Weltreise der Fische

Vanessa Schiller 26.02.2012 01:57 Themen: Globalisierung Ökologie
Der nachfolgende Essay wurde von mir im Rahmen meines Studiums als Hausarbeit in einem Seminar verfasst und beschreibt die Globalisierung am Beispiel des vermeintlichen Statussymbols Koi-Karpfen. Kois werden durch den globalen Kapitalismus zu Produkten degradiert und darauf wiederum möchte ich mit meinem Essay aufmerksam machen. Ich habe viel Zeit in die Recherche investiert und möchte den Text daher dem Indymedia Kollektiv zur Verfügung stellen.
Obgleich der weltweite Handel auf eine jahrtausendalte Tradition zurückblickt, sind viele Aspekte der wirtschaftlichen Globalisierung vergleichsweise neu. Vor allem die Entwicklungen im Transportwesen seit Anfang des 20. Jahrhunderts sowie die extreme Beschleunigung der internationalen Kommunikation durch das Internet haben unzählige neue Möglichkeiten geschaffen. Die Vernetzung der nationalen Märkte sorgt für eine weltweit gesteigerte Produktivität. Dies ist unter anderem damit zu erklären, dass zum einen der Transport von Rohstoffen, Bauelementen und Endprodukten erleichtert wurde und zum anderen neue Märkte erobert werden konnten. Bei diesen neuen Märkten handelt es sich sowohl um Entwicklungs- und Schwellenländer als auch um konkurrierende Industrienationen.

Wie so oft in der Menschheitsgeschichte sind auch bei der fortschreitenden Globalisierung nicht nur positive Entwicklungsschritte zu beobachten.(Vgl. "Globalisierung - Begriff, Vor- und Nachteile und Zukunftsprognosen", S.22ff) Nicht alles, was neu ist, ist auch für alle gut. Ein typisches Beispiel ist die Entsorgung von Müll. Die Herstellung von Gütern verursacht Abfälle, die – je höher die Güter technisiert sind – zunehmend mehr Probleme bei der Entsorgung bereiten. Darüber hinaus locken die schier unbegrenzten Möglichkeiten auch mit Handlungen, deren Fragwürdigkeit unvollkommen oder gar nicht diskutiert wird. Der Japankoi ist ein solches Produkt der Globalisierung. Er kann durchaus als Paradebeispiel für die Möglichkeiten wie auch für den Unsinn sich öffnender Märkte angesehen werden. Der Koi gehört mittlerweile zu den begehrtesten Zierfischen in Deutschland und wird sogar als Geldanlage genutzt. Ein Blick in Geschichte und Struktur des Welthandels sowie die Beschreibung des Phänomens Japankoi soll die Grenzen grenzenlosen Handels aufzeigen. Nicht zu verwechseln ist der japanische Koi mit einer thailändischen Zubereitungsart von Fleischprodukten, die ebenfalls Koi heißt.

Vom Tausch unter Nachbarn über den Welthandel zur Globalisierung

Ziemlich einig sind sich die Geschichtsforscher darin, dass sich der Wandel des Menschen vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern zu Beginn der Jungsteinzeit vor rund 12.000 Jahren vollzog. Vor dieser Zeit wird der nomadenhafte Lebensstil wenig Platz für Handel geboten haben, denn damit war nicht nur der Transport von Gütern verbunden. Handel setzt stets Angebot und Nachfrage voraus und ein Händler ist eine Art Vermittler zwischen dem Anbietenden und dem Kunden. Der Handel unter Nomadenvölkern ist aber aufgrund der Transportprobleme begrenzt.Als der Mensch im 11. Jahrtausend vor der Zeitenwende sehr wahrscheinlich aufgrund klimatischer Veränderungen sesshaft wurde und mit dem Ackerbau begann, war dies wohl gleichzeitig der Startschuss für den (Fern-)Handel. Auch wenn wir uns heute im Zeitalter schneller Schiffe und noch schnellerer Flugzeuge kaum vorstellen können, dass sich Handelsreisende auf jahrelange, entbehrungsreiche Wanderungen einließen, so spricht vieles dafür, dass es seit Beginn der Sesshaftigkeit auch Menschen gegeben hat, die über weite Entfernungen für den Austausch von Waren, Techniken und Ideen sorgten. Das erklärt oft auch den Umstand, dass wiederholt in der Menschheitsgeschichte Veränderungen, Neuerungen und Entwicklungen in zwei oder mehr Regionen fast gleichzeitig stattfanden. Die Reisenden waren nicht nur von Geldgier getrieben, sie mussten auch ein gehöriges Maß an Abenteuerlust mitbringen.

