Republik Moldau: Rassistische Kommunisten

Moldova-Beobachter 21.02.2012 23:15 Themen: Antirassismus Weltweit
Die Kommunistische Partei der Republik Moldau (PCRM) geriert sich seit dem für nichtig erklärten Wahlsieg 2009 als einzig legitime Opposition zur aktuell regierenden „Allianz für die europäische Integration“ (AIE). In Bezug auf zunehmende Einschnitte in Sozialsysteme oder nationalistische, revisionistische Tendenzen der pro-rumänischen Regierenden mögen die KommunistInnen berechtigte Kritik üben. Doch nicht zuletzt die jüngsten, primitivst rassistischen Äußerungen des früheren kommunistischen Präsidenten Vladimir Voronin über einen antikommunistischen Demonstranten legen den rückwärtsgewandten und populistischen Charakter von Moldaus KP offen.
„Sie (die liberale Regierungskoalition – Anm. d. Autors) haben einen Schwarzen aus Afrika hierher gebracht, einen, der irgendwo da drüben aus den Bäumen herabkletterte. So einer macht uns jetzt hier Politik. Seht ihr, wer die Allianz (AIE, s.o. - Anm. d. Autors) verteidigt? Afrika, Schwarze!“

So kommentierte Voronin den Gegendemonstranten John Onoje, der am 18.02.2012 an einer antikommunistischen Kundgebung teilnahm. Onoje, der seit vergangenem Jahr die moldauische Staatsbürgerschaft innehat, ist prominenter Anhänger der EU-zugewandten Regierungskoalition und bekommt seit Längerem viel Aufmerksamkeit vom eher boulevardesken, pro-rumänischen Fernsehsender ProTV.
Die Republik Moldau ( http://de.indymedia.org/2008/05/218134.shtml) ist strukturell ein Emigrationsland, was sich daran zeigt, dass geschätzte ein Viertel der Gesamtbevölkerung von 4 Mio im Ausland lebt und mit dem dort erwirtschaftetem Geld das Bruttoinlandsprodukt Moldaus überflügelt. Aufgrund der extremen Armut und der Abwesenheit von Industrie oder Dienstleistung, welche potentiell für Wachstum und Arbeitsplätze sorgen könnten, haben alle Migrationsströmungen nach Europa einen Bogen um Moldau gemacht. John Onoje, der als Flüchtling in Moldau landete, stellte eine Sensation dar, als er im Stadtzentrum alleine für die Anerkennung der moldauischen Staatsbürgerschaft demonstrierte. Die Ernennung zum Staatsbürger vergangenes Jahr wurde zum medialen Ereignis und Onoje als erster schwarzer Moldauer gefeiert bzw. belächelt.

Angriff nach Äußerungen Voronins

Nur einen Tag nach den rassistischen Eskapaden des KP-Führers Voronin auf dem zentralen Platz der Hauptstadt Chisinau wurde John Onoje in einer Unterführung der Innenstadt zusammengeschlagen. Seiner Aussage zufolge wären seine Angreifer von der zentralen Polizeidirektion auf Anweisung der Kommunisten geschickt worden.

Moldaus KP – Stalin lässt grüßen

Diese These ist insofern gar nicht so unwahrscheinlich, als dass infolge der Proteste gegen den durch Wahlfälschung erzielten Sieg der KommunistInnen 2009 hunderte Demonstrierende verhaftet wurden, wobei reihenweise Berichte von Misshandlungen, Vergewaltigungen und Folter an die Öffentlichkeit drangen. Ebenso sind einige Journalisten in jenem Zeitraum verschwunden und vom kommunistisch geführten Innenministerium wurden politische AktivistInnen aller Couleur namentlich als InitiatorInnen der Proteste und Krawalle denunziert und geheimdienstlich gesucht.

Aber auch im Übrigen darf mensch sich nicht von den roten Fahnen der PCRM blenden lassen. Die LINKE sandte 2009 der zunächst zur Wahlsiegerin erklärten KP schwesterliche Glückwünsche zu. Und auch auf Indymedia wurde frohlockt, dass eine vermeintlich antikapitalistische Kraft so viel Zustimmung mobilisieren konnte. Fakt ist, dass die Sozialeinschnitte bereits während der Regierungszeit der KP 2001-2009 begannen und dass es vor allem KP-Nahe waren, die sich bestimmte protegierte Unternehmen unter den Nagel rissen. Die SeniorInnen, denen heute die breiteste Unterstützung der KP zugerechnet wird, mussten bereits zu Regierungszeiten Voronins mit einer Rente von monatlich 20-40 Euro leben, während die KP-Kader mit Luxus prahlten und Voronins Sohn u.a. mehrere FastFood- und Supermarktketten sein Eigen nannte. Dazu kam die Gängelung vom privaten, oppositionsfreundlichen Fernsehen, die Unterdrückung von Protesten und Verfolgung derer OrganisatorInnen, die sich bis in Klassenzimmer vollzog oder die Unterstützung von homophoben Exzessen, die sich mehrere Male rund um Gay Prides ereigneten ( http://de.indymedia.org/2008/05/217793.shtml).

Alternative: Pro-EU-Koalition ?
Leider gibt es zwischen den völlig diskreditierten KommunistInnen und den EU-hörigen Liberalen der aktuellen Regierungskoalition keine politische Kraft. Die Annäherung an EU-Standards vollzieht sich rasant, indem beispielsweise die Grenzen militärisch aufgerüstet werden, Sozialleistungen wegfallen und in Moldau der Boden für breite Investitionen und weitere Privatisierungen geschaffen wird. Vor allem aber wird das vorherrschende Geschichtsverständnis massiv bearbeitet. Während die Rote Armee traditionell als Befreierin gefeiert wurde und der 9.Mai „Tag des Sieges“ war, wird von der aktuellen Regierung versucht, die Sowjetzeit als Besatzungszeit umzudeuten und den Tag des Sieges über die faschistische Allianz aus Hitlerdeutschland und Antonescus Rumänien zum Tag der Besatzung umzudeuten.

Libertäre Gruppen, progressive KommunistInnen oder antinationale Positionen sucht mensch in Moldaus öffentlichem Diskurs vergebens. Die einzig wahrnehmbare außerparlamentarische Opposition sind von SchülerInnen und Studierenden geprägte Gruppen, die für eine Wiedervereinigung mit Rumänien eintreten, maßgeblich an rumänischen nationalen Feiertagen.



Voronins rassistische Äußerungen im TV (Rumänisch):

 http://www.inprofunzime.md/stiri/politic/voronin-despre-onoje-iata-cine-apara-alianta-un-negru-coborat.html

TV-Bericht nach Angriff auf J.Onoje (Rumänisch):

 http://www.protv.md/stiri/social/john-onoje-batut-de-doi-politisti-in-civil.html
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Republik Moldau vs. Moldawien?

egal 22.02.2012 - 00:45
Von Moldawien habe ich schon gehört. Von der Republik Moldau nicht. Gibt es einen Grund diese weniger bekannte Bezeichnung zu benutzen?

dissidenter kommunismus moldawien

uhu 22.02.2012 - 01:51
auf einer archivierten homepage der "unabhängigen rätekommunisten" findet sich ein hinweis auf ein flugblatt sozialrevolutionärer arbeiterInnen im jahre 2009:  http://www.oocities.org/raetekommunismus/Moldavia.html die neue homepage der "unabhängigen rätekommunisten" findet sich hier:  https://sites.google.com/site/bibliothekdeswiderstandes/home

Warum Moldau

svoboda 22.02.2012 - 16:12
"Moldawien" ist der fälschlich verwendete Name. Republik Moldau ist der offzielle Name, Moldawien die Ableitung aus dem russisch anmutenden Namen der Moldawischen Sozialistischen Sowejtrepublik (MSSR), die bis heute bekannter ist und teils auch verwendet wird, um Verwechslungen mit dem Fluss Moldau oder der rumänischen (an die Republik Moldau angrenzenden) Region "Moldau" zu vermeiden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

murray — bookchin

so — sadam