[ST] 500 auf „Nazis die Räume nehmen“ - Demo

Pannekoek 15.10.2012 23:24 Themen: Antifa
Die intensiv beworbene und von einem breiten Bündnis getragene antifaschistische Demonstration in Emsdetten war ein Erfolg - ob diese Mobilisierung die von den Organisatoren erhofften langfristigen Wirkungen entfaltet, bleibt abzuwarten.
Eigentlich sollte die Demo um 13 Uhr vom Bahnhof losgehen, aber der Beginn verzögerte sich wegen des (überraschenden?) „innstädtischen Marktes“ um ca. 20 Minuten, wie alle nah genug am Lauti- Wagen stehenden GenossInnen aus den leider viel zu leisen Boxen erfahren konnten. Auch die zum Auftakt gehaltene Rede, in der unter anderem die Opfer des NSU und dessen Protektion durch die „Sicherheits“- Behörden angesprochen wurden, war leider außerhalb eines geringen Radius kaum zu verstehen.

Nachdem die Bullen schließlich „grünes Licht“ gegeben hatten, setzte sich der Zug in Bewegung, angeführt von einem Transpi mit dem Demo- Motto und dem einige Meter dahinter fahrenden Lauti, dessen Beschallung weiterhin nur sehr eingeschränkt wirksam war. Vor allem die organisierten GenossInnen am Kopf der Demo waren da mit ihren „Alerta!“- Rufen viel weiter zu hören und wirkten durchaus kämpferisch.

Bei der ersten Zwischenkundgebung am „Katthagen“ gab es dann Informationen über einen Nazi- Angriff im angrenzenden, von den Faschisten als Treffpunkt genutztem Park „Deitmars Hof“, sowie einen kurzen Überblick zur Lokalgeschichte Emsdettens während des Nationalsozialismus. Warum dabei der mehrheitlich katholischen Ausrichtung der Emsdettener Bürger und den hohen Wahlergebnissen der Zentrumspartei Ende 1932 breiter Raum beigemessen wurde, obwohl jene wenig später das Ermächtigungsgesetz einstimmig mittrug, wird wohl das Geheimnis der Rednerin bleiben, ebenso wie der Grund für die Feststellung, Emsdetten sei 45' „unzerstört und ordentlich“ aus dem Krieg hervorgegangen. Hier hätte Mensch sich dann doch eine etwas kritischere Betrachtung gewünscht, auch eine ausführliche Erwähnung lokaler Opfer des Faschismus.

Beim Weiterziehen der Demo fiel mensch auf, wie sehr die Aktivität sich auf die Spitze des Zuges konzentrierte, während im hinteren Bereich kaum Parolen gerufen oder anderweitig Aufmerksamkeit erzeugt wurde, was doch gerade auf dem Weg durch die Einkaufsstraßen zum Rathaus sinnvoll gewesen wäre.

Auf dem Rathausplatz angekommen wurde zunächst ein von den örtlichen Nazis am Rosenmontag 2012 begangener Hetz- Zug durch die Innenstadt thematisiert, der vor dem Rathaus in einem körperlichen Angriff auf AntifaschtInnen kulminierte und bis heute keine strafrechtlichen Konsequenzen für die Faschisten gehabt hat. Der folgende Redebeitrag beschäftigte sich mit der durch Kürzungen und Entlassungen bedrohten Zukunft des örtlichen Jugendzentrums „Koje“. Er gipfelte in dem wenig revolutionären Appell, „soziale Interessen“ sollten immer vor „wirtschaftlichen“ stehen, und überhaupt sei eine Partizipation von Jugendlichen an den sie betreffenden Entscheidungen unumgänglich.

Im weiteren Verlauf der Demo wurden einige Passanten bei ihrem samstäglichen „Shopping“ gestört, eine sich anbietende Bezugnahme auf die Zusammenhänge von kapitalistischer Vergesellschaftungsform und Faschismus blieb jedoch weitgehend aus.

An der Kreuzung Rheiner Str./ Wilhelm Str. gerieten dann kurz ein Dutzend „Gegendemonstranten“ in die Sichtweite der AntifaschistInnen, die Bullen hatten die hauptsächlich als „autonome Nationalisten“ auftretenden Nazis jedoch so weiträumig und engmaschig abgesperrt, dass es zu keiner direkten Aktion gegen sie kommen konnte.

Auf der Abschlusskundgebung am Bahnhof wurden dann noch die Namen der Gaststätten verlesen, die sich bereit erklärt hatten, zukünftig keine als solche erkennbaren Faschisten mehr zu bewirten.

Fazit: Die GenossInnen des Bündnisses „Nazis die Räume nehmen“ haben eine Demo auf die Beine gestellt, die sich relativ zur Größe der Stadt mehr als sehen lassen kann. Die im Beitrag erwähnten technischen Probleme und inhaltlichen Schwächen werden durch die Leistung, im konservativen Emsdetten mehr als 500 Leute gegen die örtlichen Faschisten auf die Straße gebracht zu haben, ziemlich aufgewogen.

Mensch hofft jedenfalls, dass die erfolgreiche Mobilisierung auch in zukünftige Erfolge umgemünzt werden kann, sowohl im Kampf gegen die Nazis, als auch bei der Erhaltung von Freiräumen. Eine tiefere theoretische Durchdringung der historischen Enstehungszusammenhänge des Faschismus sowie eine deutlichere Kritik der ihn auch heute produzierenden bürgerlich- kapitalistischen Gesellschaft kann dabei nur hilfreich sein.

Links:

 http://keinspassfuernazis.blogsport.de/2012/10/14/kurze-bestandsaufnahme/

 http://antifalinkemuenster.blogsport.de/2012/10/14/500-auf-antifa-demo-in-emsdetten/

mainstream:

 http://www.muensterschezeitung.de/lokales/emsdetten/Polizei-500-Teilnehmer-und-zwei-Zwischenfaelle;art954,1793844
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