Allerdings beschränkte sich dieser Fernhandel meist auf besonders lukrative Warengeschäfte. Nicht umsonst gehören zu den ältesten Handelsrouten die Bernsteinstraße und die Seidenstraße. Ursprünge der nicht einheitlichen Bernsteinstraße von der Ostsee ans Mittelmeer gehen bis ins dritte vorchristliche Jahrtausend zurück. Mit Seidenstraße bezeichnet(e) man ein ganzes Netz von Karawanenstraßen von Südostasien zum gesamten Mittelmeerraum. Beide Handelswege haben seit dem Altertum bis in die Neuzeit verschiedene Blütezeiten erlebt. Sie wurden im Grunde genommen nicht abgeschafft. Durch die stetige Erweiterung von Handelsrouten zu Lande, zu Wasser und letztlich auch durch Verkehrsflugzeuge verloren beide Straßen ihre explizite Bedeutung.

Seide und Bernstein sind ein interessanter Hinweis auf die Bedeutung des Handels. Kein Ackerbauer in Südeuropa benötigte Seide oder Bernstein für sein alltägliches Leben. Auch die Einfuhr von Gewürzen wie Pfeffer lässt sich nicht mit der Lebensnotwendigkeit erklären. Transportiert wurden vorrangig Luxusgüter, für die es im reichen Rom viele Kaufwillige gab. Selbst wenn man sich eine der ersten und bedeutendsten Handelsfamilien, die Fugger in Augsburg (insbesondere der Zweig Fugger von der Lilie), deren Siegeszug zum Ende des Mittelalters begann (vgl. Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie, S 46), anschaut, wird klar, wie wichtig für den Erfolg der Handel mit Luxusgütern war und ist. Von der Antike bis ins 20. Jahrhundert hinein waren die wichtigsten Kunden die Reichen und Mächtigen. Das ganz große Geschäft konnte mit den Bauern und Handwerkern nicht gemacht werden, trotz der Masse dieser Gruppen nicht. Das hat sich seit einigen Jahrzehnten deutlich verändert. Auch durchschnittliche Haushalte gönnen sich Luxusgüter. Allein der gesamte Bereich von Hobbys erzählt eine finanzstarke Geschichte. Deutlich wird dies oft an zum Teil grotesk erscheinenden Angebotspaletten. Discounter bieten Grundnahrungsmittel zu niedrigsten Preisen an und liefern daneben Kaffeemaschinen, über die sich vor zehn oder zwanzig Jahren jede Eisdiele riesig gefreut hätte.

Vor- und Nachteile der Globalisierung

Die durch den (Welt-)Handel eingeleitete Globalisierung lässt die Menschen teilhaben am Leben der "Anderen" jenseits des eigenen Horizontes, soweit dieser noch im Rahmen einer Tagestour erreichbar ist. Will man dem Begriff Globalisierung (auch Mondialisierung, von französisch "le monde" für "die Welt") auf die Spur kommen, so muss man sich unweigerlich mit einer unklaren emotionalen Bestimmung auseinander setzen. Globalisierung wird sowohl negativ als auch positiv gedeutet. Nicht selten erscheint es beim Lesen eines Artikels über globalisierende Effekte irritierend, wenn deutlich wird, dass der Autor eine positive oder negative Grundhaltung angenommen hat, ohne sich dieser selbst im Klaren zu sein. Dann tauchen zum Beispiel angebliche Synonyme wie Entnationalisierung oder Denationalisierung auf.Dabei steht das Wort global zunächst einmal für universal bzw. universell, weltweit bzw. weltumspannend, international. Damit lehnt sich der Begriff an Worte wie Globetrotter oder Globus an, wobei es immer wieder darum geht, dass etwas (fast) den ganzen Erdball betrifft. Hier kommt auch die Etymologie zum Tragen, denn lateinisch globus bedeutet nichts anderes als Kugel bzw. Weltkugel und leitet sich von gleba für Klümpchen ab. Würde man die globalisierende Wirtschaft mit klümpchenhaftem Handel übersetzen, wäre es der Diskussion um das Für und Wider nicht wirklich hilfreich, könnte aber möglichweise das ein oder andere erhitzte Gemüt etwas besänftigen.

Wichtig ist, zu erkennen, dass die Globalisierung unaufhörlich voranschreitet und Chancen sowie Gefahren beinhaltet. Globalisiert wird dabei nicht nur der Handel mit Gütern. Auch Ideologien, Religionen, Ideen, technische Lösungen usw. gelangen über die verschiedensten Wege von einem Ende der Welt in manchmal atemberaubender Zeit an das andere Ende. Als Chancen sind beispielsweise Bestrebungen der Demokratisierung, die Öffnung der geistigen Grenzen vor dem und den Fremden, die schnelle Hilfe bei Katastrophen usw. zu sehen. Gefahren sind dort zu entdecken, wo die Ausbeutung von Schwachen voranschreitet. Der weltweite Hunger nach Energie hat neue Formen der Kolonialisierung erzeugt, etwa durch den Anbau von Raps (zur Gewinnung von Biodiesel) in Afrika oder auch im Nordwesten Deutschlands. Die Art und Weise dieser modernen Art der Kolonialisierung ist kaum schmeichelhafter als es in früheren Jahrhunderten gewesen ist. Ohne Rücksicht auf Verluste der einheimischen Bevölkerung werden ganze Länder ausgebeutet und teilweise auf Jahre hinaus wirtschaftlich und sozial zerstört. Die Globalisierung ist im Alltag angekommen wie das Thema Glühbirnen zeigt. Die gute alte Glühlampe wurde politisch vom Markt gejagt, da sie einen Großteil der verwendeten Energie in Wärme und nicht in Licht umwandelt. Demzufolge stand sie als Energieverschwender am Pranger. Ersatz soll schon seit vielen Jahren die Kompaktleuchtstofflampe (meist als Energiesparlampe bezeichnet) und seit einiger Zeit die LED-Lampe bieten. Beide Alternativen sind in der Anschaffung für den privaten Nutzer um ein Vielfaches teurer und bieten bei der Lichtausbeute nach wie vor nur unzureichenden Ersatz. (Vgl. TAZ) Zudem gibt es große Probleme bei der Herstellung und bei der Entsorgung der sparsamen Alternativ-Lampen. Dafür gehen Kinder und Jugendliche in verarmten südostasiatischen Ländern bei der Demontage erhebliche gesundheitliche Risiken ein. Ähnliche Zusammenhänge werden derzeit auch in Bezug auf billige Kleidung usw. für die Allgemeinheit immer deutlicher. Globalisierung ist also nicht nur ein Näherkommen ferner Nachbarn, sondern auch eine neue Qualität der Ausnutzung schwacher Nationen, um den Reichtum, den alltäglichen Lebensstandard in den Industrienationen zu wahren.

Der Koi – Ein Karpfen macht Karriere

Das Ursprungsgebiet der Karpfen ist nach allgemeiner Auffassung Asien. Von dort holten die Römer den bei Anglern (Weltrekord liegt bei 42,64 kg im Jahr 2010 für einen bei Bordeaux gefangenen Spiegelkarpfen), zu religiösen Festen und auf dem Speiseplan gern gesehenen Fisch aus der Gruppe der Karpfenartigen nach Europa, speziell Südeuropa. Von dort breitete er sich erst etwa ab 1000 auch in West- und Mitteleuropa aus, was sicherlich auch mit der fortschreitenden Christianisierung zu erklären ist. "Der Weihnachtskarpfen ist in vielen Gegenden Mitteleuropas Tradition und selbst als Wappentier ist er sehr begehrt. Koi bzw. -goi ist die japanische Bezeichnung für Karpfen. Sie dient aber auch als Abkürzung für Nishikigoi, Brokatkarpfen, die gezüchteten Farbkarpfen, die weltweit als Koi bekannt sind. Die den europäischen Züchtungen Spiegelkarpfen und Zeilkarpfen ähnlichen Varianten (vergleichbare Schuppung) werden als Doitsu bzw. Doitsugoi (deutscher Koi) vertrieben.Wo der Farbkarpfen ursprünglich herkommt, ist nicht klar zu definieren." (Quelle: Koi Lexikon) Überlieferungen beschreiben, dass bereits vor 2500 Jahren in China bei der Fischzucht Farbkarpfen bekannt waren. Vermutlich geht die Geschichte aber noch weiter zurück, da die Flusskarpfenzucht in China bereits auf das 11. Jahrhundert v. Chr. zurückdatiert werden kann. Farbkarpfen tauchten vermutlich als Laune der Natur auf und wurden dann gezielt gezüchtet. Fan Li verfasste als chinesischer Hofbeamter bereits vor über zweieinhalb Tausend Jahren ein schriftliches Werk zur Fischzucht, das als ältestes dieser Art gilt. Auch der bis heute weltweit verehrte Konfuzius (ca. 551-479 v.Chr.) wird mit einer Koi-Geschichte in Verbindung gebracht. Demnach soll Zhao Gong, Herzog von Lu, dem Philosophen zur Geburt des ersten Sohnes einen Karpfen geschenkt haben, worauf Konfuzius diesem den Namen Kong Li (etwas frei: Kong's Karpfen, kurz Koi) gab.

In der Tradition stand der Karpfen für Stärke. Dies beruhte auf der Beobachtung, dass dieser Fisch als einziger die Wasserfälle des Huanghe Flusses überwinden konnte. Auch zu römischer Zeit wurde von Farbkarpfen berichtet, die gezüchtet wurden. Diese Berichte sind weitaus sicherer als die Informationen darüber, wie der Koi nach Japan kam, das heute als das Exportland gilt, obwohl ein Koi in einer deutschen Zoohandlung genauso gut aus Israel oder Singapur, möglicherweise sogar aus Südafrika stammen kann oder im eigenen Bassin gezüchtet wurde. Erwähnt werden Karpfen in japanischen Büchern aus dem 8. Jahrhundert. Allerdings entspricht das Schriftzeichen für Koi in Japan dem Li (Karpfen) in China. Erst der Zusatz Nishiki (Brokat) definiert zweifelsfrei den Farbkarpfen. Der Erfolg als Luxushandelsware geht allerdings auf japanische Reisbauern des 18. Jahrhunderts in der abgeschiedenen Region Niigata zurück. Ihnen fielen bei Karpfenzucht (zur Sicherung der Ernährung) die hellgelben, roten und weißen Mutanten auf. Noch sehr isoliert verbreiteten sich die besonderen Kois nur langsam. Erst auf der Taisho-Ausstellung in Tokio 1914 begeisterten die Farbkarpfen Publikum und Jury. Kronprinz Hirohito, von Beruf Biologe, erhielt sieben Exemplare als Geschenk. Der Durchbruch war geschafft. Doch die Zucht in der Form, wie sie heute bekannt ist, wurde noch zweimal derbe ausgebremst. Die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre und der Zweite Weltkrieg (Nahrungsmittelknappheit) sorgten für eine starke Rückläufigkeit. Vor allem der Ausbau der Infrastruktur in der Region Niigata unterstützte aber seit den 1950er Jahren den Erfolg. Der deutlich kleinere Goldfisch kann sicherlich als Wegbereiter der Kois in die deutschen und europäischen Teiche und Aquarien gesehen werden. Kois werden seit etwa 40 Jahren nach Europa (zunächst nach England) importiert.

Der Koi als globaler Lottoschein

Die weltweite Koi-Zucht kann man getrost als riesengroßes Versuchslabor bezeichnen. Auch wenn sich einzelne Züchter an strenge Regeln halten und die Qualität und Artenvielfalt stetig zunimmt, kann man von vielen Zuchterfolgen und noch mehr Misserfolgen ausgehen. Dazu muss man sich im Klaren darüber sein, was das erklärte Ziel der Koi-Zucht ist. Es geht hier rein um einen Zierfisch. Der Karpfen bringt per se die wichtigen Eigenschaften, aber nicht die Schönheit der Mutationen mit. Der Eindruck entsteht, dass gezüchtet wird, was die Kois herhalten. Körperbau, Hautqualität, Zeichnung, Farben/Farbvielfalt usw. sind Attribute, deren Exklusivität den Preis bestimmen. Die Preise reichen von drei- über vier- bis fünfstellige Eurobeträge.

Entsprechend ist es durchaus möglich, mit der Koi-Zucht viel Geld zu verdienen. Doch die Chancen sind insgesamt als recht gering einzustufen, wobei zudem ein hoher Investitionsaufwand zu leisten ist. Denn wie Goldfische, so orientieren sich auch Kois bei ihrem Wachstum an der Umgebung. Dabei wirkt sich der Lebensraum nicht auf die erreichte Körpergröße, sondern auf die Wachstumsgeschwindigkeit aus. Wer schnell große Tiere möchte, und nur die bringen die großen Einnahmen, muss großzügig Bassins oder Teiche zur Verfügung stellen. Andererseits ist die Zeichnung preisbestimmend, weshalb eine möglichst keimfreie Anlage von Vorteil ist. Die Zuchterfolge entsprechen dann eher den Erwartungen. Die Faustregel, dass ein Fisch 1000 Liter Wasser Lebensraum benötigt, schränkt die Möglichkeiten einer erfolgreichen Koi-Zucht in Wohnzimmeraquarien oder Gartenteichen ein.

