus geprügelt. Offiziell war dies ein Fehler der
Polizeiführung aus welcher Innenminister Stahlknecht personelle Konsequenziehen
ziehen mußte.

Als fehlerhafte Einschätzung erwiesen sich auch jüngst die Auflagen, mit welcher das
Ordnungsamt Dessau unseren derzeitgen Protest vor der Staatsanwaltschaft überziehen
wollte. Seit dem 12. November 2012 führen wir in Ihrer Stadt eine Protestwoche durch,
um unserer Forderung nach einer Aufklärung der Todesumstände von Oury Jall
oh und nach einer Mordanklage öffentlich Nachdruck zu verleihen.
Das Ordnungsamt, vertreten durch Frau Nitze, wollte die von uns gewählte Protestform
anhand absolut nicht nachzuvollziehenden Auflagen mit schwammigen Begründungen
stark beschränken. In einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Halle fiel am
11.November 2012 das Urteil, dass unsere angemeldete Veranstaltung nach unseren
Vorstellungen durchgeführt werden kann.
Das Ordnungsamt Dessau konnte sich damit jedoch nicht abfinden und legte Widerspruch
ein. Dieser wurde heute, am 14. November 2012 erneut vom Gericht zurückgewiesen.
Die intensiven Bemühungen des Ordnungsamtes Dessaus die Belagerung der
Staatsanwaltschaft zu verhindern, beweist einmal mehr, die restriktive Haltung der Stadt
gegenüber den Menschen, die die rassistischen Verhältnisse in Dessau niemals
hinnehmen werden.

Das Problem in Dessau heißt Rassismus!
In Ihrer Stadt werden kontinuierlich Menschen afrikanischer Herkunft von der Polizei
und den entsprechenden Behörden ihrer Stadt defarmiert, schikaniert und diskriminiert.
So wurde auch Mouctar Bah – Freund des verbrannten Oury Jalloh, Mittler und
Vertreter dessen Familie und Mitbegründer der Initiative in Gedenken an Oury J
alloh – durch die Arbeit der Dessauer Behörden mit der Begründung vom „schwarz
afrikanischen Drogendealer“ über lange Jahre seiner geschäftlichen Lebensgru
ndlage beraubt, ohne dass die vorgeschobenen Anschuldigungen jemals auch n
ur einen Funken strafrechtlicher Wahrheitsrelevanz gehabt hätten.

Die Bevökerung in Dessau schweigt dazu, weil Sie nicht erkennt, dass die Behörden ihrer
Stadt die Opfer rassistsicher Gewalt zu Kriminellen und die potentiellen Täter zu Helden
stilisiert:
Was könnte ein besserer Beweis für das Versagen Ihrer Arbeit sein, als die Tatsache, dass
sich ebenfalls im Januar diesen Jahres innerhalb kürzester Zeit 400 Menschen in Ihrer
Stadt zusammengefunden haben, um mit bekannten Rechtsradikalen vor das Dessauer
Polizerevier zu demonstrieren. Dort beklatschten sie die Beamten für ihren "harten"
Umgang mit kriminillen Ausländern. An diesem Abend und in der folgenden Woche
haben Dessauer Bürger gezeigt, dass sie froh sind, ihren Rassismus mit dem
Einverständnis von Polizei und Ordnungsamt endlich offen ausleben zu können.
Die zuschauenden Behörden der Stadt und die Dessauer Bevölkerung haben hier auf das
Schaurigste ihre jahrelange Loyalität mit dem Polizeiapparat bewiesen.
Sie haben damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Polizisten in ihren Augen,
alles richtig gemacht haben, als sie Oury Jalloh hier ermordeten.
Ein rassistischer Bürgermob zieht ohne Polizeischutz durch Dessau und wir werden
krankenhausreif geschlagen? In Dessau stimmt alles nicht!
Auch dass unser gemeinsame, ziviler Widerstand gegen staatliche Willkür und G
ewalt mit den Brandschlägen unter mutmaßlicher Verwendung des Slogans „O
URY JALLOH – DAS WAR MORD!“ in Verbindung gebracht wird, verärgert uns un
d folgt dem gleichen Muster der Kriminalisierung mit dem Ziel der Disqualifizier
ung derjenigen, die unbequem sind, weil sie nicht aufhören, auf unangenehme
Wahrheiten hinzuweisen.

Wir fordern Sie daher auf, darauf hinzuwirken, dass die Verantwort
ung für die Missstände in Ihrer Stadt, nicht bei denjenigen gesucht
wird, die unermüdlich auf den rassistischen Konsens in Dessau hinweisen.
Die gezielte Manipulation seitens der Polizeibehörden, der Stadt und der Medien
verhindert eine Solidarisierung der Bevölkerung mit denjenigen, die sich für die
Wahrheit einsetzen. Ihre behörde schürt Angst und Miusstrauen. Die Dessauer, die
das Vorgehen Ihrer Stadt kritiseren haben Angst vor Ihren Reoressionen. Das
wurde in den letzten Tagen mehr und mehr deutlich.
Wir sehen es in Ihrer Verantwortung, in ihrer Stadt ein Klima zu schaffen, in dem
Rassismus keinen Nährboden hat – weder in der Bevölkerung noch
bei den Behörden!

Brechen Sie Ihr Schweigen zum Tod von Oury Jalloh!

Oury Jalloh - Das war MORD!
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh e.V.

------------------------------


Wir rufen für den morgigen Samstag (17. November 2012) zu einer Demonstration in Dessau auf! Los gehts um 14.00 Uhr am Hauptbahnhof Dessau (gemeinsame An- und Abreise, schaut auf die Homepage)!

Wir wollen hier auch noch mal an den 7. Januar diesen Jahres erinnern, wo unsere Demonstration von den Bullen massiv angegriffen wurde. Auch wenn sie sich im Moment zurückhalten, der Polizei hier in Dessau ist alles zuzutrauen.
Deshalb solidarisert und organiert Euch und kommt vorbei!

Oury Jalloh - Das war MORD!
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen