Unerlaubte Gewahrsamnahme in Dessau

LoA 14.03.2012 15:23 Themen: Antirassismus Repression
In Magdeburg ging gestern das Verfahren gegen einen der Mörder von Oury Jalloh beinahe zuende. Ein geschickter Schachzug der Nebenklage hat dies verhindert. Während das Ende jedoch unausweichlich näher rückt, ist der Druck der Straße nach wie vor nicht sehr stark.
Die Vorsitzende Richterin Claudia Methling wollte das Verfahren sang und klanglos gegen eine Auflage einstellen, da es sowieso nicht aufzuklären wäre. Damit wäre jede Möglichkeit verbaut gewesen, den Prozess vor deutschen Gerichten weiterzuführen. Durch einen Befangenheitsantrag der Nebenklage gegen das Gericht wurde die Einstellung zuerst aufgeschoben. Nach der Ablehnung des Antrages entschied das Gericht dann erstaunlicherweise, die Notwendigkeit eines neuen Brandgutachtens zumindest "informell" nocheinmal bei "Experten" zu erfragen. Dieser informelle Termin ist auf den 27. März angesetzt und es ist daher davon auszugehen, dass das Verfahren mindestens so lange oder noch länger andauern wird.
Der Tag X der Urteilsverkündung, an dem autonome Gruppen zu Solidaritäts-Aktionen aufrufen ist also wiedereinmal aufgeschoben.
Die Klägerseite in Form von Oberstaatsanwalt Christian Preisner lässt außerdem durchblicken, dass sie "inzwischen nicht nur eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht [zieht], sondern zusätzlich auch eine wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge in einem minder schweren Fall", so die Mitteldeutsche Zeitung in einem aktuellen Bericht. Die späte Erkenntnis lautet: Jalloh hätte nie in Gewahrsam genommen werden dürfen.

Unsere Erkenntnis besagt weiterhin: Oury Jalloh wurde aller Wahrscheinlichkeit von rassistischen Polizisten angezündet; der Mord wurde von der gesamten Wache und verantwortlichen Politikern vertuscht; das Feuerzeug, das angeblich Oury Jalloh trotz vorheriger Körperuntersuchungen dabei gehabt haben soll um sich anzuzünden wurde nachträglich zu den Beweisen geschmuggelt; das Gericht kann keine Gerechtikeit schaffen. Nie.

Wenn kurz hintereinander zwei gefesselte Menschen in ein und der selben Polizeizelle in einer Dessauer Wache verbrennen, müssen wir sagen: Deutsche Polizisten sind Mörder und Faschisten.
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Ergänzungen

Frage

ant 15.03.2012 - 07:32
"Wenn kurz hintereinander zwei gefesselte Menschen in ein und der selben Polizeizelle in einer Dessauer Wache verbrennen, müssen wir sagen"


Wieso zwei Menschen?

Der andere ist nicht verbrannt

aber 15.03.2012 - 09:51
Ein paar Jahre vor Oury starb auf dieser Wache ein Obdachloser namens Bichtermann (Bichtemann?), allerdings nicht durch Feuer, sondern durch grobe Gewalt, nachzulesen z. B. bei Wikipedia im Eintrag "Dessau-Roßlau":
"Mario Bichtemann, im Jahr 2002 betrunken in einer Zelle des Polizeireviers eingeliefert, stirbt darin an einem Schädelbasisbruch, Ermittlungen werden eingestellt"


Dessau-Roßlau

Hmhmhm 15.03.2012 - 23:32
Wenn eine relativ kleinstädtische Gemeinde Deutschlands gleich mit vier Hinweisen auf Menschen, die innerhalb von nichtmal 10 Jahren unter so seltsamen Umständen ums Leben kommen, dass das ausdrücklich im Quasilexikon von Wikipedia eingeht, ist da verdammt was falsch im Staate Dänemark, ähh... Erst recht, wenn zwei von ihnen im Polizeigewahrsam dieser Gemeinde im Rechtsstaat Deutschland sterben und die anderen zwei durch Nazis. Wäre gut, wenn sich hier jemand findet, der halbwegs sichere Hintergrundinfos zu Zusammenhängen des Schädelbasisbruchs hätte und die gleich noch dem vielgelesenen Wiki hinterließe.
Vor einigen Jahren sind die Rechtsextremismusexperten in der Polizei Sachsen-Anhalts aufgrund ihrer deutlichen engagierten und rechtsbewussten Arbeit eiskalt von ihrem Innenministerium erpresst und abserviert worden und in den Verkehrsstreifendienst versetzt. Es gibt da irgendwo einen sehr deutlichen Videostream im Netz...

ver-urteilt

Arbeitskreis Christy Schwundeck 17.03.2012 - 21:03
man darf den ausgang eines prozesses politisch nicht überbewerten.

wenn ein richter sagt, dass er keine strafen verhängen kann weil die sache
aufgrund der offensichtlichen lügen diverser zeugen nicht mehr aufgeklärt
werden kann, dann ist das noch nicht einmal ein halber freispruch.

die zivilgesellschaft bzw. die nebenkläger haben dann zwar nicht gewonnen -
aber auch nicht verloren.

es wurde zwar keine gerechtigkeit hergestellt - aber die wäre genauso
wenig hergestellt wenn man polizisten nur aufgrund von vermutungen
lebenslänglich einknastet.

der grundsatz "im zweifel für den angeklagten" gilt auch für bullen
und nazis - und das ist gut so. würden wir unbewiesen behaupten,
dass irgendwelche polizisten zu unrecht frei rumlaufen, dann müssten
wir auch damit rechnen, dass die gegenseite auf jallohs person und
den gründen seiner inhaftierung herumhackt. wollen wir das?

viel interessanter als das urteil ist die frage danach, wie die presse darüber
berichtet, wenn eingestellt wird. wird daraufshingewiesen, dass nur
auf basis des zweifelsgrundsatzes eingestellt wurde? oder schreiben irgendwelche
deppen vom spiegel oder vom stern dass jalloh sich selbst angezündet hat?
eine kampagne zur aufklärung geht in diesem falle dan einfach weiter.

auch der schachzug der anwältin, durch einen imn grunde genommen
sinnlosen und unbegründeten befangenheitsantrag letztlich das gericht doch
noch dazu zu bewegen einen unanhängigen gutachter zu hören, obwohl der
entsprechende antrag zuvor bereits abgelht wirde, ist ein nicht zu unterschätzender
politischer sieg für unsere seite.


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