Obwohl Kois allgemein als recht robust gelten, ist der Zucht-Erfolg von vielen Faktoren (Wassertemperatur zu bestimmten Jahreszeiten, Nitrit- und Ammonium- sowie ph-Wert usw.) abhängig. Wer sich mit der Fischzucht auskennt und die notwendigen Gegebenheiten bereitstellen kann, hat gute Chancen. Aber auch dann können wiederholte Totalausfälle der Zucht die Investitionen zunichte machen. Ein Zeichen für schlechte Bedingungen des Lebensraumes ist das erreichte Alter. Das übliche Durchschnittsalter liegt bei ordentlichen Bedingungen in der Regel bei etwa 50 bis 70 Jahren. Ideale Bedingungen können in Einzelfällen auch mal einen Koi 200 Jahre alt werden lassen. In vielen Zuchtstationen überleben sie aufgrund widriger Umstände aber nicht selten nur 10 Jahre.

Fazit

Die Globalisierung öffnet Märkte für kleine Unternehmen und private Kunden, auch in mittleren und kleinen Preissegmenten. Gleichzeitig birgt sie Gefahren. Anhand der Koi-Vermarktung wird deutlich, dass nicht nur der Handel weltweit agiert. Auch die Verantwortung des Einzelnen wird weltumspannend relevant. Mit dem Kauf exquisiter Kois, deren Schwanzflossen besondere Formen entwickelt haben oder deren Farbenvielfalt neue Dimensionen erreichten, wirkt jeder Kunde auf den Weltmarkt ein. Es zeigte sich in jüngster Vergangenheit, dass die Kundschaft selbst Ölmultis zu umweltfreundlichem Umdenken bewegen kann (Beispiel: Tankboykott anlässlich der Entsorgung der Bohrinsel Brent Spar, 1995). (Vgl. Greenpeace) Würden Kois beispielsweise in Japan nur unter unbedenklichen Bedingungen gezüchtet, würde der hiesige Kunde nicht auf als wertvoll definierte Abarten bestehen, sondern sich auf die natürlichen Zuchtergebnisse beschränken, so ließe sich der Koi-Markt erheblich umweltbewusster gestalten.Aber die Sucht nach jeder erdenklichen Gewinnmaximierung birgt unverantwortbare Gefahren. Die Entstehung von Krankheiten und extrem kurzen Lebenserwartungen wird dabei billigend in Kauf genommen.

Hunderassen bieten sich in der Diskussion zum Vergleich an. Die Zucht von Rassen, die sich beispielsweise besonders als Blindenführhunde eignen, kann als positiv bewertet werden. Die angezüchteten Atemprobleme des Pekinesen aufgrund der kurzen Nase stellt dagegen eine von Tierschützern zu Recht kritisierte Entwicklung dar. Die Globalisierung erweitert täglich das Spektrum an Möglichkeiten und Alternativen, die vermehrt mittleren und unteren Einkommensschichten zugänglich werden. (Vgl. "Globalisierung. Ein interdisziplinäres Handbuch.", S. 6ff) Die Zunahme der weltumspannenden Kommunikation durch das WWW sorgt ferner dafür, dass sich Informationen über Fehlentwicklungen in anderen Ländern schnell verbreiten. Die Informationsflut wirkt der Mitsprachefähigkeit des Einzelnen entgegen, da die täglichen Nachrichten aus aller Welt kaum noch zu bewältigen sind. Der Mensch ist aufgefordert, sich anhand von Beispielen, wie die Vermarktung des Kois, klar zu werden, welche Effekte sein Kaufverhalten hervorruft. Er kann nicht davon ausgehen, dass andere für ihn Vernunft walten lassen, solange auch am Unvernünftigen (viel) Geld zu verdienen ist. Erfolgreiche Ansätze könnten sein, nicht jeder Modewelle nachzulaufen und in der Zoohandlung nach Herkunft und Zuchtbedingungen zu fragen. Die Beispiele zeigen aber auch, dass zwischen Vernunft und Unvernunft oft nur ein schmaler Grat ist und dass sich nicht immer klare Grenzen ziehen lassen.

Verwendete Literatur:
  • "Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367–1650)"; Mark Häberlein; Stuttgart 2006
  • "Globalisierung - Begriff, Vor- und Nachteile und Zukunftsprognosen": Hrsg. Steffen Knäbe; Grin Verlag 2007
  • Niederberger, Andreas; Schink, Philipp (Hrsg.: Globalisierung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart 2011
Verwendete Links (zuletzt abgerufen: 16.02.2012):
  • "Koi Grundlagen": PDF-Datei; 30 DIN A4 Seiten; Hrsg. Wissensinitiative Koi 2011
  • "Brent Spar: Das Meer ist keine Müllkippe": Hrsg. Greenpeace 2005
  • "Verehrt, verraten und verglüht": TAZ 2008
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen