Sachsen: Geschichtsunterricht mit der CDU

addn.me 10.07.2013 11:44 Themen: Antifa Blogwire
Dass in Sachsen einiges schief läuft, ist bekanntlich keine Neuigkeit. Eine besondere Blüte des sächsischen Zeitgeistes zeigte sich im Mai, als sich ein Stadtverband der seit mehr als 20 Jahren regierenden CDU mit der Geschichte des 8. Mais auseinandergesetzt hatte. Der ideologische und revisionistische Schulterschluss mit Inhalten der NPD der dabei zum Ausdruck kommt, ist nicht unbekannt, schon vor einem Jahr hatte die Forderung "Aktion: Linkstrend stoppen" für Aufregung innerhalb der Partei gesorgt.
Während Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in einem Interview mit der Springer-Zeitung "Die Welt" die Hoffnung äußern durfte, "dass Sachsen wieder wird, was es vor 1945 war", wird ein Dresden naher CDU-Stadtverband in seiner Geschichtsauffassung noch etwas deutlicher. In seinem Beitrag zum 8. Mai behauptet Mirko Krawczyk, der Pressesprecher des Stadtverbandes Coswig, dass dieser Tag "für die meisten Menschen in Ost- und Mitteldeutschland kein Tag der Befreiung, kein Tag der Freude oder der Zuversicht" gewesen sei und verweist dabei auf das "große Leid [...] unzähliger deutscher Frauen und Mädchen, die [...] von Angehörigen der Roten Armee vergewaltigt wurden".

Der Pressesprecher, welcher sich bei Facebook zugleich als Anhänger der "Aktion Linkstrend stoppen!" outet, erinnert in diesem Zusammenhang an die Entnazifizierungsmaßnahmen in dem von der Roten Armee besetzten Teil Deutschlands. So wurden seiner Einschätzung nach durch die sowjetische Armee nicht nur Menschen hingerichtet, die sich "den neuen Machthabern nicht beugen wollten", sondern darüber hinaus auch "nach Russland zur Zwangsarbeit deportiert" und in einigen der von den Nazis eingerichteten Konzentrationslagern inhaftiert. Dabei starben in den seit August 1945 weiter genutzten Speziallagern von Sachsenhausen und Buchenwald nach Kriegsende bis zu 20.000 Menschen an den Folgen ihrer schlechten Haftbedingungen.

Screenshot der Homepage des CDU Kreisverbandes Coswig

Das Beispiel macht deutlich, wie sehr in einer jahrzehntelang von der CDU dominierten politischen Landschaft ein historisch so bedeutender Tag wie der 8. Mai zum Anlass genommen wird, um sich als eigentliches Opfer des Zweiten Weltkriegs zu inszenieren. Dies dient nicht nur dazu, die Notwendigkeit einer auf der Potsdamer Konferenz durch die drei alliierten Siegermächte beschlossene Entnazifizierung zu leugnen, sondern ist Teil einer in Sachsen stark verbreiteten totalitaristischen Geschichtsauffassung, die das Ziel verfolgt, die Verbrechen des Nationalsozialismus mit denen der stalinistischen Säuberungen gleichzusetzen.

Es sollte also nicht verwundern, wenn Krawczyk abschließend noch einmal an die eigenen Opfer des Zweiten Weltkriegs und an all jene Menschen erinnert, die vertrieben und "im Widerstand gegen die rote Diktatur oder auf der Flucht vor ihr den Tod fanden". Die historischen Hintergründe des Zweiten Weltkriegs dienen Teilen der sächsischen CDU offenbar nicht dazu, sich der eigenen Verantwortung bewusst zu sein und die Erinnerung und das Gedenken an die Zeit nationalsozialistischer Barbarei wachzuhalten, sondern sind Teil eines politischen Programms, welches darauf abzielt, in "plumper und kurzsichtiger" Art und Weise "Geschichtsklitterung" zu betreiben.
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