Wem gehört die Stadt?

klr 06.12.2011 12:15 Themen: Freiräume Kultur Medien Netactivism Print Soziale Kämpfe
Heute erschien die zwölfte Ausgabe von kritisch-lesen.de. Schwerpunktmäßig geht es in fünf von insgesamt elf Rezensionen um linksradikale Stadtpolitik anhand der Frage "Wem gehört die Stadt?".
*

Hier geht es zur kompletten Ausgabe:  http://www.kritisch-lesen.de/2011/12/wem-gehort-die-stadt/

In unserer mittlerweile zwölften Ausgabe geht es im Schwerpunkt um Möglichkeiten emanzipatorischer und widerständiger Stadtpolitiken. Untrennbar damit verbunden ist in der öffentlichen Diskussion seit einigen Jahren der Begriff Gentrifizierung, der den Prozess der Aufwertung von Stadtteilen beschreibt, die sich klischeemäßig an einer wachsenden (oftmals grün-„alternativen“) Infrastruktur von Galerien, Bioläden und übermäßigem Latte Macchiato-Konsum ablesen lässt. Doch was für einige ein honigsüßer (T)raum zu sein scheint, wird für andere zu einer bitteren Realität: Gentrifizierung führt zu einer weitreichenden Verdrängung der bisherigen, meist ärmeren Bewohner_innen zugunsten oder gerade durch ökonomisch, sozial und kulturell Privilegierte. An diesem Punkt knüpfen wir an, um Notwendigkeiten und Potentiale der Raumaneignung sichtbar zu machen.

Zunächst widmet sich Sebastian Friedrich dem Buch "Wir bleiben alle" von Andrej Holm und streicht die Vielschichtigkeit von Gentrifizierungsprozessen und die Notwendigkeit breiter Bündnisse für effektiven Widerstand heraus. Die Besprechung "Häuserkampf ist doch Achtziger" von Franziska Plau fokussiert die Dynamiken städtischer Machtverhältnisse am Beispiel des Ungdomshuset in Kopenhagen und hebt insbesondere die internationale Vergleichbarkeit von Verdrängungsprozessen hervor. Ebenfalls für auf andere Städte übertragbar hält Sebastian Kalicha in seiner Rezension zu "Wie bleibt der Rand am Rand" von Robert Sommer den Umgang mit Obdachlosigkeit in Wien und die erschreckenden bis absurden Versuche, Menschen, die nicht ins Stadtbild passen, aus den konsumorientierten Zentren zu vertreiben. Davon ausgehend widmen sich zwei Autor_innen Publikationen zu Möglichkeiten der widerständigen Raumaneignung. Konkrete Freiraumpolitiken und ihre Aushandlungen schildert Ulrich Peters in seiner Rezension zu "Gender und Häuserkampf" und macht dabei deutlich, dass auch in linken Zusammenhängen ein Bewusstsein darüber existieren muss, dass Freiräume keine machtfreien Orte sind. Ein Beispiel für individuelle, allnächtliche Raumaneignung betrachtet Jorane Anders in "Der erschriebene Aufstand": Graffiti und Street-Art als Rückeroberung der Stadt.

Eine traurige Aktualität erhält der von Tompa Láska rezensierte Sammelband "Kaltland" und die darin enthaltene Auseinandersetzung mit den Pogromen gegen Migrant_innen in den 1990er Jahren angesichts der erschütternden Morde durch organisierte Nazis und des Umstands, dass in der öffentlichen „Debatte" mal wieder Rassismus bloß als gesellschaftliches Randphänomen behandelt wird. Einen gelungenen Blick in die Geschichte linker Arbeiter_innenkämpfe leistet nach Ismail Küpeli das Buch "Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland: Von den Anfängen bis 1914". Mit welchen Normalisierungsstrategien die Bundeswehr ihre Nachwuchssorgen zu lösen versucht, stellt anschließend Heinz-Jürgen Voß in seiner Rezension zu "An der Heimatfront" ausführlich dar. Nicht um Krieg, aber dafür um die Frage, wie „Psyche“ und die Erfindung des „Anderen“ zusammengedacht werden könnten, geht es dann in Adi Quartis Rezension "Fabelhafte Psyche!" zu einem aktuell erschienenen Bändchen von Jacques Derrida. Schließlich denkt mal wieder Gabriel Kuhn allerhand zusammen. In seiner Rezension von "Pogo, Punk und Politik" stellt er sich gegen die weitverbreitete Annahme, Punk sei unpolitisch.

Zum Tode von Georg Kreisler, der in gewissem Sinne sehr politischen Punk machte, möchten wir die Rezension zu seiner vor zwei Jahren erschienenen Autobiographie "Letzte Lieder" aus unserem Archiv als eine Art Nachruf ans Herz legen.

Und, wie immer: Wer rechtzeitig über unsere neuesten Ausgaben informiert werden möchte, kann sich in der Spalte rechts mit E-Mail-Adresse für den Newsletter eintragen.

Und jetzt viel Spaß beim kritischen Lesen!

( http://www.kritisch-lesen.de/2011/12/wem-gehort-die-stadt/)
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Veranstaltungsreihe in Fürth

907 06.12.2011 - 15:29
Veranstaltungsreihe der Antifaschistischen Linken Fürth (ALF): „Wem gehört die Stadt?“

„Recht auf Stadt?!“ Mittwoch, 07.12.2011, 19.00Uhr, Infoladen Benario, Nürnberger Straße 82
Es wird dargestellt weshalb es wichtig ist auch in Fürth über Recht auf Stadt Bewegungen zu informieren und AktivistInnen aus Hamburg werden die dortige Initiative genauer vorstellen.

Veranstaltung: „Mieterhöhungen und was man dagegen tun kann“ Freitag, 09.12.2011, 19.00 Uhr, Infoladen Benario
Wolfgang Winkler, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Erlanger Mieterinnen und Mieter Vereins e.V., wird über das Thema Mieterhöhungen und den Schutz der MieterInnen referieren.

Podiumsveranstaltung: „Soziales Fürth?“ 15.12.2011, 19.30 Uhr, Biko im Gewerkschaftshaus Fürth, Königswarterstraße 16
AktivistInnen des Bildungsstreikbündnisses, der Erwerbsloseninitiative, des Bündnisses für ein Sozialticket und des Bayerischen Flüchtlingsrates berichten über die aktuellen Probleme in Fürth.